Bensheim. Soll Bensheim im Regionalplan Südhessen als sogenannte Entlastungskommune für Frankfurt ausgewiesen werden? Diese Frage hat die Stadtverordnetenversammlung am Donnerstagabend kontrovers diskutiert. Am Ende lehnte das Gremium einen Antrag von BfB, VuA und FWG ab, der diese Rolle von vornherein ausschließen wollte. Zustimmung gab es hingegen für eine Informationsveranstaltung, bei der die Bürgerinnen und Bürger über die Pläne informiert und einbezogen werden sollen.
Regionalplan gibt Rahmen für Bensheims Zukunft vor
Der Streit dreht sich um den neuen Entwurf des Regionalplans Südhessen, der derzeit vom Regierungspräsidium Darmstadt erarbeitet wird. Dieses Planwerk gilt als eine Art Landkarte für die Zukunft der Region. Es legt fest, wo in den kommenden Jahrzehnten neue Wohn- und Gewerbeflächen entstehen können, wo Verkehrsachsen verlaufen und welche Grünzüge erhalten bleiben. Bürgermeisterin Christine Klein betonte in einer Pressemitteilung der Stadt Bensheim: „Für uns als Stadt ist der Regionalplan ein sehr wichtiges Instrument, denn er bestimmt die Spielräume für unsere Planung vor Ort.“ Für sie steht fest, dass der Regionalplan noch keine konkreten Baugebiete vorgibt. „Es geht im Moment nicht darum, ob Bensheim sofort wachsen will oder soll“, heißt es in der Mitteilung weiter. „Entscheidend ist, dass wir uns die Möglichkeit offenhalten, auf Entwicklungen in den nächsten Jahren und Jahrzehnten reagieren zu können.“
Im aktuellen Entwurf ist Bensheim – wie vier weitere Kommunen – als Entlastungskommune für Frankfurt vorgesehen. Das bedeute laut Stadt nicht, dass sofort gebaut werden müsse. Baurecht entstehe erst durch konkrete Bebauungspläne der Stadt. Doch der Regionalplan setze den Rahmen, innerhalb dessen Entwicklung überhaupt möglich sei.
BfB, VuA und FWG beantragten, der Magistrat solle klarstellen, dass Bensheim keine zusätzlichen Flächen für Frankfurt bereitstellt. Außerdem sollte die Frist für die Stellungnahme der Stadt bis zum 15. Dezember verlängert und eine Bürgerversammlung durchgeführt werden. „Bensheim ist keine Vorstadt Frankfurts“, so die Begründung der drei Fraktionen. Die Flächenreserven seien begrenzt, die Infrastruktur ausgelastet, die Entfernung nach Frankfurt zu groß.
CDU, SPD und FDP plädieren für mehr Handlungsspielraum
Die Antragsteller fanden Unterstützung bei den Grünen. Franz Apfel (BfB) warnte vor einer „fremdgesteuerten Wachstumsstrategie“ und sprach vom drohenden Verlust an Biodiversität. „Als Bürger für Bensheim bekennen wir uns zu einer verantwortungsvollen Stadtentwicklung – im Einklang mit Umwelt, Infrastruktur und gesellschaftlichem Zusammenhalt. Wir widersprechen einer Wachstumsstrategie, die bereits in der Vergangenheit viele Hektar Land für Wohnraum und Gewerbe zur Verfügung gestellt hat“, so Apfel. In dieselbe Richtung argumentierte Rolf Kahnt (VuA), der betonte, dass sich Frankfurt selbst um seine Entlastungsprobleme kümmern müsse.
Rolf Tiemann (FWG) verwies auf die ohnehin angespannte Lage des Wohnungsmarkts. Schon jetzt müsse man mit weiter steigenden Mieten rechnen, warnte er. Der Mangel an bezahlbarem Wohnraum werde sich in Zukunft noch verschärfen. Dies habe auch Folgen für die Allgemeinheit, etwa durch höhere Ausgaben für Wohngeld und andere soziale Leistungen. „Für uns steht seit Langem fest, dass Bensheim keine Entlastungskommune werden darf“, bekräftigte Jürgen Kredel (Grüne) die Meinung seiner Vorredner.
Die Mehrheit der Stadtverordneten sah die Debatte um eine Entlastungskommune für Frankfurt anders. Tobias Heinz (CDU) erinnerte daran, dass viele Bensheimer längst nach Frankfurt pendelten: „Wir sind doch bereits Entlastungskommune. Ohne neue Flächen oder Verdichtung werden die Wohnungen in Zukunft noch teurer.“ Auch seine Parteikollegen Bernhard Stenger und Maximilian Gärtner plädierten dafür, sich Handlungsspielräume offen zu halten.
Die SPD stimmte der CDU zu. Jürgen Kaltwasser argumentierte, die Stadt habe es selbst in der Hand, welche Flächen entwickelt würden. Mehr Optionen könnten sogar günstigere Bedingungen schaffen. Sein Parteifreund Thorsten Schrader verwies auf den ehemaligen Meerbachsportplatz, wo viele Käufer aus dem Frankfurter Umland stammten.
Abstimmungen mit klarer Tendenz
Auch die FDP warnte vor einem Verlust an Verhandlungsmöglichkeiten. „Mir ist Frankfurt egal – entscheidend ist, dass wir für Bensheim das Beste herausholen“, sagte Thorsten Eschborn. Fraktionskollege Tobias Fischer ergänzte, von den 58 Quadratkilometern Stadtgebiet sei nur ein Viertel bebaut: „Wir müssen langfristig denken und uns offenhalten, dass Bensheim Flächen zur Verfügung stellen kann.“
Die Abstimmungen fielen eindeutig aus. Der Antrag, Bensheim von vornherein von der Entlastungsrolle auszunehmen, scheiterte mit 22 Nein-Stimmen. Nur Grüne, FWG, BfB und VuA stimmten zu. Auch die beantragte Fristverlängerung bis Mitte Dezember fand keine Mehrheit. Sieben Befürworter standen 22 Gegenstimmen und 9 Enthaltungen gegenüber. Breite Zustimmung erhielt hingegen der dritte Punkt. Mit 35 Ja-Stimmen bei nur drei Enthaltungen beschlossen die Stadtverordneten eine Informationsveranstaltung für die Bürgerschaft.
URL dieses Artikels:
https://www.bergstraesser-anzeiger.de/orte/bensheim_artikel,-bensheim-bensheim-streitet-ueber-rolle-als-entlastungskommune-fuer-frankfurt-_arid,2329250.html
Links in diesem Artikel:
[1] https://www.bergstraesser-anzeiger.de/orte/bensheim.html