Museum

Beeindruckende Zeichenkunst im Bauhandwerk

Kleine Sonderausstellung zeigt Schülerarbeiten der Bensheimer Gewerbeschule vom Anfang des 20. Jahrhunderts

Von 
Eva Bambach
Lesedauer: 
In einer kleinen Sonderausstellung im Bensheimer Museum werden derzeit Schülerarbeiten aus der früheren Bensheimer Gewerbeschule gezeigt. Auf dem Bild Klaus H. Jöckel vom Museumsverein (l.) und Pascal J. Harter vom Museum. © Thomas Zelinger

Bensheim. Fast künstlerisch muten die großen Zeichnungen an, die derzeit in einer kleinen Sonderausstellung im Bensheimer Museum zu sehen sind. Dabei sind es doch „nur“ Schülerarbeiten der örtlichen Gewerbeschule vom Anfang des vergangenen Jahrhunderts. In der Ausbildung für verschiedene Berufe rund um das Bauhandwerk wurde damals viel Wert auf Naturstudium und Freihandzeichnen gelegt – konstruktive Elemente wurden stärker als heute auch in Hinblick auf ihre ästhetische Wirkung betrachtet und mit zum Teil großem Arbeitsaufwand gestaltet. So kann man beim Besuch der vom Museumsverein organisierten Ausstellung verfolgen, wie die Zeichnung von Blüten und Blättern nach der Natur in verschiedene abstrahierte, ornamentale Formen überführt wird, die zum Schmuck von Fenstern, Holzfüllungen oder schmiedeeisernen Beschlägen eingesetzt werden konnnten.

Neben den gekonnt mit der Feder gezeichneten und sorgfältig kolorierten Naturstudien und Dekorationen gibt es auch detaillierte Konstruktionsstudien von Mauerwerk oder Bogenformen sowie aufwändig durchgeführte Darstellungen der Zentralperspektive, die die Schüler damals anfertigen mussten. Die Zeichnungen stammen aus einem größeren Konvolut, das dem Museumsverein Bensheim als Dachbodenfund beim Abriss eines Hauses in der Sandstraße 7 im Jahr 2022 übergeben wurde. Vorstandsmitglied Dieter Rogalli säuberte die stark eingestaubten Blätter und bereitete sie für die Ausstellung vor.

Die Zeichnungen stammen von Adam Borger, der zu ihrer Entstehungszeit in den Jahren um 1905 etwa 16 Jahre alt war. Er lebte in der Sandstraße 7 und besuchte die Gewerbeschule auf dem Griesel, die 1888 nur wenige Meter von seinem Elternhaus entfernt gebaut worden war und in späteren Jahrzehnten lange die Weinstube Clara beherbergte. Welche Ausbildung Adam Borger genau durchlief, ist nicht bekannt. Jedenfalls arbeitete er später als Bauinspektor bei der Deutschen Reichsbahn.

Als er die Seminare in der Gewerbeschule besuchte, befand sich die gewerbliche Ausbildung in einem stetigen Aufstieg. 1840 kamen erste Forderungen nach einer „Bauhandwerker Zeichenschule“ in Bensheim auf, um einem Mangel an entsprechend qualifizierten Handwerkern zu begegnen. Die daraufhin gegründete Schule verzeichnete einen steigenden Zustrom von Schülern, die dann den Bau auf dem Griesel und dessen Erweiterung erforderte - bis die Schule 1907 einen noch größeren Neubau, die heutige Hemsbergschule, bezog.

Treibende Kräfte in der Schulgeschichte, auch darüber informiert die Ausstellung, waren der Gerbereibesitzer und Vorsitzende des Gewerbevereins Gustav Müller und der Schulleiter Hugo Eisenhardt, dessen Urenkel überraschend zur Ausstellungseröffnung am Donnerstagabend gekommen war und sein Privatarchiv dem Museumsverein für weitere Recherchen öffnen wird.

Der Vorsitzende des Museumsverein Klaus H. Jöckel begrüßte unter den zahlreichen Gästen auch die Stadtverordnetenvorsteherin Christine Deppert und eine Vertreterin der Heinrich-Metzendorf-Schule als Nachfolgerin der einstigen Gewerbeschule. Jöckel würdigte die feinen Tuschezeichnungen als eindrucksvollen Beweis für das hohe Niveau der Ausbildung an der damaligen Gewerbeschule.

Museumsmitarbeiter Pascal J. Harter dankte dem Museumsverein für sein Engagement und bezeichnete die Ausstellung als inhaltlich gut zu den regionalgeschichtlichen Schwerpunkten des Museums passend.

Die Ausstellung „Zeichenkunst im Bauhandwerk“ im Museum der Stadt Bensheim ist noch bis zum 19. Oktober zu sehen, jeweils zu den Öffnungszeiten: donnerstags und freitags von 15 bis 18 Uhr, am Wochenende von 12 bis 18 Uhr.

Copyright © 2025 Bergsträßer Anzeiger

  • Winzerfest Bensheim