Sanner-Forum

Gesund abnehmen: Ernährungs-Expertin über Diät-Märchen

Dr. Michaela Axt-Gardemann rät von Diäten und einseitiger Ernährung ab. Für das persönliche Wunschgewicht spiele auch die Darmgesundheit eine Rolle. Im Sanner-Forum räumte sie mit Diät-Märchen auf.

Von 
Gerlinde Scharf
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Eine ausgewogene ballaststoffreiche Ernährung hilft auf dem Weg zum persönlichen Wunschgewicht. © dpa

Auerbach. Diäten – egal ob Ananas-, Suppen-, Schokolade- oder Hawaii-Diät – lassen dauerhaft keine Pfunde schmelzen und sind letztendlich zum Scheitern verurteilt. Der berühmte Jo-Jo-Effekt lässt nicht lange auf sich warten. Allein der schnelle Erfolg ist das A und O einer Crash-Diät. Laut einer Statistik „halten nur ein bis drei Prozent der Personen nach einer strengen Diät – die nachweislich den Stoffwechsel verlangsamt und die Sättigungshormone nicht ausreichend anregt – ihr Wunschgewicht.“

„Der Genuss kommt dabei zu kurz und viele Diäten passen oftmals nicht in unseren Alltag. Fettarme Ernährung ist keine Dauerlösung und macht nicht satt“, folgert Professor Dr. Michaela Axt-Gardemann. Die Professorin für Integrative Gesundheitsförderung an der Hochschule Coburg und erfolgreiche Buchautorin räumte beim Sanner-Forum in ihrem Vortrag „Warum nehme ich nicht ab? Individuelle Diäthindernisse erkennen und beseitigen“ mit vielen Abnehm-Märchen und noch mehr Wunschdenken auf.

Kleinere Mengen Zucker seien weniger schädlich als künstliche Süßstoffe

So unter anderem mit dem Versprechen der Industrie, Diätgetränke wie Light- oder gar Zero-Produkte – täglich konsumiert – und die meisten künstlichen Süßstoffe helfen beim Purzeln der Pfunde. Letztere würden teilweise sogar als Masthilfe in der Tierzucht eingesetzt. Sie veränderten unsere Geschmacksempfinden und steigerten langfristig das Risiko für eine Gewichtszunahme.

„Kleinere Mengen Zucker hingegen sind weniger schädlich“, versicherte die Ernährungsmedizinerin, die ebenso die regelmäßige Einnahme von Abführmittel als kontraproduktiv, beziehungsweise schädlich einstufte. Laut einer Untersuchung erhöhe sich durch häufiges Abführen das Risiko einer Demenzerkrankung, da wichtige Mikroorganismen dauerhaft verloren gingen. Eine Darmreinigung schade – mit Ausnahme vor einer notwendigen Darmspiegelung oder Operation – dem Mikrobiom (Darmflora), da sich viele der notwendigen Darmbakterien nicht regenerierten und deshalb verloren gingen.

Die Zahl der übergewichtigen Kinder in Deutschland nimmt zu

Und wie sieht es mit der heiß diskutierten Abnehmspritze für Adipositas-Patienten aus, die „das Gehirn mit einer getäuschten Nahrungsaufnahme überlistet und so Heißhunger-Attacken verhindert“. Michaela Axt-Gadermann hat dazu eine geteilte Meinung: „Für manche ist die hochdosierte Spritze gut, für andere wieder nicht.“ Die monatlichen Kosten seien erheblich und es müsse regelmäßig gespritzt werden, da ansonsten „der Heißhunger zurückkommt“.

Was aber hilft nun tatsächlich beim Abnehmen auf dem Weg zum Wohlfühlgewicht? Etwa die Hälfte der Menschen in Deutschland hat schließlich zu viele Kilos auf den Rippen und vor allem die Zahl der übergewichtigen Kinder nimmt zu. Unter 1300 befragten Personen gab ein Drittel an, jedes Jahr eine Diät zu machen. Jeder Fünfte leidet unter einem erhöhten Cholesterinspiegel. „Es gibt unabhängig von der Ernährung individuelle Faktoren für Übergewicht.

„Warum nehme ich nicht ab?“ Diäthindernisse erkennen und beseitigen – darum ging es beim Sanner-Forum Prof. Michaela Axt-Gardemann. © Thomas Zelinger

Abnehmen ist schließlich etwas ganz persönliches“, so Axt-Gadermann, die viele Jahre lang die Zusammenhänge zwischen Gesundheit und Darmbakterien erforscht hat und während ihres Vortrages einige der wenig bekannten Dickmacher aufzählte: Bestimmte Medikamente gegen Allergien, Antibiotika oder einige Anti-Depressiva, aber auch Weichmacher und andere Chemikalien, die in Nahrungsmitteln und Umwelt vorhanden sind. Eine Schilddrüsenunterfunktion und Entzündungen im Körper führten ebenfalls zu Gewichtsproblemen.

Viele Proteine, gute Fette und ein Stückchen schwarze Schokolade

Das Mikrobiom, die Gesamtheit der Bakterien im Darm, spielten zudem eine wichtige Rolle für unsere Gesundheit und beeinflusse Stoffwechselerkrankungen und Gewicht. Die Professorin sprach von einem „Phänomen“. Schlanke Menschen haben ein anderes Mikrobiom als übergewichtige, die mehr Kalorien aus dem Essen ziehen und weniger Sättigungshormone bilden. Jede einseitige Ernährung führe auf Dauer zu einer Verarmung des Mikrobioms wie beispielsweise zu viele oder zu wenig Kohlenhydrate (Low Carb). Eine ausgewogene Ernährung mit präbiotischen Ballaststoffen wie Hülsenfrüchte, Beeren, Kartoffeln, auch Kaffee wirkten sich dagegen positiv auf die Darmgesundheit aus.

Michaela Axt-Gadermann, eine Verfechterin der Mittelmeerküche, favorisiert eine ausgewogene Ernährung mit Proteinen (besonders wichtig für Frauen – Hüttenkäse, Eier, Mozzarella), die für eine schnelle Sättigung sorgen und den Muskelabbau reduzieren (Nüsse, Hülsenfrüchte, Fleisch, Eier ), mit guten, ungesättigten und entzündungshemmenden Fetten wie Olivenöl, Avocado, Thunfisch, Rapsöl, Lachs.

Mindestens sieben Stunden Schlaf im Dunkeln sollen Abnehmen erleichtern

Vor dem Verzehr von Sonnenblumen-, Distel- oder Sojaöl rät sie wegen des hohen Anteils an zweifach ungesättigten Fettsäuren ab, die sich mit der Zeit in den Arterien ablagern können. Möglichst meiden sollte man die sogenannten „schlechten Fette“, gesättigte Fettsäuren wie Palmöl, Wurst, Tütensuppen, etliche Schokoaufstriche, Erdnussbutter und andere. Diese bremsten die natürlichen Sättigungshormone aus und gelten als appetitanregend.

Als ebenso wichtig für ein stabiles Körpergewicht erachtet die Referentin komplexe Kohlenhydrate wie Gemüse, Kartoffeln oder Vollkornprodukte, die zum einen satt machen und zusätzlich für ein gesundes Mikrobiom sorgen. Axt-Gadermann hatte noch zwei weitere, alltagstaugliche Tipps parat, die das Abnehmen erleichtern sollen: Mindestens sieben Stunden Schlaf in einem komplett dunklen Schlafzimmer ohne Handy und Radiowecker.

Und – Ausnahmen bestätigen die Regel – keinen Snack für zwischendurch, langsam essen und bei Bedarf vor den Mahlzeiten den Magen mit einem Glas Wasser oder einem Stückchen schwarzer Schokolade vorab füllen.

Freie Autorin Seit vielen Jahren "im Geschäft", zunächst als Redakteurin beim "Darmstädter Echo", dann als freie Mitarbeiterin beim Bergsträßer Anzeiger und Südhessen Morgen. Spezialgebiet: Gerichtsreportagen; ansonsten alles was in einer Lokalredaktion anfällt: Vereine, kulturelle Veranstaltungen, Porträts. Mich interessieren Menschen und wie sie "ticken", woher sie kommen, was sie erreiche haben - oder auch nicht-, wohin sie wollen, ihre Vorlieben, Erfolge, Misserfolge, Wünschte etc.

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