Hin und wieder geht es im Sport nicht nur ums Ergebnis, sondern auch um ein Gefühl. Und das stimmte in den vergangenen Wochen, wenn man sich die deutschen Handballer bei der Heim-EM ansah. Es stand eine Mannschaft auf dem Feld, in der jeder für jeden da war, in der individuelle Fehler und auch Defizite durch Zusammenhalt und Teamgeist ausgeglichen wurden.
Die Auswahl des Deutschen Handballbundes (DHB) punktete mit Leidenschaft, Kampfkraft und Disziplin. Sie begeisterte sogar Massen. Aber: So wichtig es zuletzt für den Handball auch war, Euphorie zu entfachen und Aufmerksamkeit zu erhalten. Komplett ignorieren lassen sich die Resultate nicht.
Die deutsche Mannschaft verpasste trotz des Heimvorteils und einer nicht ganz so schlechten Auslosung erneut eine Medaille. Sie verlor die letzten drei Spiele, schlug wieder keine Topnation und unter dem Strich stehen den vier EM-Niederlagen auch nur vier Siege gegenüber. Dazu kommt ein schmeichelhaftes Unentschieden gegen Österreich. Das klingt bei einer kritischen Gesamtbetrachtung weniger nach Halbfinale, sondern eher nach Durchschnitt.
Im März steht die Olympia-Qualifikation an, eine Teilnahme an den Spielen in Paris ist Pflicht für das DHB-Team und Bundestrainer Alfred Gislason, dessen Vertrag mit einem Scheitern in der Quali sofort enden würde.
Der Isländer hat fraglos einen Umbruch vollzogen. Zumindest auf dem Papier. Sieben Spieler im EM-Kader sind 23 Jahre alt oder jünger. Wichtige Rollen nehmen bislang aber nur Juri Knorr und Julian Köster ein. Dieses Turnier hat allerdings auch gezeigt, dass die halbrechte Position künftig dem 21-jährigen Renars Uscins gehören muss. Er kam aber erst so richtig zum Zug, als Routinier Kai Häfner abreiste. Nils Lichtlein wiederum ist Stammkraft beim Topclub Füchse Berlin und wurde zum besten Spieler der Junioren-WM gewählt, schaute bei der EM aber meistens zu.
Wenn man ehrlich ist und sich vom Halbfinaleinzug nicht blenden lässt, endet dieses Turnier nicht nur mit guten, sondern mit gemischten Gefühlen. Denn in diesem Team steckt sehr viel Zukunft. Manch einer der Jungen ist dem Talentstatus entwachsen, wurde aber trotzdem wenig eingesetzt. Es bleibt die Frage, ob so der Aufbruch in eine neue Epoche tatsächlich gelingt.
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Bergsträßer Anzeiger Plus-Artikel Kommentar Gemischte Gefühle
Marc Stevermüer zieht eine deutsche EM-Bilanz