Bensheim. Die Standbetreiber hatten mit mehr Besuchern gerechnet – und die Besucher mit mehr Ständen. Bei der Abendkunstmeile am Samstag war der Trubel deutlich geringer als bei den entsprechenden Veranstaltungen in der Vergangenheit und damit zumindest pandemiegerecht.
Vom Marktplatz bis zum Bürgerwehrbrunnen und dem Bereich an der Mittelbrücke gab es zwischen 16 und 22 Uhr ein gutes Dutzend Stände mit Handgemachtem aus der Region; außerdem hatten die inzwischen am Marktplatz angesiedelte Firma Pees und Krämer reloaded vor ihren Geschäftsräumen Tische bestückt. Der deutsch-italienische Freundeskreis Bensheim – Riva del Garda wollte die Besucher kulinarisch verwöhnen, sagte aufgrund verschärfter Auflagen der Stadt aber ab.
Begleitet von Live-Musikklängen am Marktplatz oder am Ufer der Lauter konnte man in aller Ruhe das Angebot der vielen kleinen und großen Kreationen durchstöbern und mit ihren Schöpfern ins Gespräch kommen. Auffällig häufig wurde gebrauchten Gegenständen ein neues Leben eingehaucht, so wie bei den skurrilen Objekten von Peter Schmitt, der zum Beispiel eine alte Gartenschere in ein angriffslustiges Insekt verwandelt oder ausgediente Fahrradketten in den Rückenpanzer eines Reptils.
Geleerte Bierfässer mutierten am Nachbarstand zu dekorativen Lampenschirmen mit fantasievollen Mustern – betitelt mit sinnfälligen Wortspielereien wie „Wärmegewitter“, „Sonnengeflecht“ oder „Schlüsselnoten“. Mehr Aufmerksamkeit für die Lampenfüße dagegen wendete ein anderer Stand mit Objekten aus poliertem Fundholz auf.
Was kann man mit einer alten Gabel noch anfangen? Der „Löffelschmied“ Ralph Eckert demonstrierte es ein paar Schritte weiter auch live. Nicht nur Insekten aus fantasievoll verbogenen Gabeln und Mobiles aus Fisch gewordenen Löffeln präsentierte er, sondern auch sehr viel Nützliches wie Wandhaken, Flaschenöffner, Lesezeichen und Schlüsselanhänger – auf Wunsch mit individueller Betextung.
Korken und Kaffeekapslen
Vor allem aber jede Menge Pflanzschilder und Kräuterspieße aus platt gemachten Tee- und Suppenlöffeln, mit botanisch korrekten Bezeichnungen oder einfach nur mit dem hilfreichen Hinweis „gelbe Blume“. Für wenig Geld zum eigenen Mikro-Garten konnte man bei „jewly“ kommen: Weinkorken und Kaffeekapseln bepflanzt mit Sedum-Arten, Dachwurz und Co. Schräg gegenüber gab es bei „Rasennäher“ den Garten zum Umhängen als aus Kunstrasen gefertigte Tasche oder zum Anstecken als Ring. Nebenan wurden aus edlerem Material gefertigte Schmuckstücke angeboten – zart mit Schwerpunkt Rosa bei „Studio rosenrotes“ – oder, an einem weiteren Stand, ausgefallene Email-Zellenschmelz-Anhänger an goldenen Halsreifen. Doch auch aus Leder kann man Ketten machen, wie das Angebot vom sonst auf handgenähte Taschen spezialisierten „Packesel“ aus Fürth zeigte.
Stapelweise fröhliche Badenixen auf Leinwand bot die niederländische Künstlerin Loes vor Krämer reloaded an, wo sie derzeit auf der Galerie-Etage eine Ausstellung mit ihren aktuellen, stärker abstrahierten Arbeiten hat.
Am Bürgerwehrbrunnen gab es Kühlschrankmagnete aus Holz mit Brandmalerei und „Glücklys“, die im Mäppchen oder in der Jackentasche getragen dem Besitzer „ein Lächeln ins Gesicht zaubern“. Auch hier war Licht das Thema eines Standes, an dem in Tiffany-Technik gefertigte Windlichter und Fensterbilder angeboten wurden. Dem Recycling von Krawatten verschrieben hatte sich eine Kreative, die sowohl Halsketten als auch kleine Ansteckfliegen daraus fertigt und damit ihr Angebot an mit Serviettentechnik dekorierten Tellern und Stühlen und Etageren aus alten Tellern erweitert.
Dank von der Kanzlerin
Als einziger Anbieter jenseits der Lauter wartete Peter Mohr mit einer ganzen Menagerie auf – vorwiegend aus Löffeln elektrisch geschweißte Sandhasen, als Reminiszenz an den in Lorsch geborenen Künstler selbst, sowie eine Reihe Einhäuser Giggel für die Ehefrau – die Symbolfigur der Nachbargemeinde mit der Hand zum Teil aus alten Schlagzeugbecken geschnitten.
Jede Menge Herzen und Engel aus Messing, Kupfer oder Edelstahl rundeten das Ganze ab. Zwar zeugt auch der aus Edelstahl gefertigte „Fehlheimer Blechbaddscher“ mit Bezug zum bekannten dortigen Kirchenmusikverein von der dezidiert regionalen Verwurzelung des Künstlers, doch haben es seine Schöpfungen schon weit gebracht: Nicht nur die Bensheimer Bürgermeisterin Christine Klein besitzt ein Herz aus der Produktion Peter Mohrs, sondern auch Bundeskanzlerin Angela Merkel, die sich dafür mit einem Schreiben bedankte.
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