Es sind katastrophale Zeiten – menschlich wie politisch. Zunächst der Ukraine-Krieg, bei dem noch kein Ende absehbar ist, dazu zahlreiche Konflikte, vor allem in Afrika. Als wäre das nicht schlimm genug, kam am 7. Oktober der barbarische Angriff von Hamas-Terroristen auf unschuldige Zivilisten in Israel hinzu. Und auch der Reaktion Israels fallen nicht nur die Terroristen und ihre Unterstützer zum Opfer, sondern auch zahlreiche Zivilisten – darunter viele Kinder. Die Weltgemeinschaft ringt, Politiker reisen in den Nahen Osten, verhandeln und tun alles in ihrer Macht stehende, um den befürchteten Flächenbrand zu verhindern. In dieser weltpolitisch aufgeheizten Phase rücken andere Nachrichten naturgemäß in den Hintergrund.
Eine davon ist ein Report der Universität der Vereinten Nationen in Bonn. Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen warnen darin vor Kipppunkten, vor dem Kollaps wichtiger Systeme. So droht laut UN-Bericht das Artensterben derart zu eskalieren, dass ganze Ökosysteme zerstört werden könnten. Auch Klima-Kipppunkte finden sich im Report: etwa die Gletscherschmelze oder unerträgliche Hitze, die weitere Regionen auf diesem Planeten unbewohnbar und Millionen Menschen heimatlos machen könnte.
Das Dramatische an den Kipppunkten: Eine Wiederherstellung des alten Gleichgewichts ist nicht möglich. Vergleichbar einem Auto, das auf einen Abgrund zufährt und dann abstürzt. Ist es einmal über dem Kipppunkt und im freien Fall, wird es nichts mehr stoppen können.
Die Kipppunkte verschwinden nicht
Leider handelt es sich bei diesen Szenarien nicht um Horrovisionen von Weltuntergangssekten, sondern um valide Datenanalysen renommierter Forscherinnen und Forscher. Zwar ist das genaue Eintreten dieser Kipppunkte nicht seriös vorherzusagen, aber eines ist sicher: Es gibt diese Kipppunkte, sie unterliegen den Gesetzen der Physik, und sie verschwinden auch nicht, wenn wir sie nicht wahrhaben wollen.
Sie zu bekämpfen, die großen strategischen Ziele des Klima- und Artenschutzes auch in der aktuellen Krisenzeit im Auge zu behalten, ist eine der dringlichsten und gleichzeitig wohl langwierigsten Aufgaben, vor denen Politiker und Politikerinnen in aller Welt stehen. Denn sollte die Menschheit nicht (rechtzeitig) handeln, wird das unseren Lebensraum und den der nachfolgenden Generationen dramatisch verändern – und viele weitere gewaltsame Konflikte auslösen.
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Bergsträßer Anzeiger Plus-Artikel Kommentar Kipppunkte nicht verdrängen!
Madeleine Bierlein über den UN-Report zu Kipppunkten und Klimaschutz in Krisenzeiten