Kommentar Mannheim muss sich auf weiter steigende Flüchtlingszahlen vorbereiten

Steffen Mack hält Hoffnungen, in Berlin werde schon bald ein großer Kompromiss zwischen Regierung und Union die Flüchtlingszahlen senken, für naiv. Die Kommunen müssen selbst das wenige in ihrer Macht Stehende tun

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Steffen Mack
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In der Mannheimer Lokalpolitik geht eine berechtigte Angst um. Steigen die Flüchtlingszahlen weiter wie derzeit, könnte bei der Kommunalwahl im Juni 2024 stark die AfD profitieren – obwohl sie im Gemeinderat kaum in Erscheinung tritt und hier nicht mal einen eigenen Oberbürgermeister-Kandidaten aufstellte.

Da zeitgleich mit der Kommunal- auch wieder Europawahl ist, dürfte die politische Großwetterlage in der Tat eine gewichtige Rolle spielen. Hoffnungen, in Berlin könne nun eine Allianz aus Koalition und Union das Problem wie 1993 lösen, muten ziemlich naiv an. Zum einen kann man am Asylrecht schlecht noch weiter schrauben, es fällt unter die Ewigkeitsgarantie des Grundgesetzes. Das macht auch die Obergrenzen-Forderung der CSU sinnfrei. Stationäre Grenzkontrollen wären enorm aufwendig, aber wenig effektiv. Hilfreicher sind gezielte Einsätze gegen Schleuser. Es kann auch nicht angehen, dass angeblich polnische Stellen mittlerweile Flüchtlinge einfach nach Deutschland durchwinken.

Bald etwas mehr Vernunft?

Realistischerweise ist wohl lediglich zu hoffen, dass die politische Vernunft nach den anstehenden Wahlen in Bayern, Hessen und Polen wieder zunehmen wird. Dann kann man vielleicht an ein paar Stellschrauben drehen, die das Problem lindern. Aber von heute auf morgen lösen lässt es sich mit Sicherheit nicht.

Nicht nur in Mannheim sind Lokalpolitiker daher gut beraten, das wenige in ihrer Macht Stehende dagegen zu tun. Wie die Kaninchen auf die Schlange nach Berlin zu schauen, bringt nichts. Am wichtigsten ist die Unterbringung. Turnhallen sind nicht nur menschenunwürdig. Mit ihnen wird auch der Unmut in der Bevölkerung geschürt, wenn sie Vereinen und Schulen nicht mehr zur Verfügung stehen. Hier muss man frühzeitig Alternativen suchen, seien sie noch so teuer. Da sollten – und in einem Großwahljahr wie dem nächsten werden sie das erfahrungsgemäß auch – Bund und Ländern den Kommunen deutlich mehr Geld geben.

Immerhin sind wir von den Zuständen 2015/16 noch weit entfernt. Und einige Fehler, die damals gemacht wurden, lassen sich jetzt hoffentlich vermeiden. Dazu sollte vor allem ein besseres Konfliktmanagement gehören, wenn es in der Umgebung von Flüchtlingsunterkünften zu Schwierigkeiten kommt.

Generell gilt, in Mannheim wie überall: Man muss das Problem sehen, aber nicht größer machen als es ist. Rechtsextreme Parteien kurzfristig zurückzudrängen, indem man ihre Parolen übernimmt, hat noch nie funktioniert.

Redaktion Steffen Mack schreibt als Reporter über Mannheimer Themen