Natur

Am Hemsberg in Bensheim blüht das Helmknabenkraut

Die Botanische Vereinigung hatte zur Exkursion im artenreichen Halbtrockenrasen-Gebiet eingeladen

Von 
red
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Das Helmknabenkraut ist eine am Hemsberg durchaus häufig anzutreffende Pflanze, deutschlandweit ist es jedoch sehr selten und steht unter Schutz. Die Exkursion der Botanischen Vereinigung führte zu den artenreichen Trockenrasen am Hemsberg. © dpa

Bensheim. Am vergangenen Wochenende fand die alljährliche, nun schon zur Tradition gewordene, Hemsberg-Exkursion der Botanischen Vereinigung Hessen, geführt von Annette Modl-Chalwatzis und dem Botaniker Enno Schubert, beides exzellente Kenner der heimischen Flora, statt. Mit zwanzig interessierten Teilnehmern ging es von Gronau aus zum Osthang des Hembergs.

Von Goldruten und Robinien befreit

Diesem Gebiet kommt botanisch eine überregionale Bedeutung zu, da es sich hier um artenreiche Trespen- Halbtrockenrasen von außerordentlicher ökologischer Besonderheit handelt. In Hessen gibt es nur noch wenige andere dieser Standorte. Dem Gebiet im Gronauer Tal und dem Hemsberg mit seiner reichhaltigen Flora und Insektenfauna kommt daher die Position eines „Leuchtturms der Hotspots“ unter den hessischen Naturschutzgebieten zu. Grund dafür sind die eiszeitlichen Lößablagerungen mit hohem Kalkgehalt am Westhang des Odenwaldes. Dieses Gebiet weckte schon immer das Interesse von Biologen der umliegenden Universitäten.

Da in der Nachkriegszeit viele Flächen am Hemsberg zum Anbau von Obst und Gemüse genutzt wurden, später dann Rinder- und Pferdebeweidung erfolgte, wurden die ursprünglichen Arten verdrängt und nach Aufgabe der Nutzung breiteten sich dort die amerikanische Goldrute und die Robinie aus.

Bei einer Begehung des Geländes 1973 entdeckte Fritz Richter, damals Studiendirektor am Goethe-Gymnasium Bensheim und ausgewiesener Kenner der heimischen Flora, inmitten der Goldruten wenige Exemplare des kalkliebenden Fransen-Enzians (Gentianella ciliata) und vertrocknete Halme des Helmknabenkrautes (Orchis militaris). In mehr als 4000 Arbeitsstunden hat er mit Schülerinnen und Schülern seines Biologie- Leistungskurses und anderen Freiwilligen aus der Umgebung das Gelände von den Goldruten- und Robinienbeständen befreit.

Als Lohn dieser Mühen fand er in den nächsten sechs Vegetationsperioden insgesamt 350 verschiedene Pflanzenarten, 26 davon waren besonders geschützte Rote-Liste-Arten. Mit diesem Ergebnis und der Unterstützung namhafter Botaniker, aber auch von Stadtverordneten, konnte Fritz Richter das Verfahren zur Unterschutzstellung des Hemsberg-Areals in Gang bringen. Ihm ist es zu verdanken, dass die Unterschutzstellung am 13. September 1983 im Hessischen Staatsanzeiger veröffentlicht wurde.

Je weiter man den Hemsberg hochwandert, desto magerer werden die Flächen. Magere Standorte der Pflanzen sind auch artenreiche Standorte. Zu Beginn der Exkursion, im unteren Bereich in Siedlungsnähe, fanden sich zunächst Arten, die einen hohen Mineralstoffstoffgehalt im Boden (Stickstoffzeiger-Pflanzen) benötigen, sowie eine Reihe von Kulturflüchtlingen, die sich aus den angrenzenden Gärten, entweder durch Wurzelfortsätze oder durch Aussamen, bis an die Wegrandstreifen ausgebreitet haben.

Gedenken an Fritz Richter

Einige der gefundenen Arten: Stinkender Storchschnabel, mittlerer Wegerich, Feldsalat, taube und aufrechte Trespe, Giersch, Schöllkraut, Nelkenwurz, kriechender Hahnenfuß, Rainfarn, Mahonie und Flieder. Der Flieder ist ein invasiver Neophyt, der absolut kurzgehalten werden muss. Dabei handelt es sich um eine „Schwarze-Liste-Art“, der die andere Vegetation verdrängt und überwuchert.

Im oberen Bereich konnten Arten, wie Wiesensalbei, Färberginster, Traubenhyazinthe, aufrechter Ziest, Kartäusernelke, Ruchgras, große Waldanemone, nickendes Leimkraut und nicht zuletzt einige blühende Exemplare der Hemsberg-Charakterart des Helmknabenkrautes entdeckt werden. Austriebe zahlreicher weiterer Helmknabenkräuter wurden gesichtet. Diese Exemplare werden in den nächsten Tagen aufblühen. Beim Helmknabenkraut, handelt es sich um eine am Hemsberg durchaus häufig anzutreffende Pflanze. Deutschlandweit ist es jedoch eine sehr seltene Art mit einer hohen Schutzkategorie.

An der Gedenktafel zur Erinnerung an den 2017 verstorbenen Biologen Fritz Richter konnten die Teilnehmer einen Rundblick auf die umliegenden Hügel, die mit den ebenso besonderen und schützenswerten Bergbuchenwäldern bewachsen sind, werfen. Botaniker der Region kämpfen gegen den raumgreifenden Flächenverbrauch und für Erhalt der Biodiversität, denn wenn die Pflanzen sterben, sterben auch die Insekten. Am Ende dieser Kette der Biodiversität steht der Mensch.

Der Appell von Fritz Richter sollte genommen werden: „Wir haben alle eine besondere Verantwortung für die Flächen, die mit Helmknabenkraut besiedelt sind.“ Dieser Appell muss unbedingt erweitert werden, denn die wertvollen Buchenwälder des vorderen Odenwalds müssen ebenfalls einen höheren Schutzstatus bekommen, heißt es in der Pressemitteilung abschließend. red

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