Stadtverordnetenversammlung

Bensheimer Aussschuss muss Innenstadtprojekte absegnen

Von 
Dirk Rosenberger
Lesedauer: 
Das Stadtparlament hat mehrheitlich entschieden, dass Innenstadt-Projekte des Stadtmarketings zuvor vom Finanzausschuss abgesegnet werden müssen. Unser Bild zeigt die Bensheimer Fußgängerzone. © Neu

Bensheim. Soll das Stadtmarketing ohne abschließenden Segen der Stadtverordneten über die 250 000 Euro verfügen können, die Bensheim aus dem Landesprogramm „Zukunft Innenstadt“ erhält? Die Projekte, für die das Geld verwendet werden soll, sind zwar hinlänglich bekannt, die Kommunalpolitik will dennoch das letzte Wort haben, bevor die einzelnen Punkte umgesetzt werden.

Entsprechend fiel die Abstimmung in der jüngsten Sitzung des Stadtparlaments aus. Darin ging es einerseits um den formalen Beschluss, damit die Förderung überhaupt fließen kann. Andererseits musste über einen Antrag von CDU, FDP, Grünen und BfB entschieden werden. Demnach muss der Haupt- und Finanzausschuss nun seine Zustimmung geben, erst dann können die Vorhaben final in Angriff genommen werden. Im Fachausschuss hatte es deshalb bereits ausführliche Diskussionen gegeben, weil sich das Verständnis in den Reihen der Verwaltung in Grenzen hielt (wir haben berichtet).

„Transparenz sicherstellen“

Ursprünglich hatte auch die SPD, immerhin Teil der Koalition mit CDU und FDP, diese Vorgehensweise unterstützt. Vor der Stadtverordnetenversammlung nahmen die Sozialdemokraten davon aber wieder Abstand, was sich letztlich auch im Abstimmungsergebnis spiegelte.

„Wir wollen kein Misstrauen streuen, sondern Transparenz gegenüber den Steuerzahlern und damit sicherstellen, dass das Geld sinnvoll eingesetzt wird“, erklärte Ralf Dorsheimer (CDU). Bei der Innenstadt müssten alle an einem Strang ziehen, seine Partei beteilige sich gerne mit Hinweisen, Ideen und Anregungen. Er dankte dem Stadtmarketing für sein bisheriges Engagement.

„Nicht an Verein delegieren“

Doris Sterzelmaier (Grüne) wies darauf hin, dass die Projekte für die letztlich erfolgreiche Bewerbung grob beschrieben worden seien und es jetzt einer Ausarbeitung bedürfe – vor allem, weil es seitens der Politik noch die eine oder andere offene Frage gibt. „Klar ist, dass die Politik eingebunden werden und bei haushaltsrelevanten und weitreichenden Beschlüssen entscheiden muss. Wir können das nicht an einen Verein delegieren“, so die Fraktionschefin – was ihr wiederum eine Berichtigung von Bürgermeisterin Christine Klein einbrachte. Die 250 000 Euro werden laut Rathauschefin nicht an den Verein Stadtmarketing überwiesen, sondern an die Stabsstelle im Rathaus, die ihr unterstellt ist. Das sei schon ein wichtiger Unterschied.

Sterzelmaier führte weiter aus, dass man gerade bei der Innenstadt die größtmögliche Akzeptanz bei Veränderungen erreichen müsse. Sie erinnerte daran, dass die Grünen im April einen eigenen Innenstadtausschuss vorgeschlagen hatten, wofür es keine Mehrheit gab. Es sei richtig, dass nun der Haupt- und Finanzausschuss vor der Umsetzung eingebunden wird. „Den Bedenken, es könne sich alles verzögern, kann man entgegnen, dass es Sondersitzungen auch mit verkürzter Ladefrist geben kann.“

„Vertrauen ist verspielt“

Thorsten Eschborn (FDP) hatte seinen Vorrednern nach eigenem Bekunden wenig hinzuzufügen. Er freue sich auf eine innovative Umsetzung durch das Stadtmarketing. Nicht unerwähnt ließ der Fraktionsvorsitzende die Abschaffung der Parkautomaten. Das habe sich ohnehin nicht gerechnet, kostenloses Parken würde zudem zur Attraktivität der Innenstadt beitragen.

Finanzdezernent Adil Oyan (Grüne) bewertete dies naturgemäß und mit Blick auf den klammen Haushalt anders. Die Automaten hätten sich sehr wohl gerechnet, die Geräte hätten allerdings ersetzt werden müssen.

Franz Apfel (BfB) würdigte die Arbeit des Stadtmarketings, konstatierte aber auch: „Die Stadtverordnetenversammlung lässt sich diese Entwicklung nicht aus der Hand nehmen. Das ist auch vernünftig. Vertrauen ist verspielt – Kontrolle ist Pflicht.“ Die vorgesehenen Projekte beurteilte der Fraktionsvorsitzende weitgehend positiv. Die Formulierungen in Zusammenhang mit dem Bensheimer Weg und der Entwicklung des Marktplatzes stießen jedoch auf harsche Kritik.

Dass die „Schließung der Baulücke“ (früheres Haus am Markt) und die denkmalgeschützten Fachwerkhäuser Marktplatz 2 und 3 als künftige belebende Elemente aufgelistet werden, machte Apfel leicht fassungslos – zumal es nach Auskunft der Bürgermeisterin keine neuen Gespräche mit dem Eigentümer der Gebäude gab. Und was am oberen Marktplatz passiert, ist bekanntlich eine Geschichte für sich.

Einen deutlich anderen Schwerpunkt setzte Adriana Filippone (SPD) in ihrer Rede. „Mit der richtigen Umsetzung der Vorhaben haben die beschriebenen Maßnahmen großes Potenzial, unsere Innenstadt zu stärken und innovative, aktuelle Impulse zu setzen. Wer an dieser Stelle auf seitenlang bis ins kleinste Detail ausgearbeitete Konzepte gewartet hat, hat offensichtlich die Förderrichtlinien des Landesprogramms nicht richtig gelesen oder verstanden.“ Die beschriebenen Punkte seien sorgfältig durchdacht und ausgearbeitet worden.

Antrag „deutlich abgelehnt“

Den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Stadt müsse man ein Grundvertrauen entgegenbringen. Das würde aber anscheinend vielen Stadtverordneten fehlen, sagte sie in Bezug auf den Antrag der vier Fraktionen. Dem Stadtmarketing nehme man dadurch Zeit und Handlungsfähigkeit, Dinge überhaupt anzugehen und umzusetzen. „Die Maßnahmen wurden von Menschen ausgearbeitet, die jeden Tag mit Menschen sprechen, deren Existenz von einer gut funktionieren Innenstadt abhängt, Menschen deren Expertise bundesweit gefragt ist, wenn es um die Erhaltung und Förderungen von Innenstädten geht. Menschen, die die Stabsstelle des Stadtmarketings leiten und sich freuen würden, wenn sie ihrem Job nachgehen könnten.“

Sie räume deshalb den handelnden Akteuren in dieser Frage deutlich mehr Kompetenz ein als den meisten Stadtverordneten. Persönliche distanziere sie sich daher nicht nur von dem Antrag – „ich lehne ihn deutlich ab!“

Von kontroversen Diskussionen innerhalb der FWG berichtete Fraktionsvorsitzender Rolf Tiemann. „In der Balance zwischen Vertrauen und Kontrolle zielt der Antrag auf totale Kontrolle durch den Ausschuss und damit zum Misstrauen gegenüber dem Team Stadtmarketing. Dies führt meines Erachtens schnell zur Aufgabe von Engagement, Kreativität und Eigeninitiative des Teams.“ Die Einzelzustimmungen seien eine bürokratische Hürde.

Die Abstimmung verlief am Ende wie erwartet: Der formal notwendigen Verwaltungsvorlage stimmten alle Fraktionen zu. Der Antrag von CDU, FDP, Grünen und BfB erzielte kein einstimmiges Resultat: Rolf Tiemann enthielt sich, aus den Reihen der SPD gab es vier Gegenstimmen und drei Enthaltungen, bei den Grünen enthielten sich zwei Mitglieder. Dennoch reichte es für eine Mehrheit.

Freier Autor

Copyright © 2025 Bergsträßer Anzeiger