Bensheim. In der jüngsten Sitzung des Bau-, Umwelt- und Planungsausschusses am Donnerstagabend ging es um die Zukunft der Stadt Bensheim und die Grenzen ihres Wachstums. Die Diskussion um die Stellungnahme der Stadt zur Fortschreibung des Regionalplans gab aber auch Gelegenheit, einmal wieder die unterschiedlichen Haltungen der Parteien zu erkennen. Während die Mehrheitskoalition aus CDU, SPD und FDP sich eindeutig dafür aussprach, Entwicklungsmöglichkeiten der Stadt zuzulassen, sprachen sich Bündnis 90/Die Grünen und Bürger für Bensheim deutlich gegen eine weitere Versiegelung aus. Etwas gemäßigter sah es Peter Leisemann von den Freien Wählern, für den es um die Frage ging, wie man Bensheim künftig gestalten wolle. „Wollen wir den Charme der Stadt erhalten oder wollen wir zupflastern?“ stellte er ebenso in Raum wie die Frage, ob bei weiterer Besiedelung der zusätzliche Fahrzeugverkehr überhaupt aufgenommen werden könne.
Festgemacht hatte sich die Diskussion insbesondere an der regionalplanerischen Ausweisung als „Entlastungskommune“ für den Frankfurter Raum. Diese Formulierung bezeichnete Rolf Kahnt (Vernunft und Augenmaß) zwar als „unglücklich“, war aber der Meinung, dass sich die Stadt Optionen für die weitere Entwicklung offenhalten soll.
Erster Stadtrat Frank Daum, den Ausschussvorsitzender Thomas Götz (Grüne) erstmals in dieser neuen Funktion im Ausschuss begrüßte, verdeutlichte die Dimensionen, um die es ging. So seien im aktuell gültigen Regionalplan rund 53 Hektar Siedlungsfläche ausgewiesen, von denen aber nur 45 Hektar umgesetzt wurden. Jetzt gehe es um eine Siedlungsfläche von 22 Hektar und das bei Ausweisung als Entlastungskommune. Daum konnte darin keine Gefahr für eine Zupflasterung sehen. Gleiches gelte auch bei der Gewerbeentwicklung. Im aktuellen Regionalplan seien 57 Hektar ausgewiesen worden, jetzt seien es gerade mal 15 Hektar, wobei Bensheim eine Anhebung auf 20 Hektar anstrebt. Das auch vor dem Hintergrund, dass es sich bei manchen Flächen nicht um eine Neuversiegelung, sondern Umnutzung handele, wie beispielsweise das Gelände Thermoplastik an der Nibelungenstraße.
Insgesamt weist der Vorschlag der Stadt deutlich mehr Flächen aus, als laut Regionalplanung zugelassen, aber auch das hat seinen Grund. Nicht alle der nach Priorität ausgewiesenen Siedlungs- oder Gewerbeflächen befinden sich in städtischem Besitz. Mit den zusätzlichen Flächen will man sich Ausweichmöglichkeiten schaffen, wenn ein favorisiertes Gelände nicht zur Verfügung stehen sollte.
Bei ihrem Änderungsantrag ist die Koalition nicht allen Vorschlägen des Planungsbüros Schweiger + Scholz, vertreten durch Michael Schweiger, gefolgt. So gab es beispielsweise bei der im Fehlheimer Osten möglichen Siedlungsfläche ein Kompromiss. Ursprünglich sah der Entwurf eine Siedlungsfläche von 12,8 Hektar vor, die in der vorbereitenden Stellungnahme abgeplant wurde, aber im Änderungsantrag dann mit 5 Hektar wieder aufgenommen wurde.
Bezüglich der Ausweisung als Entlastungskommune stellten Rico Klos und Ingrid Schich-Kiefer für die CDU fest, dass Bensheim faktisch bereits Entlastungskommune sei. Deutlich machten beide, dass es um die Möglichkeit für weitere Entwicklung gehe, die man kommenden Generationen nicht verbauen wollen.
Wenn Vorgänger-Generationen nicht entsprechende vorausschauende Entscheidungen getroffen hätten, gäbe es beispielsweise keine Wohnbebauung in den Kappesgärten, so Schich-Kiefer. Ob die Möglichkeit einer Bebauung der Flächen dann auch wahrgenommen werde, sei keine Entscheidung der aktuellen Politik. Auch Michael Sydow machte darauf aufmerksam, dass man heute etwas für die nächste Generation mache, die dann entscheide, ob in 20 Jahren eventuell gebaut werde. Für die FDP sah das Thorsten Eschborn genauso, denn es gebe mit der heutigen Entscheidung zum aktualisierten Regionalplan keine Verpflichtung zum Bauen.
Barbara Ottofrickenstein-Ripper äußerte die Befürchtung einer Ausweitung. Für die Grünen hoben Ausschussvorsitzender Götz und Birgit Rinke hervor, dass es um Versiegelung gehe und das Gewerbegebiet Stubenwald vermutlich „schneller geschlossen sein dürfte“, als man denkt.
Michael Schweiger vom Planungsbüro sprach von einem „schwierigen Thema“, aber mit der heutigen Entscheidung werde kein einziger Quadratmeter versiegelt. Darüber werde Bensheim erst entscheiden, wenn konkrete Pläne anstehen. Auch machte er darauf aufmerksam, dass der Siedlungsdruck deutlich höher sein werde, als der Regionalplan vorgebe.
Bürgermeisterin Christine Klein wies ebenfalls darauf hin, dass mit einer Entscheidung gegen die Ausweisung als Entlastungskommune der Stadt die Entwicklungsmöglichkeiten genommen würden. Am Ende wurden die Änderungsanträge der Grünen und der Bürger für Bensheim mehrheitlich abgelehnt. Die Grünen hatten sich insbesondere gegen die Ausweisung als Entlastungskommune ausgesprochen, da Bensheim die daraus entstehenden Verpflichtungen nicht übernehmen könne. Die BfB hatte sich mit ihrem Antrag angeschlossen und außerdem die Herausnahme der in Auerbach vorgesehenen Siedlungsflächen „Zeilbäume“ und Kleingärten sowie der in Bensheim-Süd gefordert.
Der Änderungsantrag der Koalition wurde mit den fünf Stimmen von CDU, SPD und FDP, bei zwei Gegenstimmen und zwei Enthaltungen angenommen.
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