Kommentar Entscheidet Brandenburg über das Schicksal von Olaf Scholz?

Bei den Landtagswahlen in Brandenburg geht es nächste Woche nicht nur darum, ob Dietmar Woidke Ministerpräsident bleibt. Geht die rote Bastion der SPD verloren, dürfte auch der Bundeskanzler in den Strudel geraten

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Walter Serif
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Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke setzt bei der Landtagswahl nächste Woche alles auf eine Karte. Für den SPD-Amtsinhaber zählt nur der Sieg, sonst will er abtreten. Der frühere Bayern-Trainer Louis van Gaal würde dieses politische Match als ein „Gladiolen oder Tod“-Spiel bezeichnen. Woidke ruft damit alle Demokraten dazu auf, für seine SPD zu stimmen, damit die rechtsextreme AfD nicht wie in Thüringen auf Platz eins landet. Diese Strategie hat sein CDU-Kollege Michael Kretschmer vor zwei Wochen in Sachsen angewandt – mit Erfolg.

Dies muss nicht heißen, dass das auch in Brandenburg klappt. In der aktuellen Umfrage der Mannheimer Forschungsgruppe Wahlen liegt die SPD immerhin drei Prozentpunkte hinter der AfD. Da viele Brandenburger sich noch nicht entschieden haben, welche Partei sie wählen werden, besteht für Woidke noch die Chance, dass er diesen Rückstand aufholt. Nur: Seine Ansage an die Brandenburger ist an Klarheit nicht zu überbieten: Wer will, dass er im Amt bleibt, muss für die SPD und damit gegen die AfD stimmen.

Woidke will die rote Bastion Brandenburg nicht verlieren

Dass der populäre Ministerpräsident seine Karriere mit dem Ausgang der Landtagswahl verknüpft, ist jedenfalls ein ziemlich riskantes Manöver. Ob das im Sinne seiner Partei und der regierenden Kenia-Koalition ist, liegt im Auge des Betrachters. Die Grünen werfen Woidke einen Egotrip vor, der auf ihre Kosten gehen könnte. Im schlimmsten Fall würden sie aus dem Landtag fliegen, wenn bei der politischen Entscheidungsschlacht die kleinen Parteien unter die Räder kommen.

Dass Woidke so hoch pokert, hängt natürlich auch damit zusammen, dass er keine Lust hat, in die Geschichte einzugehen als jener Politiker, der die rote Bastion Brandenburg verliert, in der die Wählerinnen und Wähler seit 1990 immer einen SPD-Spitzenkandidaten zum Ministerpräsidenten auserkoren haben. Kontinuität ist auch beim Personal angesagt. Vor Woidke gab es mit Manfred Stolpe und Matthias Platzeck nur zwei Landeschefs, die übrigens nicht abgewählt wurden, sondern von ihrem Amt zurücktraten. Eine Niederlage an der Wahlurne wäre also ein Novum und für Woidke eine persönliche Schmach.

Weil der Ministerpräsident als klassischer Landeschef ohne bundespolitische Ambitionen auftritt, ist es kein Wunder, dass sich der 1,96-Meter-Mann immer wieder den Berlinern anlegt. Natürlich hat er keine Lust, von den Brandenburgern für das Trauerspiel der Ampel und der Bundes-SPD in Mithaftung genommen zu werden.

Bei einer Niederlage wird es für Kanzler Scholz brenzlig

Deshalb hat Woidke auch Kanzler Olaf Scholz praktisch ein Auftrittsverbot in Brandenburg verpasst. Und damit nicht genug: In der Asyl-Debatte schlägt der Ministerpräsident für einen Sozialdemokraten recht ungewöhnliche Töne an, die man sonst eher bei der CDU verortet. Ob das politischer Opportunismus ist? Die Brandenburger SPD und ihr Frontmann haben auch in der Vergangenheit einen eher pragmatischen Kurs verfolgt und decken den Realo-Flügel ab. Von daher ist es keine Überraschung, dass Woidke beim Thema Migration anders tickt als die Sozialdemokraten in Berlin.

Falls es aber schiefgeht, dann ist nicht nur Dietmar Woidkes Karriere beendet. Bei einer Niederlage könnte es auch für den Bundeskanzler brenzlig werden. Dann hätte die SPD – die Europawahl eingerechnet – vier Abstimmungen in dreieinhalb Monaten verloren. Gegenwärtig liegt die Bundespartei im Politbarometer rund zehn Prozentpunkte hinter dem Wahlergebnis von 2021. Scholz beschwört seine SPD, dass er wie damals einen fulminanten Endspurt hinlegen kann. Ob ihm das die Genossen wirklich glauben? Von der Antwort auf diese Frage hängt das politische Schicksal von Olaf Scholz ab.

Redaktion Reporter für Politik und Wirtschaft

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