Bensheim. Beim vierten Konzert ihrer 77. Saison präsentierten die Kunstfreunde Bensheim zum ersten Mal überhaupt Musik für Mandoline und Akkordeon – prominent besetzt mit den zwei Weltstars Avi Avital und Ksenija Sidorova. Vor allem der sehr populäre Mandolinist hatte offenbar viele Fans mitgebracht, die das Parktheater fast bis auf den letzten Platz füllten. Die Liebhaber der kaum je verbundenen Instrumente bekamen vom israelisch-lettischen Duo ein veritables Schmankerl-Programm aus eigenen Arrangements klassischer Repertoirehits geboten.
Wie Avital und Sidorova beim angeregten (englischen) Einführungsgespräch mit Christian Knatz im Eysoldt-Foyer verrieten, sind originale Duokompositionen trotz ihrer bereits zehnjährigen Zusammenarbeit bisher leider nicht initiiert worden. Wer das traumwandlerisch harmonierende Gespann jetzt im Parktheater erlebte, kann insofern nur auf baldige Besserung hoffen.
Wenn es sich nämlich um zwei derartige Ausnahmekönner handelt, dann gewinnt sogar die denkbar exotisch anmutende Kombination von Mandoline und Akkordeon besonderen klanglichen Charme. Avitals und Sidorovas Interpretationen bewahren bei aller stupenden Kunstfertigkeit stets eine ganz unmittelbar wirkende Ursprünglichkeit, die glaubwürdig und authentisch auf den folkloristischen Wesenskern der beiden allzu gerne unterschätzten Instrumente verweist. So funktionierte ihr überaus spritziger und spielfreudiger Zugriff schon in Fritz Kreislers Ohrwurm „Präludium und Allegro im Stile von Pugnani“ (1905) so erfrischend gut, dass man das Originalgewand für Geige und Klavier kaum vermisste.
Mozarts Menuett wurde zum echten kleinen Coup
Als herausragend gewichtige Adaption folgte Mozarts delikat ausgehörte e-Moll-Violinsonate KV 304 (1778), deren „Tempo di Menuetto“-Finale bei Avital und Sidorova zum anrührend poetischen und melancholischen Privatissimum wurde – ein echter kleiner Coup. „Introduzione“, „Serenata“ und „Tarantella“ aus der auf Igor Strawinskys „Pulcinella“-Ballett basierenden „Suite italienne“ (1932) lieferten weitere Paradebeispiele für den pikanten Farbensinn des ebenso temperamentvollen wie feinfühligen Duos. Béla Bartóks „Rumänische Volkstänze“ (Klavier-Originalversion 1915) krönten den ersten Konzertteil in einer unwiderstehlich inspirierten Wiedergabe, die jeden Vergleich mit den bekannten anderen Bearbeitungen mühelos aushielt.
Ähnliches galt nach der Pause für Manuel de Fallas eigentlich vokal konzipierte „Canciones populares espanolas“ (1914), in denen Avital und Sidorova neben furioser rhythmischer Vitalität auch schönste lyrische Finesse demonstrierten – bestens abgestimmte agogische Nuancen inklusive (wie etwa im zentralen „Jota“-Kabinettstück). Der erste spanische Tanz aus der Oper „La vida breve“ (1904/05) ergänzte diese gelungene Transformation des Komponisten auf Mandoline und Akkordeon. Effektvoll abgerundet wurde das Programm durch Heitor Villa-Lobos’ berühmte Sopran-Aria aus der fünften „Bachiana Brasileira“ (1938) und Camille Saint-Saens’ nicht minder beliebtes „Rondo capriccioso“ opus 28 (1863), bei dem allerdings doch mancher das süffige Original für Violine und Orchester etwas vermisst haben mochte.
Als Zugabe bot das vom Bensheimer Publikum gefeierte Duo Vittorio Montis „Csárdás“-Reißer von 1904 – übrigens das einzige tatsächlich für Mandoline entstandene Werk dieses Abends.
Weitere originale Solostücke wären an diesem Abend durchaus willkommen gewesen. So hätten Avi Avital und Ksenija Sidorova noch vielfältiger für ihre vernachlässigten Instrumente werben können.
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