Gronau. "O magnum mysterium", so der Titel für den Gastauftritt des Konzertchors "acappella Odenwald" in der evangelischen Kirche St. Anna in Bensheim-Gronau am 4. Adventssonntag. "Musik ist eine gute Art und Weise, sich dem ,großen Geheimnis, zu nähern, welches besonders Weihnachten darstellt", sagte Pfarrerin Ute Voll zur Eröffnung der Abendveranstaltung.
Mit großer Sprachenvielfalt und anspruchsvollen weltlichen und kirchlichen Chorsätzen stimmte dann der rund 30-köpfige Konzertchor aus Mörlenbach die Herzen der Zuhörer auf das kommende Weihnachtsfest ein. Die liebevoll von Anton Lamadé, dem Sohn des Chorleiters, moderierte Veranstaltung lüftete manches musikalische und künstlerische Geheimnis. Er nahm die Zuhörer mit auf eine Zeitreise in die Welt der Chormusik. Die Konzertbesucher konnten die Inhalte der Stücke in einem gedruckten Programm mitlesen. Von den fremdsprachigen Liedern gab es übersetzte Texte, von den deutschsprachigen Stücken die Originalfassung.
Voll besetztes Gotteshaus
Dass die Kirche voll besetzt war, ist sicher auch der Tatsache geschuldet, dass "acappella"-Chorleiter Otto Lamadé in Gronau kein Unbekannter ist. Seit Anfang 2015 hat er nämlich die musikalische Leitung des Männergesangsvereins Eintracht Gronau. Lamadé, der mehrere Jahre als Solorepetitor und Dirigent am Nationaltheater in Mannheim arbeitete, hat sich mit dem Odenwälder Konzertchor hohe Ziele gesetzt. "acappella Odenwald" soll anspruchsvolle kirchliche und weltliche Chorwerke aus verschiedenen Epochen und Stilrichtungen singen. Die Chormitglieder, die im Zweiwochenrhythmus proben, müssen sich ihre Texte und Melodien als "Hausaufgabe" erarbeiten. In den Proben führt der Chorleiter dann die Stimmen zusammen.
Dass dieses Konzept funktioniert, stellte der Chor mit seiner Aufführung in Gronau eindrücklich unter Beweis: Mehrere sechsstimmige Sätze, versetzte Gesänge, Stücke im 6/8-Takt, schwedische, altrussische, französische sowie lateinische und deutsche Texte. Alle Gesänge harmonierten und die Texte waren gut verständlich. Die vom HR-2-Moderator Otto Lamadé geschrieben und von dessen Sohn Anton vorgetragenen Erläuterungen und Hinweise halfen auch dem nicht konzerterfahrenen Zuhörer, die Feinheiten zu entdecken. So konnte man die Mozart-Verehrung von Charles-Camille Saint-Säen in dessen Umsetzung des spätmittelalterlichen "Ave verum" heraushören und den altrussischen Kirchengesang "Tebe poem" von Pjotr Iljitsch Tschaikowski richtig genießen.
Abwechslungsreich
Abwechslung gab es bei dem Konzert nicht nur durch die Moderationen, sondern auch weil, einige Lieder von einem Frauenquintett vorgetragen wurden. Ausdrucksstark sangen Irene Sattler-Kadel, Ulrike Mükusch, Sandra Mühlfeld sowie Martina und Theresa Schütz unter anderem Robert-Schuhmann-Stücke wie "Wenn ich ein Vöglein wär" oder "Herbstlied". Bei Heinrich Kaminskis Bearbeitung des um 1600 entstanden Liedes "Maria durch den Dornwald ging" schmetterte der Gesamtchor die Refrains "Kyrie eleison" und "Jesus und Maria" zwischen den Strophen. Sowohl von der Lautstärke als auch von den Tonhöhen stellte das Konzert hohe Ansprüche an alle Chormitglieder.
Großer Spannungsbogen
Auch in der Auswahl der Stücke lag ein großer Spannungsbogen, sowohl die Epochen als auch die Stile betreffend. Allerdings rankten sich die meisten 21 vorgetragenen Kompositionen aus verschiedenen Jahrhunderten um das weihnachtliche Geschehen. So das Stück "O magnum mysterium" von Francis Poulenc, einem erst 1963 verstorbenen französischen Komponisten, den Kanon "Panis anglicus" von César Franck oder das Lied "Übers Gebirge Maria geht" von Johann Eccard, einem deutschen Komponisten des Frühbarocks.
Sehnsucht und Aufbruch
Weltliche Stücke der Romantik, die für ihre erzählende Kraft charakteristisch sind, ergänzten die Liederfolge. Drei Sätze von Clara Schumann mit den Titeln "Abendfeier in Venedig", "Vorwärts" und "Gondoliera", die aus der Lyriksammlung von Emanuel Geibel stammten, brachten Sehnsucht und Aufbruch klar zum Ausdruck. "Der Chor verzauberte die Zuhörer mit Dvoraks Fassung des Mährischen Volksliedes "Fliege, Vöglein", Carl Reinthalers "Komm Nachtigall" und Heinrich von Herzogenbergs musikalische Interpretation des Eichendorff-Gedichtes "In der Nacht". Auch "Justorum animae" des Iren Sir Charles Villiers Stanford sang der Chor sehr stimmungsvoll.
Den romantischen Abschluss bildete der Schwede Robert Sund mit "Gläns över sjö och Strand- Glanz überm Heiligen Land, Licht überm Meere", das mit den Worten endet "Strahlest so wunderschön, Stern über Bethlehem".
Danach lag der Schwerpunkt auf Weihnachtsliedern und der Chor interpretierte Max Bruchs "Wiegenlied der Hirten", das lateinisch-deutsche Werk "In dulci jubilo" von Michael Praetorius. Johann Eccards Satz von Martin Luthers "Vom Himmel hoch" und Gustav Schrecks Variante von Franz Xaver Grubers "Stille Nacht" versetzten die Zuhörer zum Abschluss in Weihnachtsstimmung.
Nach langanhaltendem Applaus sang der Chor als Zugabe "Locus isle" von Anton Bruckner. Beim Verlassen des kostenlosen Konzertes dankten die Besucher dem Chor mit großzügigem "Scheine-Rascheln" statt "Münzen-Geklimpere".
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