Erinnerungskultur

Grabstätten von Prominenten: Digital über den Heidelberger Bergfriedhof wandeln

Der Heidelberger Bergfriedhof bietet jetzt digitale Führungen durch seine historischen Grabstätten und thematischen Rundwege.

Von 
Uwe Rauschelbach
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Einige eindrucksvolle Gräber warten auf den Besucher auf dem Bergfriedhof – wie das Grab des ersten Reichspräsidenten Friedrich Ebert © Jegliche Verwendung ist honorarpflichtig und nur zu journalistischen/publizistischen Zwecken gestattet.

Heidelberg. Der Heidelberger Bergfriedhof ist kein Ort wie jeder andere. In Hanglage dem schnöden Weltgetümmel enthoben, erstreckt sich über eine Fläche von rund 15 Hektar eine weitläufige Parkanlage, durch die man über gewundene Pfade und Treppen durchs Grüne wandeln und die einschlägigen Grabstätten aufsuchen kann. Jetzt hat die Stadt Heidelberg einen zusätzlichen Service eingerichtet: Das rund 20 Kilometer lange Wegenetz mit seinen vier thematisch gestalteten Rundwegen ist nun auch digital verfügbar.

Über einen QR-Code an den Anzeigetafeln kann der Besucher per Smartphone die Seite aufrufen und in der linken Leiste bei den Rundwegen des Bergfriedhofs einen Haken setzen. Wenn man die Karte, die den Bergfriedhof nun zeigt, ausreichend vergrößert, kann man die unterschiedlich gefärbten Linien für die Rundwege erkennen sowie Zahlen, die einzelnen Gräbern zugeordnet sind.

Friedrich Ebert, Hilde Domin, Wilhelm Furtwängler sind auf Heidelberger Bergfriedhof begraben

Wenn man die Zahlen anklickt, erhält man ausführliche Informationen zu Grabstätten und bestatteten Persönlichkeiten, unter denen auf dem Heidelberger Friedhof zahlreiche prominente Namen zu entdecken sind: Berühmtheiten wie Reichspräsident Friedrich Ebert, Dichterin Hilde Domin, Dirigent und Komponist Wilhelm Furtwängler oder Soziologe Max Weber haben hier ihre letzte Ruhestätte gefunden.

„Der Bergfriedhof ist ein besonderer Ort in Heidelberg“, begründet der Heidelberger Umweltbürgermeister Raoul Schmidt-Lamontain, warum Interessierte künftig einen Rundgang durch das Gelände unternehmen können, ohne einen Fuß in den Park zu setzen. Die Texte wurden um Aspekte der Stadtgeschichte ergänzt und sollen ein möglichst umfassendes Bild von der 1844 eröffneten Begräbnisstätte mit dem 1891 in Betrieb genommenen und damit zweitältesten Krematorium in Deutschland vermitteln. Sie gilt als einzigartiges Ensemble aus Geschichte, Natur und Erinnerungskultur. Die in Heidelberg lebende finnische Historikerin Leena Ruuskanen hat auf der Grundlage ihres Beitrags „Der Heidelberger Bergfriedhof im Wandel der Zeit“, der 2008 in der Schriftenreihe der Stadt publiziert worden ist, entsprechende Informationen zusammengetragen.

Digital abrufbare Informationstexte

So wird in Zusammenhang mit der Grabstätte des Chemikers Robert Wilhelm Bunsen auf den Siegeszug der Naturwissenschaften in Heidelberg in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts angespielt. Sichtbares Zeichen hierfür sei, so der digital abrufbare Informationstext, das 1855 in der Plöck 55 fertiggestellte Laboratorium, das sich als Anziehungspunkt für Studenten aus der ganzen Welt entwickelt habe.

Bergfriedhof in Heidelberg

Die Seite mit dem virtuellen Spaziergang durch den Heidelberger Bergfriedhof lässt sich über geoweb.heidelberg.de/geoportal/ öffnen.

In der Karte sind die vier thematischen Rundwege mit Zahlen eingezeichnet, die die Grabstätten beziffern. Die Zahlen sind mit Informationen über Grabstätte, Persönlichkeiten, biografischen Angaben und stadtgeschichtlichen Bezügen verknüpft.

Der 1844 eröffnete Bergfriedhof ist einer von 17 Begräbnisstätten in Heidelberg und erhielt im März 2020 den Titel des immateriellen Unesco-Kulturerbes .

Einen gedruckten Friedhofswegweiser gibt es kostenlos bei den Heidelberger Bürgerämtern.

Die vier Rundgänge, die man auf dem Gelände unternehmen kann, sind in vier Themenbereiche gegliedert: Der erste Rundgang gilt dem ältesten Teil des Friedhofs und präsentiert die historisch bedeutsamsten und ältesten Grabstätten. Der zweite Rundgang vermittelt einen Eindruck von der architektonischen und kulturellen Entwicklung des Friedhofs in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Am dritten Rundgang ist die südöstliche Friedhofserweiterung dokumentiert, die zwischen 1889 und 1893 vorgenommen wurde. Der vierte Rundgang eröffnet einen Einblick in den naturnahen Bereich des Bergfriedhofs und zeigt auf, wie sich der Friedhof im Lauf des 20. Jahrhunderts weiterentwickelt hat.

Geführte Spaziergänge über den Mannheimer Bergfriedhof einmal im Monat

Doch selbst wenn der virtuelle Friedhofsbesuch durchaus wichtige Informationen vermittelt, bietet das Landschafts- und Forstamt auch künftig geführte Spazier- und Rundgänge an. Diese finden einmal monatlich dienstags, jeweils 16 Uhr, statt, so am 24. Juni, 8. Juli, 12. August, 16. September und 7. Oktober. Erstmals werden in diesem Jahr auch Führungen im städtischen Krematorium angeboten, und zwar dienstags am 15. Juli und 4. November. Die Termine für die geführten Rundgänge zu den historischen Denkmälern sind am 3. und 22. Juni, jeweils 14.30 und 16.30 Uhr. Die Anmeldungen für die geführten Spaziergänge und Führungen werden über das Online-Buchungsportal natuerlich.heidelberg.de vorgenommen.

© Jegliche Verwendung ist honorarpflichtig und nur zu journalistischen/publizistischen Zwecken gestattet.

Zwar kann man den digitalen Rundgang durch den Bergfriedhof nicht nur per Smartphone absolvieren, sondern auch am heimischen Rechner, indem man die entsprechende Seite öffnet. Allerdings dürfte das virtuelle Erlebnis nicht den realen Besuch ersetzen. Der Geruch von frischem Grün nach einem Regenguss, das Vogelgezwitscher in den Zweigen und die zahlreichen Bänke, die zu einer Pause unter den Schatten spendenden Bäumen einladen, machen den Spaziergang über den Bergfriedhof zu einem Ausflug in einen Teil der städtischen Natur und Erinnerungskultur. Er wurde 2020 unter den insgesamt 17 Heidelberger Friedhöfen zum immateriellen Unesco-Kulturerbe ernannt.

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