Die Front gegen die AfD wächst. Zehntausende Menschen demonstrieren am Wochenende in Deutschland gegen Rechtsextremismus. Das ist gut so, denn die AfD als die stärkste politische Kraft der rechten Hetzer entwickelt sich langsam zu einer Gefahr für die Demokratie. Mag sein, dass sie – anders als die durchgeknallten Verfassungsfeinde beim Geheimtreffen in Potsdam – nicht gleich Millionen Menschen mit Migrationshintergrund aus Deutschland ausweisen will. Aber im Prinzip sind das alles Brüder und Schwestern im Geiste, die unsere Demokratie abschaffen und ein autoritäres Regime wie in Ungarn oder Russland installieren möchten. Lupenreine Demokraten müssen sich dagegen wehren.
Denn der Erfolg der AfD mit ihrer politischen Hetze wird immer unheimlicher. Im September kann sie nach Einschätzung der Demoskopen alle drei Wahlen in Ostdeutschland gewinnen. An die Macht kommen wird die Partei aller Wahrscheinlichkeit nach nicht, aber ihr Einfluss dürfte wachsen. Etwa bei der Besetzung von Richterstellen. Dass Höcke & Co. nicht auf dem Boden der Verfassung stehen, freut den harten braunen Kern der Anhängerschaft natürlich, hält aber auch viele Protestwähler leider nicht davon ab, ihnen ihre Stimme zu geben.
Dafür sind aber auch die etablierten Parteien mitverantwortlich. Statt gemeinsam die AfD zu bekämpfen, schieben sich Ampel und Union lieber gegenseitig die Schuld zu und wollen nicht einsehen, dass ihr eigenes Versagen eine der Ursachen des Höhenflugs der AfD ist. Die Regierung ist schwach, die Opposition nicht stark – das lähmt die Demokratie.
Es wäre aber zu billig, nur mit dem Finger auf die Politik zu zeigen. Deshalb ist es so wichtig, wenn die Menschen mit ihrem Protest gegen die Rechten ein Zeichen setzen. Im Superwahljahr, das zu einem großen Protestwahljahr werden kann, wird es auf den Straßen enger. Ein Zeichen dafür, dass Demonstranten nicht nur aus Egoismus handeln, sondern für die Werte der Demokratie eintreten, die unser höchstes Gut ist.
Damit bilden sie den Gegenpol zum Protest der Landwirte. Diese einzelne Berufsgruppe versucht ohne Rücksicht auf Verluste, ihre eigenen Interessen gegen die Allgemeinheit durchzudrücken. Die bedingungslose Forderung, dass die Ampel alle Sparmaßnahmen zurücknehmen müsse, lässt keinen Raum für einen Kompromiss. Vielleicht muss man das an dieser Stelle noch mal sagen: Ohne Kompromisse funktioniert die Demokratie nicht. Die Frage muss schon erlaubt sein, mit welchem Anspruch die Bauern die Aufrechterhaltung der Subventionslandwirtschaft einklagen können. Die Hälfte ihrer Einkommen entfällt auf staatliche Subventionen. Und die sind eben nicht für alle Ewigkeit garantiert. Denn die Zeche muss der Steuerzahler begleichen.
Dass die AfD daraus Kapital schlagen will und sich als Trittbrettfahrer an die Proteste angehängt hat, ist keine Sensation. Sie fordert scheinheilig von der Ampel die Rücknahme der Subventionen. Die Bauernlobbyisten sollten studieren, was im Grundsatzprogramm der AfD steht: „Die AfD lehnt Subventionen generell ab.“
Wer weiter liest, merkt schnell, dass die AfD eine wirtschaftsfeindliche Partei ist, mit der sich zum Beispiel das Problem des Arbeitskräftemangels nicht durch mehr Zuwanderung lösen lässt. So viele „biodeutsche“ Kinder können die deutschen Frauen nicht gebären, wie sich das die AfD in ihrem Irrglauben vorstellt. Die Rechtspartei will auch nicht, dass Nicht-Deutsche die urdeutsche Scholle mitbewirtschaften. Dennoch hat bisher noch kein einziger Traktor die Parteizentrale der AfD blockiert.
Natürlich sind es nicht nur die Bauern, die gegen die Ampel protestieren, um ihre Partikularinteressen durchzusetzen. Auch die Gastronomen und Spediteure machen mit. In der Wirtschaft wollen alle mehr Geld, keiner will verzichten. Dass die Gesellschaft am rechten Rand ausfranst und dies für den Standort Deutschland Gift ist – darüber reden die Wirtschaftsbosse leider nicht. Sie sollten mal auf eine Demo gehen.
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Bergsträßer Anzeiger Plus-Artikel Kommentar Warum sich die Demokraten gegen die AfD wehren müssen
Zehntausende gehen am Wochenende auf die Straße gegen Rechtsextremismus.Ein Zeichen dafür, dass Demonstranten nicht nur aus Egoismus handeln, sondern für die Werte der Demokratie eintreten, die unser höchstes Gut ist