Kommunalpolitik

Bensheim sucht Unterkünfte für Geflüchtete

Die Bensheimer Stadtverwaltung sucht nach Möglichkeiten, die vom Kreis zugewiesenen Geflüchteten unterzubringen. Im Gespräch sind akuell eine Container-Lösung für 160 Personen und das ehemalige Gästehaus der CBM in Schönberg.

Von 
Dirk Rosenberger
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Wo zurzeit noch eine Container-Kita an der Werner-von-Siemens-Straße steht, könnten bald Geflüchtete in neuen Containern untergebracht werden. © Thomas Neu

Bensheim. In einer Zeit, in der es an Herausforderungen nicht mangelt, stellt die Suche nach Unterkünften für Geflüchtete momentan eine der zentralen Aufgaben für Städte und Gemeinde dar.

In Bensheim kommt erschwerend hinzu, dass der Mietmarkt überhitzt und somit preisgünstiges Wohnen kaum möglich ist. Von nach wie vor fehlenden Sozialwohnungen ganz zu schweigen. Und Flächen, auf der provisorische Unterbringungsmöglichkeiten, sprich Container oder Zelte, geschaffen werden können, muss man auch mit nahezu detektivischem Spürsinn aufstöbern.

Kurzum: Es ist kompliziert und auch nicht einfacher geworden, nachdem der Kreis, selbst massiv unter Druck, seit dem 1. Mai Flüchtlinge direkt zuweist. Im Rathaus hat man daher (wie bereits berichtet) in den vergangenen Monaten Optionen geprüft, Immobilien, Grundstücke und Zimmer besichtigt.

Immerhin könnte Bensheim zwischen 127 und 157 Personen im Quartal zugeteilt bekommen. Ohne Alternativen in der Hinterhand könnte es schnell ungemütlich werden. Wenngleich festgehalten werden muss, dass zumindest in den ersten drei Monaten nicht so viele Schutzsuchende kommen werden wie es in der Theorie möglich wäre. Wie schnell sich solche Szenarien ändern können, hat man jedoch in der Vergangenheit immer wieder erlebt.

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Für die Stadtverordnetenversammlung am Donnerstag (20.) hat der Magistrat nun eine Vorlage nachgereicht, in der es um die Anmietung einer Container-Unterkunft sowie eines Gebäudes geht. Beabsichtigt ist laut den Unterlagen, auf einem Grundstück in der Werner-von-Siemens ein Provisorium für 160 Bewohner – oder wie es offiziell heißt „erstzugewiesenen, noch nicht asylrechtlich anerkannten geflüchteten Personen“ – zu errichten.

Auf dem Gelände, das einer Bensheimer Immobilienmanagement GmbH gehört, stehen zurzeit noch die Container der Krippe „Weidenkätzchen“, die vom Familienzentrum betrieben wird. Ein Wechsel auf der Fläche kann daher nur über die Bühne gehen, wenn für die Kleinen ein anderer Standort gefunden werden kann. „Dies befindet sich gerade in der Abstimmung“, heißt es dazu auf der Verwaltung.

Kosten im hohen fünfstelligen Bereich

Sollte dem so sein, wird es voraussichtlich einen Mietvertrag über drei Jahre geben. Im Preis inbegriffen wären dann die Planung und der Aufbau der Unterkunft einschließlich der Außenanlagen, die Gebäudeversicherung, Organisation vor Ort und Betreuung der Geflüchteten mit einem Ansprechpartner. Die Stadt wiederum müsste zusätzlich zahlen für „Ausbesserung mutwilliger Beschädigungen“, laufende Kosten für Ver- und Entsorgung, die Reinigung der einzelnen Wohneinheiten, Telefon- und Internet sowie den Bereitschaftsdienst der GGEW AG. Der Abbau der Container am Ende des Mietvertrags müsste ebenfalls beglichen werden.

Auf was sich das ganze Vorhaben letztlich summiert, soll vertraulich behandelt werden, weil die Stadt ansonsten Nachteile bei weiteren Verhandlungen befürchtet. Man kann jedoch davon ausgehen, dass sich die monatlichen Kosten, abzüglich der Erstattungen durch den Kreis, sicherlich in einem hohen fünfstelligen Bereich bewegen dürften.

Dafür erhält man – wie es in der Begründung aus dem Rathaus steht – einen nahezu „All-Inclusive-Betrieb“. Selbst sei man personell und administrativ nicht in der Lage, ein solches Unterfangen zu stemmen. Hinzu kämen dann die Ausschreibungen für Planungs- und Bauleistungen, die von einer Kommune entsprechend vergaberechtskonform zu erledigen sind. Daher sei man auf die Hilfe von Dritten angewiesen und habe sich um entsprechende Mietangebote gekümmert.

So wurde man schließlich auch in Schönberg fündig. Im ehemaligen Gästehaus der Christoffel-Blindenmission könnten 60 Geflüchtet ein Dach über dem Kopf bekommen. Das Gebäude müsste vor einem Einzug noch entsprechend hergerichtet werden, mit einem Betrieb vor dem 1. Januar 2024 sei nicht zu rechnen, so die Verwaltung.

Im Mietpreis, der ebenfalls nicht öffentlich gemacht wurde, sind die komplette Ausstattung, die Immobilienunterhaltung, die Sicherstellung des täglichen Betriebs der Unterkunft sowie die Nebenkosten enthalten. Das Haus in der Nibelungenstraße befindet sich im Besitz einer Vermögensverwaltung GmbH aus dem Frankfurter Raum. Der finanzielle Aufwand für die Stadt dürfte aufgrund der Unterbringungskapazitäten geringer ausfallen als bei der kleinen Container-Stadt im Gewerbegebiet.

Am Donnerstag spricht zunächst der Haupt- und Finanzausschuss ab 17.30 Uhr in einer vorgeschalteten Sitzung im Bürgerhaus über die beiden Projekte. Danach muss final ab 18 Uhr in der Stadtverordnetenversammlung darüber befunden werden. Unterm Strich darf man trotz der daraus resultierenden Belastung für den ohnehin wackligen Haushalt von einer Zustimmung ausgehen, da die Alternativen rar gesät bis kaum vorhanden sind – und der Zeitfaktor durchaus eine Rolle spielt.

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