Kommentar Eine Cannabis-Legalisierung mit Augenmaß ist richtig

Eine Freigabe der weichen Droge kann positive Effekte haben, meint Christian Unger.Zu viele Regularien könnten dabei aber hinderlich sein.

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Christian Unger
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Wie wenig effektiv die deutsche Drogenpolitik ist, zeigt ein Blick auf die Zahlen: Vier Millionen Menschen zwischen 18 und 64 Jahren haben 2021 Cannabis konsumiert. Und gerade bei jungen Menschen, die besonders geschützt werden sollten vor den Gesundheitsrisiken durch übermäßiges Kiffen, steigt die Zahl der Konsumenten deutlich an. Jeder Vierte zwischen 18 und 25 Jahren gab an, in den letzten zwölf Monaten Gras geraucht zu haben. Das Verbot von Cannabis in Deutschland zeigt keine Wirkung. Wer rauchen will, macht es trotz Drohungen von Politik und Polizei. Und muss dafür auf den illegalen Markt. Das birgt Risiken. Deshalb ist es Zeit für eine Drogenpolitik, die nicht auf härtere Strafen und mehr Polizeikontrollen setzt – sondern ein Gesetz, das das Rauchen in bestimmten Grenzen und unter klaren Vorgaben legal macht. Und genau diesen offenen Umgang eng mit Angeboten für Suchtkranke und Aufklärungskampagnen für junge Menschen verbindet.

Der Vorstoß von Sozialdemokraten, Grünen und FDP ist richtig. Cannabis muss legal werden. Das drängt nämlich den gefährlichen Schwarzmarkt zurück, entkriminalisiert harmlose Konsumenten – und hilft sogar Suchtkranken. Allerdings nur wenn das Gesetz klug ausgestaltet ist. Der Vorstoß der Ampelkoalition hat etliche Reglementierungen. Abgabestellen müssen zertifiziert sein, diese Lizenzen kontrolliert werden. Auch Mehr-Mitgliedschaften in den Cannabis-Clubs, die die Droge ausgeben sollen, sind verboten. Für das Gras gelten Reinheitsgebote. All das ist richtig, damit der Konsum kontrolliert ist. All das birgt das Risiko, dass eine Legalisierung light mehr Probleme als Lösungen bringt.

Denn: Je regulierter und komplizierter der Zugang zu Haschisch und Marihuana bleibt, desto mehr wird vor allem einer weiterhin profitieren: der illegale Dealer. Auch eine Obergrenze für THC, den Wirkstoff von Marihuana und Haschisch, ist riskant – denn Konsumenten könnten weiterhin auf dem illegalen Markt den „härteren Stoff“ besorgen. So verpuffen die gewünschten Effekte, etwa weniger Arbeit für Polizei und Justiz sowie der Kampf gegen den illegalen Markt.

Das alles macht deutlich: Wichtiger als eine Regulierung der Legalisierung bis ins letzte Gramm Haschisch sind vor allem Bildung, Aufklärung und Prävention. Junge Menschen müssen wissen, dass Cannabis-Konsum nicht harmlos ist. Schulen sind oft Orte, an denen Jugendliche an Drogen herangeführt werden. Genau hier muss die Prävention ansetzen, Aufklärung über Sucht und die Folgen gehört regelmäßig auf den Lehrplan. Genauso wie es bei Zigaretten, Alkohol und synthetischen Drogen wie Ecstasy auch sein sollte.

Da hat das Bildungswesen in Deutschland Nachholbedarf. Auch die neuen „Cannabis-Clubs“ und Abgabevereinigungen müssen die Gesundheit der Konsumentinnen und Konsumenten im Blick haben und dürfen sich nicht als verqualmte Hippie-Buden entpuppen.

Eine Legalisierung von Cannabis mit Augenmaß ist richtig. Drogenkonsum ist kein Grund zum Jubeln. Er ist aber Alltag. Die Angst vor den gesundheitlichen Risiken (die es gibt!) darf nicht dazu führen, dass wir in einem Joint nur noch eine Bedrohung sehen – dann halt eine legale. Maximilian Plenert vom Verein akzept e.V., der sich für eine „humane Drogenpolitik“ einsetzt, bringt es gut auf den Punkt: „Cannabis wird legal, normal und langweilig. Cannabis ist weder Brokkoli noch waffenfähiges Plutonium.“

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