Politischer Aschermittwoch

Regierungs- und Selbstkritik beim Heringessen der CDU

Beim traditionellen Heringsessen der CDU sprach der Bergsträßer Bundestagsabgeordnete Michael Meister

Von 
Jeanette Spielmann
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Die Bensheimer CDU traf sich zum Politischen Aschermittwoch im Walderdorffer Hof. Gastredner war MdB Michael Meister(Mitte). © Thomas Zelinger

Bensheim. Das Heringsessen am Aschermittwoch hat Tradition bei der Bensheimer CDU. Ebenso, dass diese Veranstaltung im Bensheimer Traditionshaus Walderdorffer Hof stattfindet. Auch der Valentinstag hat Tradition, aber nicht, dass beide Tage aufeinander treffen. Dem CDU-Vorsitzenden Carmelo Torre war es am Mittwochabend im vollen Haus zwar eine Bemerkung wert, aber sonst stand am politischen Aschermittwoch die Parole „Schluss mit lustig“ im Vordergrund.

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Dazu begrüßte der Stadtverbandsvorsitzende neben ehemaligen wie aktiven Kommunalpolitikern, auch einige neue Parteimitglieder sowie wie jedes Jahr auch Parteifreunde aus Zwingenberg mit der Landtagsabgeordneten und CDU-Kreisvorsitzenden Birgit Heitland an der Spitze. Ehrengast des Abends war der Bundestagsabgeordnete Michael Meister, der für die neue Landesministerin Diana Stolz eingesprungen ist. Sie wäre gerne zu diesem für sie „echten Heimspiel“ gekommen, wie Torre die Ministerin zitierte, aber es sei aus Termingründen nicht möglich gewesen.

Etwa 70 Prozent der Bevölkerung seien mit der Regierung nicht zufrieden

Mit Meister war die CDU aber bestens bedient, denn der Bergsträßer Abgeordnete kann in diesem Jahr auf seine inzwischen 30-jährige Präsenz im Deutschen Bundestag blicken und hat in dieser Zeit umfassende Erfahrung im politischen Betrieb in Bonn und Berlin gesammelt.

Er ging am Mittwochabend davon aus, dass es bis zur regulären Bundestagswahl im kommenden Jahr noch einen Aschermittwoch geben wird, auch wenn es immer wieder Rufe nach Neuwahlen gebe. Denn Einschätzungen zufolge seien etwa 70 Prozent der Bevölkerung mit der aktuellen Regierung nicht einverstanden. Circa die Hälfte davon sei bei der CDU, die andere Hälfte suche eine neue politische Heimat. Das sei problematisch, denn im aktuellen Bundestag sei die CDU die einzige demokratische Alternative, was in früheren Jahren noch anders gewesen sei.

Die AfD solle keine Alternative sein

Warum die AfD aber keine Alternative sein sollte, machte Meister an einigen Beispielen fest. Es stimme zwar, dass in der AfD nicht alle rechtsextrem seien und rechte wie linke Meinungsbilder seien in einer Demokratie erlaubt, aber es gebe auch die Rechtsextremen in dieser Partei und in deren Spitzenpositionen. In der CDU müssten diese raus aus der Partei.

Die Partei einfach verbieten, sei auch schwierig, erinnerte Meister an die extrem hohen Hürden und das gescheiterte Parteiverbotsverfahren gegen die NPD. Besser sei es, die AfD politisch zu bekämpfen und sich mit ihr inhaltlich auseinanderzusetzen. Den Parteienstaat und die demokratischen Strukturen zu beseitigen oder in Anlehnung an den Brexit den Dexit zu realisieren, wie es das AfD-Programm vorsehe, sei für Demokraten undenkbar. Positiv wertete Meister die aktuellen Demonstrationen, weil sie für die Demokratie seien, aber das reiche nicht. Auch an den Stammtischen oder an der Kaffeetafel sei es wichtig, rechtsextremen Parolen keinen Raum zu geben.

Lösung nicht in einer Reform der Schuldenbremse

Für die Politik sei es wichtig, ein vernünftiges Angebot zu machen, sieht der Bundestagsabgeordnete im Wohlstandsversprechen und in der Migration zwei zentrale Herausforderungen.

So sollte es wieder möglich werden, dass es den Menschen bei eigener Anstrengung besser gehen kann. Dieses Gefühl sei verloren gegangen. Dafür sei das Vertrauen in die Politik erforderlich, doch Entscheidungen, die wieder zurückgenommen würden und eine verfassungswidrige Haushaltspolitik seien kontraproduktiv. Zumal es vor dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts deutliche Hinweise seitens des Stabilitätsrates und des Bundesrechnungshofes gegeben habe.

Die Lösung der Finanzprobleme sieht Meister nicht in einer Reform der Schuldenbremse, sondern in einer Ausgabenpolitik, die Prioritäten setze. Das sei zwar unangenehm, aber notwendig. Auch die Erhöhung der Einnahmen sei hilfreich, aber nicht durch höhere Steuern, sondern durch die Rückbesinnung auf die soziale Marktwirtschaft, die Rahmenbedingungen schaffe und sich nicht im kleinteiligen Mikromanagement von Wirtschaftsminister Habeck verzettele.

Deutsche Wirtschaft sei nicht mehr wettbewerbsfähig

Im Bereich der Klimatransformation sei die CO2-Abgabe der richtige Ansatz, doch dafür sei ein sozialer Ausgleich wichtig gewesen, der von der Regierung abgesagt worden sei. „Klimageld ist keine Feinschmeckerdiskussion“, so der Bundestagsabgeordnete.

Durch hohe Energiepreise, Bürokratie und Steuerbelastungen sei die deutsche Wirtschaft nicht mehr wettbewerbsfähig, stellte Meister auch die Frage, ob der Ausstieg aus der Kernenergie in der heutigen Zeit die richtige Entscheidung war. „Mikromanagement schafft kein Vertrauen bei den Bürgern“, fordert er auch weniger Reglementierung und eine Überprüfung des Denkansatzes beim Verhältnis zwischen Bürger und Staat.

Bedarf an Fachkräften

Bezüglich der Migration sieht der Bundestagsabgeordnete einen Bedarf an qualifizierten Fachkräften aus dem Ausland. Das zu lange Verfahren bei der Visaerteilung sei allerdings der einschränkende Flaschenhals. Keinen Mangel habe Deutschland bei den Zuwanderungen, zu denen man nicht aufgerufen habe. Während er die Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine ausdrücklich ausschloss, forderte er bei den Asylsuchenden die konsequente Anwendung des Asylrechts an, wonach Geflüchtete aus sicheren Drittstaaten keinen Anspruch auf Asyl haben. Dafür sei an den europäischen Außengrenzen eine vernünftige Kontrolle und gerechte Verteilung erforderlich. Auch wären europaweit einheitliche Leistungen sowie eine Grundlage und nicht 27 Varianten für die Gewährung auf Asyl in Europa sinnvoll.

Bezüglich des russischen Angriffs auf die Ukraine und den Ruf nach Verhandlungen verwies Meister auf die Erfahrung aus der Vergangenheit. So sei nach dem Zerfall der Sowjetunion die Ukraine nach den USA und Russland die drittgrößte Atommacht gewesen. Mit dem zwischen der Ukraine und Russland vereinbarten Abzug der Atomwaffen seien der Ukraine von Russland ihre Grenzen garantiert worden, doch diese Garantie sei für Putin nichts wert gewesen.

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red
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Vor dem Hintergrund der aktuellen Herausforderungen sprach Meister die bevorstehende Bundestagswahl an und sparte dabei auch nicht an Selbstkritik. Denn der Wahlkampf 2021 sei nicht gut geführt worden. Neben dem inhaltlichen Angebot sei auch das Personalangebot wichtig, was vor drei Jahren nicht optimal gelaufen sei. Wenn die CDU gewinnen wolle, müsse sie sich hinter einem Kandidaten sammeln und auch hinter diesem stehen. Sollte der Wahlsieg dann gelingen, sei es „die große Verantwortung und verdammte Pflicht der CDU, es für das Land auch richtig zu machen“.

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