Bensheim. Der Tag der Deutschen Einheit ist in der Bundesrepublik auch der Tag der offenen Moscheen. Seit vielen Jahren nutzt auch die Bensheimer Ahmadiyya-Gemeinde diesen Tag, um mit der Bevölkerung ins Gespräch zu kommen, und über die islamische Glaubensgemeinschaft zu informieren.
Davon wurde in diesem Jahr wieder reger Gebrauch gemacht. Viele Besucher kamen im Verlauf des Tages in die Bashier Moschee an der Zeppelinstraße, nutzten das reichhaltige Speisen- und Getränkeangebot, wie auch die vielfältigen Möglichkeiten der Information.
Im Gebetsraum der Moschee war die Ausstellung über den Islam und die Ahmadiyya Muslim Jamaat aufgebaut und die zahlreichen Mitglieder der Gemeinde standen für alle Fragen zur Verfügung und gaben gerne Auskunft. Auch zwei Vorträge standen auf dem Programm und fanden ebenfalls großen Zuspruch. Neben dem Thema „Kalifat und Scharia in Deutschland“ war vor allem aus aktuellem Anlass das Thema „Konflikte, Kriege und Chaos – Wie real ist heute die Gefahr eines dritten Weltkriegs?“ sehr gefragt.
Gut besuchte Vorträge und rege Diskussion
Den Ausführungen von Imam Murtaza Ahmad Mannan wurde mit Interesse gefolgt und im Anschluss entwickelte sich eine rege Diskussion, an deren Ende sich vor allem die nichtmuslimischen Gäste für den offenen Dialog bedankten, an dem der aus London zurückgekehrte Imam Sahil Munir Ahmad teilnahm. Er ist in Bensheim aufgewachsen und ging hier zur Schule, bevor er zum Studium nach London ging. Inzwischen ist er in Butzbach zuhause und in verschiedenen Gemeinden in Südhessen als Imam tätig. Die Gefahr eines dritten Weltkriegs sei nicht nur in den Nachrichten präsent, sondern berühre jeden Einzelnen, so Imam Mannan. Die Ursachen für dieses Konfliktpotenzial seien vielfältig und reichten von der Rivalität zwischen den Großmächten über wirtschaftliche Gründe (Öl, Rohstoffe) bis hin zu ideologischen und religiösen Konflikten, die Nationen und Kulturen spalten. Auch der technologische Fortschritt könne zu Auseinandersetzungen führen, verwies der Imam auf Cyberattacken.
Die Vereinten Nationen seien gegründet worden, um solche Konflikte zu verhindern, hätten aber in vielen Fällen versagt, nannte er beispielhaft Syrien und die Ukraine. Der Ukraine-Krieg habe das Potenzial sich auszuweiten, sah Mannan eine reale Eskalationsgefahr. Bei seinem Blick auf die islamische Perspektive ging er auf die Grundsätze des Glaubens der Ahmadiyya ein, für die Frieden, Gerechtigkeit und Warmherzigkeit im Vordergrund stehe. Konflikte seien durch Dialog und Handeln zu lösen, denn laut Koran sei das Blut von Menschen heilig. Die Ahmadiyya-Gemeinde habe kein politisches Kalifat, vielmehr werde der Kalif als Nachfolger des verheißenden Messias angesehen und sei der geistige Führer der Glaubensgemeinschaft. Das unterscheide Ahmadiyya von anderen islamischen Glaubensgemeinschaften, die den Messias noch erwarten.
Brücken bauen, statt Mauern errichten
„Religion soll Mittel zur Versöhnung sein“, doch wenn Religion falsch verstanden und missbraucht werde, funktioniere das nicht mehr, verwies der Imam auf eine vom Messias prophezeite Zeit der Dunkelheit. Religion werde für die eigenen Interessen instrumentalisiert, um einen Krieg zu rechtfertigen. Die Muslime der Ahmadiyya sehen die reale Gefahr eines dritten Weltkriegs, glauben aber an dessen Vermeidbarkeit. Deswegen sei es an der Zeit, Brücken zu bauen, anstatt Mauern zu errichten.
Das Oberhaupt der weltweiten Ahmadiyya Muslim Gemeinde, seine Heiligkeit Mirza Masroor Ahmad, setze sich in Ansprachen und Briefen an die Mächtigen dieser Welt für den Frieden ein. Dazu gehöre soziale Gerechtigkeit, die Bekämpfung des Extremismus und die Förderung des Dienstes am Menschen.
Die rund 250 Ahmadiyya-Gemeinden auf lokaler Ebene hätten aber nicht die Macht, Frieden zu schaffen, sie können lediglich Zeichen setzen und sich für den Frieden einsetzen. Zum Beispiel mit dem Tag der offenen Moschee, der Gelegenheit biete, Brücken des Verständnisses zu bauen. Es sollte das Grundprinzip für jeden Muslim sein, eine Quelle des Friedens zu sein. Muslime, die das Gegenteil zeigen, „haben den Islam nicht verstanden“ so Imam Murtaza Ahmad Mannan.
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