Meisterschaft: Europas schwerster Kürbis wiegt über eine Tonne

Die schwersten Kürbisse aus ganz Europa werden alljährlich in Ludwigsburg gewogen. Dieses Jahr brachte der Gewinner-Kürbis stolze 1.152 Kilogramm auf die Waage. Wie das zu schaffen ist, verrät der Deutsche Meister

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Martin Oversohl
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Bei der Europameisterschaft im Kürbiswiegen treten Riesenkürbisse gegeneinander an. © Christoph Schmidt/dpa

Ludwigsburg. Groß, größer, am größten heißt es für Kürbiszüchterinnen und Kürbiszüchter aus ganz Europa Jahr für Jahr in Ludwigsburg. Zur Europameisterschaft im Kürbiswiegen reisen sie stets mit schwerem Gepäck, um sich im Kampf um den Titel buchstäblich zu messen. Am Saisonfinale in Ludwigsburg nahmen unter anderen Züchterinnen und Züchter aus Deutschland, Polen, Österreich, der Schweiz, Frankreich und teil - mit Kürbissen, die nicht selten über eine Tonne Gewicht auf die Waage bringen. 

Der fetteste Kürbis in diesem Jahr kommt aus Belgien: Das Exemplar von Mario van Geel brachte stolze 1.152 Kilogramm auf die Waage. Aber wie wird ein Kürbis so groß? Ist da Doping im Spiel? Und was geschieht nach dem Wiegen mit dem Fruchtgemüse? Der amtierende Deutsche Meister Matthias Würsching verrät seine Tricks.

Was unterscheidet den Riesenkürbis vom Kürbis am Marktstand?

Riesenkürbisse (Cucurbita maxima) sind in der Familie der Kürbisgewächs eine eigene Pflanzenart, bei der es vor allem um eines geht: um die Größe. Zu dieser Sorte gehört der «Atlantic Giant», der im Normalfall 25 bis 50 Kilogramm schwere Früchte ausbildet und mit dem auch die Weltrekorde erzielt werden. Geerntet werden die riesigen Exemplare im September und Oktober. Sie haben zwar einen hohen Wasseranteil, aber trotzdem festes Fruchtfleisch in gelboranger Farbe. 

Wer ist Weltrekordhalter?

In Ludwigsburg ging es zwar erneut nur um den Titel des Europameisters. Aber natürlich will jeder Züchter auch den Weltrekord knacken. Der aktuelle Rekord dieses volkssportähnlichen Gartenspaßes liegt bei 1247 Kilogramm. So schwer war der Kürbis, den der US-amerikanische Kürbiszüchter Travis Gienger aus Minnesota im vergangenen Jahr präsentierte. Den Bestwert stellte der Gartenbaulehrer mit seinem Koloss beim Kürbiswiegen im kalifornischen Half Moon Bay auf.

Weltschwerste Kürbisse sind aber auch in Europa bereits gewachsen. Im Jahr 2016 holte der Belgier Mathias Willemijns den Weltrekord mit 1190,5 Kilogramm. Und auch ein Italiener war schon an der Spitze der Kürbiszüchter. Stefano Cutrupis Kürbis brachte 2021 ganze 1226 Kilo auf die Waage. 

Wie haben die Deutschen bei der EM abgeschnitten?

Der Deutsche Meister Matthias Würsching aus Hessen belegte in Ludwigsburg den zweiten EM-Platz mit 997,5 Kilo. Sein Kürbis wog bei den Meisterschaften vor einer Woche noch 1.005 Kilogramm. Er ist leichter geworden? «Ja, in der ersten Woche nach dem Schnitt verliert ein Riesenkürbis an Gewicht durch Verdunstung», sagt der Züchter aus Einhausen nahe Worms. Auch David Frommelt aus Bayern (949,5 Kilogramm) landete als Dritter auf dem Treppchen. Aus Bayern stammt übrigens auch der entthronte Europameister, der Student Luca Stöckl. Seine Züchtung wog im vergangenen Jahr 1.041,5 Kilogramm. 

Auch Astrid Ritter aus Brandenburg erhielt einen Preis: Ihr Kürbis wog zwar «nur» 205,6 Kilogramm, war aber in den Augen der Jury besonders schön. Dafür erhielt Ritter den Howard-Dill-Award - benannt nach dem «Vater des Riesenkürbiszüchtens», Howard Dill, aus Kanada.

Werden die Teilnehmer-Kürbisse denn von Jahr zu Jahr schwerer?

Ja, tatsächlich hat kein Rekord lange Bestand. «Die Züchter verbessern ihr Saatgut Jahr für Jahr, sie tauschen die guten Kerne, bestäuben per Hand, kreuzen die größten Kürbisse der Champions», sagt der dreifache Deutsche Meister Würsching. Sein erster Kürbis in Ludwigsburg war im Jahr 2006 noch 385 Kilo schwer, das ist nur fast ein Drittel des heutigen Gewichts. Im vergangenen Jahr reichten dem Hessen in Ludwigsburg 967 Kilo zum deutschen Titel, in diesem Jahr waren es knapp 50 mehr. 

Wie können Kürbisse solche Dimensionen annehmen? 

Tricks und Handwerk, das ist alles. «Genmanipulation ist da keine im Spiel», sagt Würsching. Die Samen seien das A und O beim erfolgreichen Züchten von Riesenkürbissen. Bei fast allen Rekordkürbissen der vergangenen Jahre handelt es sich um Vertreter der Sorte «Atlantic Giant». Rekordgärtner raten auch, die Samen Ihrer Riesenkürbisse vorab für sechs bis sieben Stunden in kaltes Wasser zu legen. Nur Saatgut, das aufsteigt und oben schwimmt, ist keimfähig. 

Und das Wetter?

Natürlich spielt auch das Wetter eine Rolle: Ein solcher Kürbis braucht täglich bis zu 500 Liter Wasser und viel Sonne, aber auch nicht zu viel. Denn zu schnell darf er auch nicht wachsen, dann kann er Risse bekommen.

Und das reicht schon?

Sicher nicht. Es gibt etwa Züchter, die ihren Kürbis auf dem Miststock wachsen lassen. Zudem brauchen sie viel Platz: Auf dem Kürbishof seiner Familie bietet Würsching, eigentlich Kämmerer seiner Gemeinde, seinem Titelkandidaten rund 80 Quadratmeter. «Da darf dann nur ein Kürbis wachsen. Ihm schneide ich auch die überflüssigen Triebe ab, sonst geht zu viel Kraft in die Pflanze», erklärt er. Die eigentliche Wachstumsphase dauert rund 100 Tage, an denen die Pflanzen teils bis 25 Kilo am Tag zulegen. 

Was passiert mit all den Ludwigsburger Kürbissen?

Das jährliche Kürbiswiegen in deutscher und internationaler Konkurrenz ist Teil der Kürbisausstellung am Residenzschloss in Ludwigsburg - und die endet am 3. November mit einem Schlachtfest. Dann werden zahlreiche Kürbisse auf dem Areal zerschnitten und verspeist. Anders als etliche andere Kürbisse sind die Kolosse vom Wettwiegen nichts für Feinschmecker.

Sie schmecken nach Angaben der Veranstalter nicht besonders lecker, weil sie aus viel Wasser bestehen. Geschlachtet werden sie dennoch. Wichtig sind dann vor allem die Kerne, die sich die Züchter vorab aber auch selbst in großer Zahl sichern zum Verkauf oder Tausch. dpa

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