Kommentar Diese DFB-U-17 ist ein Vorbild für Nagelsmann

Die deutschen U-17-Fußballer stehen im WM-Finale. Von dieser widerstandsfähigen Mannschaft kann sich die A-Auswahl des DFB einiges abschauen, meint Marc Stevermüer

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Marc Stevermüer
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Es ist erst eine Woche her, da sprach Fußball-Bundestrainer Julian Nagelsmann einen Satz, der seinem Vor-Vorgänger Joachim Löw niemals über die Lippen gekommen wäre. Unter dem Eindruck der schockierenden Auftritte seiner Elf gegen die Türkei und in Österreich merkte der 36-Jährige an, dass er bei seiner Mannschaft die „deutschen Tugenden“ vermisse. Dem Bundestrainer schwebt also mehr Athletik und weniger Ästhetik vor.

Löw wiederum kann diese Debatte „nicht mehr hören“, wie er gerade erst sagte. „Kampfgeist, Einsatzbereitschaft und Herzblut“ sind seiner Meinung nach Elemente, die mittlerweile jede Mannschaft der Welt beherrsche. Als eine Art Grundvoraussetzung. Ein Problem ist es allerdings, wenn dieses Fundament schlichtweg Risse hat. So wie bei Nagelsmanns Auswahl.

Wück setzt bewusst aufs Verteidigen

Nun gibt es in diesen Tagen aber tatsächlich so etwas wie Hoffnung für den deutschen Fußball. Verkörpert durch ein Team, das kicken und kämpfen, das sich auf den Gegner und die Anforderungen einstellen, das Widerstände überwinden und den Kontrahenten vor Probleme stellen kann. Es ist die U 17, die am Sonntag das WM-Finale bestreitet. Ein großer Erfolg, der nicht auf Zufall basiert. Denn diese Elf wurde auch Europameister.

Trainiert wird diese Mannschaft vom ehemaligen Bundesligaspieler Christian Wück, der in der „Süddeutschen Zeitung“ zuletzt recht deutlich wurde. Im Nachwuchsbereich sei auch bei Abwehrspielern lange Zeit „nur Wert auf spielerische Grundlagen“ gelegt worden. Er selbst aber widersetzte sich diesem Trend. „Mit diesem Jahrgang sind wir vor drei Jahren zu dem Entschluss gekommen: Das ist jetzt erst einmal egal. Wir wollen Spieler finden, die verteidigen können, die Mentalität und Überzeugung haben!“ Bei Worten wie diesen möchte man eigentlich das Gesicht von Löw dazu sehen. Man kann es sich aber vorstellen.

Vorbild für Nagelsmanns Elf

Den EM-Titel holte die U 17 mit einer Gegentorquote von 0,8, bis zum spektakulären Halbfinale gegen Argentinien kassierten die DFB-Talente auch bei der WM im Schnitt weniger als einen Treffer pro Partie. Das sind Zahlen, von denen Nagelsmann träumt - und die den ohnehin bekannten Wert von defensiver Ordnung und Stabilität verstärken.

Wer nun aber glaubt, der Erfolg dieses Teams beruhe allein auf einer funktionierenden Verteidigung und Nervenstärke beim Elfmeterschießen (Kleiner Exkurs: Ob diese Nervenstärke auch noch bei der A-Nationalmannschaft vorhanden ist, weiß man nicht. Dazu müsste sie eine K.o.-Runde erreichen), der täuscht sich gewaltig. Vom 1:0 im Viertelfinale gegen Spanien abgesehen, erzielte dieses Team in jedem WM-Spiel drei Treffer. Was zu der Erkenntnis führt: Wer leidenschaftlich kämpfen und noch dazu gut kicken kann, der hat gute Voraussetzungen.

Doch zurück zur A-Nationalmannschaft: Eben dieser geht seit einiger Zeit die Widerstandsfähigkeit ein wenig ab, was ganz grundsätzlich keine schlechte Nachricht sein muss. Denn Grundwissen lässt sich normalerweise recht schnell wieder auffrischen.

Redaktion Handball-Reporter, Rhein-Neckar Löwen und Nationalmannschaft

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