Natur

Bensheimer Angler haben am Niederwaldsee mit Problemen zu kämpfen

Von Jeanette Spielmann Bensheim. Der Arbeiter-Angelsportverein hat am Niederwaldsee mit vielen Problemen zu kämpfen. Trotz Verbots wird das Gewässer zum Baden genutzt, Müll und Vandalismus sind an der Tagesordnung.

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Jeanette Spielmann
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Bensheim. „Wir leben in einem gefährlichen Zeitalter. Der Mensch beherrscht die Natur, bevor er gelernt hat, sich selbst zu beherrschen.“ Dieses Zitat von Albert Schweitzer passt perfekt zur Situation am Niederwaldsee, die bei der jüngsten Fraktionssitzung der CDU Bensheim im Mittelpunkt stand. Dazu hatten sich Stadtverordnete, Stadtrat Hans Seibert sowie die Zwingenberger Landtagsabgeordnete der CDU, Birgit Heitland, vor Ort mit den Vorstandsmitgliedern des Arbeiter-Angelsportvereins (AASV) Bensheim getroffen.

Seit 1970 ist der 1968 gegründete Verein Pächter des ursprünglichen etwa sechs Hektar großen Baggersees und hat diesen seither mit viel Arbeitseinsatz und finanziellem Engagement renaturiert und von einem eher kahlen Gewässer zu einer „Perle der Naherholungsgebiete“ entwickelt. So hatte es Stadtrat Adil Oyan anlässlich des 50-jährigen Bestehens des Vereins 2018 bezeichnet.

Doch das hat eben auch einen nachteiligen Effekt. Denn diese grüne Oase wird nicht nur von den Angelsportlern geliebt und gepflegt, sie wird auch von unzähligen Bade- und Partygästen für das Freizeitvergnügen genutzt, aber nicht gepflegt. Das macht nicht unerhebliche Probleme, die immer wieder auch die Politik herausfordert. Denn der Niederwaldsee ist kein Einzelfall, es gibt auch die Erlache – ebenfalls ein Baggersee, der vom Angelsportverein (ASV) Bensheim genutzt wird. Beide Gewässer sind keine Badegewässer, werden aber trotz Verbot als solche genutzt und das mit allen Nachteilen und Schattenseiten, die damit verbunden sind.

Einzelne Badegäste, die schon seit über 40 Jahren an den Niederwaldsee kommen, um hier kurz ihre Bahnen zu schwimmen und dann wieder zu gehen, sind für den AASV-Vorsitzenden Harald Schneider dabei nicht das Problem. Er hat vor allem mit den „Naturfreunden“ zu kämpfen, die mit Bollerwagen, Auto, Grill und Picknickausrüstung den ganzen Tag hier verbringen, die Natur und das Wasser genießen, am Abend den See wieder verlassen, aber ihren Müll zurücklassen. Unzählige Pizzakartons, leere Flaschen und anderen Abfall müssten die Mitglieder des Vereins hier regelmäßig entsorgen.

Im vergangenen Jahr hatte sich die CDU-Fraktion an der Erlache informiert, woraus auch einige Initiativen entstanden sind. Wie Fraktionschef Tobias Heinz auflistete, wurde an beiden Seen die Beschilderung ergänzt und auf die Verbote in diesen Erholungsgebieten hingewiesen, es wurden zusätzliche Bepflanzungen vorgenommen, die als natürliche Sperre dienen sollen und die Mittelbereitstellung für zusätzliche Müllbehälter und -entsorgung wurde erhöht. Außerdem sind die Kontrollen durch einen privaten Sicherheitsdienst verstärkt worden.

Das habe zwar schon etwas geholfen, aber es sei ein eher stumpfes Schwert, denn wenn Verbotsüberschreitungen nur den Hinweis auf diese Überschreitung und keinerlei weitere Konsequenzen zur Folge hätten, ändere sich nicht wirklich was. Davon ist auch Ortsvorsteherin Ingrid Schich-Kiefer fest überzeugt und plädiert für härteres Durchgreifen. Mittlerweile sind die Mitglieder des AASV auch schon dazu übergegangen, die widerrechtlich geparkten Fahrzeuge zu notieren und zur Anzeige zu bringen.

Auf Diskussionen mit den Badegästen lassen sie sich aber schon lange nicht mehr ein. Das bringe nichts und an unverschämten und aggressiven Reaktionen sei man auch nicht interessiert, denn alles habe man schon erlebt. Auch einen Badegast, der sich morgens um zehn Uhr verärgert beschwerte, wann denn endlich die Toiletten geöffnet werden, ist dem Vorsitzenden noch gut in Erinnerung. Ebenso die Jugendlichen, die unter dem Vordach der Anglerhütte ein Lagerfeuer entzündeten, weil es regnete.

Verbote helfen wenig

Baden, Lagern, Zelten, Grillen, Feueranzünden und Einsetzen von Wasserfahrzeugen – dazu gehören auch das Stand-up-Paddle – sind verboten, doch alles findet statt, so dass die Angler speziell in den Sommermonaten ihr Gewässer zum Angeln eigentlich gar nicht nutzen können, sondern stattdessen als „Putzkolonne“ agieren. Dazu gehört dann auch mal das Entsorgen eines im See gelandeten gefüllten Mülleimers. Weil auch das möglich ist, wird um das Anketten aller rund um den See aufgestellten Mülleimer gebeten. Die vereinzelten Spaziergänger, die selbst den Müll aufsammeln, weil sie es nicht mehr sehen können, helfen nur zum Teil.

Auch die Möglichkeiten des Vereins sind begrenzt, denn hier stellt sich die Frage, was den vorwiegend älteren Mitgliedern alles zugemutet werden kann. Besonders ärgerlich ist für die Angler, wenn sich im Laufe der Badesaison auf dem See ein leichter Fettfilm zeigt, hervorgerufen durch die Sonnenschutzmittel der unzähligen Badegäste. Das tut den Fischen und dem Gewässer nicht gut, dessen Qualität der Verein regelmäßig prüfen lässt.

Jedes Jahr investiert der Verein zwischen 3000 und 6000 Euro für den Besatz des Sees mit Fischen. Generiert werden diese Mittel durch die Mitgliedsbeiträge der aktuell 120 Mitglieder und die Einnahmen des alljährlichen Backfischfestes, das vor zwei Wochen wieder auf große Resonanz gestoßen war.

Letztendlich werden aber vermutlich nur verstärkte Kontrollen und gegebenenfalls auch der Polizeieinsatz mit entsprechenden Konsequenzen zu einem veränderten Verhalten und mehr Verantwortungsgefühl führen. Vielleicht kann sich die Natur aber auch ein wenig selbst helfen – denn wie die Angler festgestellt haben, gibt es wieder mehr Schlangen am See.

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