Bensheim. Der Neubau der Kita Sankt Winfried in der Weststadt soll spätestens in einem Jahr bezugsfertig sein – und damit rund zwölf Monate später als ursprünglich geplant. „Die Rohstoffkrise hat uns ausgebremst“, erklärte Pfarrer Christian Stamm bei einem Ortstermin am Donnerstagnachmittag. Immer wieder kam es zu Verzögerungen, der Abstimmungsbedarf zwischen den einzelnen Gewerken wurde dadurch komplizierter.
Mittlerweile steht der Rohbau, das Dach ist fast gedeckt. Stamm und Bernd Scholz, im Verwaltungsrat als Projektverantwortlicher stark eingebunden und engagiert, blicken durchaus optimistisch in die nahe Zukunft. Nach den Sommerferien 2023 könnten demnach die Kinder in ihrer neuen Heimat betreut werden. Ein zeitliches Szenario, das auch Armin Zeißler vom Eigenbetrieb Kinderbetreuung für realistisch hält.
Kalkulation ist überholt
Die Stadt finanziert das Vorhaben maßgeblich, Träger der Einrichtung ist die katholische Kirche. Als die Arbeiten mit dem Abriss des Kindergartens begannen, rechnete man noch mit Gesamtkosten von fünf Millionen. Drei Millionen hätte die Stadt beigesteuert, rund eine Million das Bistum und eine weitere Million sollte über Zuschüsse eingeholt werden.
Die Kalkulation ist jedoch längst überholt. Mindestens eine Million Euro mehr müssen wohl investiert werden, ganz genau lässt sich das zurzeit nicht beziffern. Der Eigenbetrieb steht in Verhandlungen mit dem Bistum in Mainz, um eine Aufstockung des kirchlichen Anteils zu erreichen. Das könnte ein frommer Wunsch bleiben, so dass die Stadt letztlich noch tiefer in die Tasche greifen muss.
Ohnehin wird der „weltliche“ Beitrag höher ausfallen müssen, weil die Zuschüsse niedriger ausfallen als angenommen. Das zeigte sich jedenfalls am Donnerstagnachmittag. Die Erste Kreisbeigeordnete Diana Stolz überreichte einen Förderbescheid des Landes, der immerhin 609 320 Euro in die Neubaukasse spült. Aber eben nicht die angepeilte Million. „Die Differenz geht auch zu unseren Lasten“, erklärte Zeißler.
Er hätte sich eine schnellere Meinungsbildung beim Bistum gewünscht. Immerhin befasse man sich mit dem Projekt schon seit neun Jahren. Wäre man, so der Eigenbetriebschef, bei der Kirche entscheidungsfreudiger gewesen, „hätte uns das Zeit und Geld gespart, zumindest mal die Mehrkosten der vergangenen beiden Jahre“. 70 bis 80 Prozent der Investitionskosten werden wohl bei der Stadt hängenbleiben.
Über das Steuergeld vom Land freuten sich die Beteiligten selbstredend dennoch. „Ich bin sehr glücklich über die frohe Kunde“, erklärte Pfarrer Stamm. Er dankte allen Beteiligten, die zum Gelingen beitragen, auf der Seite der Gemeinde ist dies in vorderster Reihe Bernd Scholz. Der wiederum die gute Zusammenarbeit mit dem Eigenbetrieb in den Mittelpunkt stellte.
„Armin Zeißler und sein Team stehen uns mit Rat, Tat und Mitteln zur Seite.“ Ohne die Stadt wäre man nicht in der Lage, als Pfarrgemeinde ein solches Vorhaben zu stemmen. Die Erste Kreisbeigeordnete skizzierte den langen Weg bis zur Übergabe des Bescheids. Das Bundesprogramm für den Kita-Ausbau, vom Kreis gut in Anspruch genommen, war irgendwann erschöpft. Nachdem der Topf geleert war, gab es keine Neuauflage.
Die Not im Kreis war aber immer noch groß, sprich der Bedarf an Betreuungsplätzen riesig. Stolz wurde deshalb in Wiesbaden vorstellig und machte Landesmittel locker. „Wir wollten das Geld aber gerecht unter den Einrichtungen verteilen und nicht nach dem Windhundprinzip. Das war für alle eine Herausforderung“, so Stolz.
Die Vize-Landrätin erinnerte daran, dass Kita-Plätze im gesamten Kreisgebiet nach wie vor stark nachgefragt sind, der Bedarf in den vergangenen Jahren stark gestiegen sei. Das hängt mit einer höheren Geburtenrate zusammen, aber bekanntlich auch mit Zuzug. „Wir sind eine attraktive Region, die Menschen zieht es hierher.“ Hinzu kommt, dass sich die Anforderungen verschoben haben. Früher reichten zumeist Vormittagsplätze aus, heute „kommen die Kinder vom Alter her früher in die Kita und bleiben tagsüber länger“ – Stichwort Vereinbarkeit von Familie und Beruf.
Das sei politisch so gewollt und werde von ihr auch unterstützt. „Das ist gut so“, bestätigte auch die Bürgermeisterin Christine Klein. In Bensheim würde jeder Platz gebraucht, die Stadt lässt sich die Kinderbetreuung, auch das ist kein Geheimnis, mehr als 14 Millionen Euro kosten. So hoch beläuft sich im Haushalt der Zuschussbedarf für den Eigenbetrieb. „Das ist gut investiertes Geld“, kommentierte die Rathauschefin.
Ebenso wichtig sei es, mit guten Trägern zusammenzuarbeiten. Sie attestierte der Gemeinde Sankt Laurentius eine ausgezeichnete Kinder- und Jugendarbeit. So wird die neue Kita einen separaten Jugendraum haben. Klein versicherte, dass man weiterhin eine „qualitätsvolle Kinderpolitik“ betreiben werde.
Der Neubau in direkter Nachbarschaft zur Kirche wird nach der Eröffnung über vier altersgemischte Gruppen (ab zwei Jahre bis zum Grundschuleintritt) verfügen. Alles in allem werden knapp 100 Kinder (bisher 75) betreut werden können. Sankt Winfried wurde 1954 eingeweiht, 20 Jahre später kam ein Anbau hinzu. Doch die Zeit hinterließ Spuren, durch den schlechten Zustand der Gebäudesubstanz rückte ein Abriss immer näher. Kurz vor Weihnachten 2020 gingen die Lichter aus, knapp zwei Monate später rückte der Abrissbagger an.
Die Erzieherinnen bezogen im Januar 2021 ihr Ausweichquartier in Containern auf dem ehemaligen Bundeswehrdepotgelände. Wenn sich die Türen der neuen Kita Sankt Winfried öffnen, verschwindet die provisorische Unterkunft wieder. Die Container wurden von der Gemeinde angemietet, die Kosten sind in der Gesamtkalkulation inbegriffen.
Die Einweihung im Sommer 2023 markiert einen weiteren Meilenstein in der jüngeren Bensheimer Kita-Geschichte. In den vergangenen zehn Jahren gab es einige Neubauten und Sanierungen, das nächste große Vorhaben steht schon an: In Fehlheim und Schwanheim soll es laut dem jüngsten Beschluss der Stadtverordnetenversammlung jeweils eine neue Kindertagesstätte pro Stadtteil geben – ebenfalls Millionenprojekte unter Beteiligung der Kirchen.
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