Interview

Glücksgefühle Festival 2025: Warum ein Festival heutzutage „eigentlich gestört“ ist

Das Glücksgefühle Festival 2025 steht an. Veranstalter Markus Krampe spricht über die Festival-Krise und erklärt, warum er Xavier Naidoo nicht einladen würde.

Von 
Jörg-Peter Klotz
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Glücksgefühle-Veranstalter Markus Krampe auf der Bühne bei seiner „80er Live!“-Party im Deutsche Bank Park in Frankfurt. © Rudolf Uhrig

Hockenheim. Andernorts kriseln oder sterben Musikfestivals – das von Fußball-Weltmeister Lukas Podolski und Party-Großveranstalter Markus Krampe ist auch bei der dritten Auflage von Glücksgefühle ab 12. September auf dem Hockenheimring nur noch 1000 Karten vom Ausverkauft-Status entfernt. Im Interview erklärt der Gummersbacher Musikmanager diesen Erfolg und spricht über Apache 207, Xavier Naidoo und seinen Ex-Klienten Michael Wendler.

Herr Krampe, außer bei den ganz großen, etablierten Marken beobachten wir seit Jahren eine Festivalkrise, viele geben sogar auf. Wie haben Sie es geschafft, gegen alle Trends mit Glücksgefühle ein großes Event neu zu etablieren? Noch dazu auf dem Hockenheimring, der mit seiner Motodrom-Ästhetik nicht unbedingt automatisch Glückshormone freisetzt?

Markus Krampe (lacht): Ehrlicherweise muss ich Ihnen recht geben: Dass man in der heutigen Zeit überhaupt noch ein Festival macht, ist eigentlich gestört. Aber Lukas Podolski und ich haben das ja schon vor Corona vorgehabt. Wir wollten immer mal etwas Großes machen, aber nicht am Hockenheimring. Dann kam die Pandemie. Wir wollten in Köln essen gehen – und alles war geschlossen. Wenn dieser Scheiß mal vorbei ist, dann setzen wir es in die Tat um und dann machen wir was richtig Großes. So entstand dann später der Name Glücksgefühle. Der Name kam uns tatsächlich, als wir Fußball geguckt haben. Bayern München gegen Neapel – eines der Geisterspiele ohne Zuschauer. Und der Moderator hat immer gesagt: „Was werden das für Glücksgefühle sein, wenn wir wieder Zuschauer auf der Tribüne sind?“ Damit war der Name geboren. Aber zuerst sollte das ein Partyspektakel werden - Schlager, Ballermann schon fast, aber riesengroß, weil ich mit dem Hockenheimring immer über Ballermann gesprochen habe und wir aus diesem Bereich kommen. Aber dann dachte ich, dass die Gegend dafür vielleicht nicht so ganz geeignet ist. Dann habe ich überlegt und Poldi vorgeschlagen: „Komm, lass uns doch mal ein Festival machen.“ Aber ich hatte selbst vorher noch nie so etwas veranstaltet. Das war für mich auch eine Premiere, für Poldi erst recht (lacht). Aber wir bekommen überall zurückgespiegelt, dass es gut ankommt, dass es groß ist. Man muss dazu natürlich sagen: Da gehört ein super Team dazu –viel Fleiß und auch ein bisschen Glück.

Wir sind die Festivalveranstalter, die beide vorher noch nie auf einem Festival waren“
Markus Krampe Veranstalter Glücksgefühle

Stimmt. Wir haben am Hockenheimring ja schon einige Versuche baden gehen sehen von sehr erfahrenen Festivalmachen mit sehr starken Programmen: Rock ’n‘ Heim von Marek Lieberberg oder Download Germany mit Metallica. Dazu wird das Wetter immer unberechenbarer.

Krampe: Das kann ein Millionengrab schaufeln, ja. Lukas und auch ich haben uns angewöhnt, Sachen durchzuziehen, die wir uns vorgenommen haben. Und wir haben immer gesagt, dass wir uns ärgern werden, wenn wir es nicht machen. Aber ich muss ehrlicherweise sagen, so drei Monate vorher habe ich schon gedacht: „Boah, das wird schwer!“ Die Tickets liefen zwar gut, aber die Umsetzung hat mir ein bisschen Sorgen gemacht.

Inwiefern?

Krampe: Wir machen ja gerade eine Netflix-Doku. Da gibt es einen Part, wo Poldi und ich sagen: „Wir sind die Festivalveranstalter, die beide vorher noch nie auf einem Festival waren und das komplett nach unserem Gusto gemacht haben.“

Nur so funktioniert das wahrscheinlich…

Krampe: … wahrscheinlich ja. Ich war dann aber zwei Monate vor unserem Start, also im Juli 2023 beim Electro-Festival Parookaville am Flughafen Weeze - und danach konnte ich dann nicht mehr pennen. Denn, das war so groß und so professionell. Auf dem Rückweg habe ich meine Leute und Poldi angerufen und gesagt: „Das werden wir so nicht hinkriegen, das wird eine Blamage.“ Ich habe schon eine Strategie überlegt, wie wir das den Medien erklären können. Auch damit der Poldi nicht öffentlich zerrissen wird. Aber dann haben wir zwei Monate nochmal alles reingeworfen, mein Team und ich. Dann ist es so geworden, wie es geworden ist. Es gab tolles Wetter, viel Sonne. Das ist ein großer Glücksfall. Wenn im ersten Jahr es geschüttet hätte, hätten die Leute das vielleicht damit in Verbindung gebracht und gesagt: „Das war Schrott, da gehe ich nicht mehr hin.“

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Fällt das Risiko etwas weniger ins Gewicht, wenn ein Fußball-Weltmeister mit im Boot ist, dem Sponsoren und Banken gern die Tür öffnen. Und für den es im Extremfall kein lebensveränderndes Drama ist, wenn er fünf Millionen Euro in den Sand setzt – während ein Marek Lieberberg heutzutage Live Nation Rechenschaft ablegen muss.

Krampe: Ja, aber wer verliert schon gern Geld? Das hört sich immer ganz komisch an: Aber das Letzte, an was wir denken, ist Geld. Das ist als Manager meine Grundeinstellung. Auch wenn mir zum Beispiel Michael Wendler immer gesagt hat, dass ich so was niemals äußern dürfe in meinem Job. Ich mache auch Kalkulationen ganz anders als viele andere.

So?

Krampe: Ich gehe nicht mit irgendwelchen Fantasiezahlen an ein Projekt, was die Einnahmen aus Eintritt, Gastronomie und was weiß ich betrifft. In meinen Kopf passiert das ganz nüchtern. Und wenn es nachher funktioniert, dann kann man dem Geldverdienen eh nicht mehr aus dem Weg gehen. Dann kommt das von allein. Und wenn du was mit Herzblut machst, volle Pulle, klappt es auch. Aber das unternehmerische Risiko, dass es in die Hose geht, hast du immer.

Es ist aber doch entspannter, wenn ein Millionär mit Wettkampf-Attitüde mit im Team ist, oder?

Krampe: Klar, aber es ist natürlich so, dass man vorher das Risiko und die Kosten abwägt. Aber wir haben nie daran gedacht, dass das nicht funktionieren kann. Lukas ist Sportler durch und durch. Der geht immer ins Spiel und weiß in seinem Kopf, dass er gewinnt. So ticke ich auch.

Apropos Michael Wendler. Der war ja mit Xavier Naidoo lange in derselben Verschwörungswelt unterwegs. Wie sehen Sie das Comeback des Mannheimers? Wäre er mit seiner ungebrochenen Zugkraft am Konzertmarkt ein Kandidat für Glücksgefühle?

Krampe: Tatsächlich haben wir schon oft darüber nachgedacht, weil Xavier Naidoo wie jetzt Apache 207 in Hockenheim ein Heimspiel hätte. Er hat auch große Fans bei uns im Haus. Aber wir sind schon ein bisschen davon eingeschüchtert und vorsichtig, weil bei uns sehr viele Künstlerinnen und Künstler auftreten. Wenn er das allein machen würde, wäre es unproblematisch.

Wenn Xavier Naidoo allein auftreten würde, wäre es unproblematisch“
Markus Krampe Glücksgefühle-Veranstalter

Sie befürchten also Absagen, wenn Naidoo spielen würde?

Krampe: Es gibt auch immer wieder ein paar, die dann auf einmal kommen und sagen: Dann komme ich nicht, wenn der kommt und so weiter. Das gilt ja nicht nur für Xavier Naidoo. Die möchten dann vielleicht die Medientreppe nutzen, wenn sie verkünden: „Ich teile mir mit dem keine Bühne.“ Das ist eigentlich dämlich. Aber gut.

Wie sehen Sie es persönlich?

Krampe: Aus meiner Sicht ist er mit diesem Entschuldigungsvideo 2022 in großen Teilen zurückgerudert und hat sich entschuldigt. Ich weiß nicht, ob man das so werten kann, aber es geht schon in die Richtung. Das ist etwas, was beim Wendler ein bisschen fehlt (lacht). Musikalisch muss man nicht drüber streiten, dass Xavier Naidoo einer der größten Sänger ist, die es gibt, und dass er eine unfassbar große Fanbase hat.

Wie ist so ein Abbiegen in eine verschwörerische Märchenwelt zu erklären?

Krampe: Ich habe es ja live miterlebt mit Wendler. Das war ja eine unfassbare Situation, die man so auch keinem wünscht in einem Managerleben. Das war sehr, sehr anstrengend. Deswegen konnte ich das alles irgendwie mitfühlen bei Naidoo. Wir haben uns auch ein paar Mal getroffen, ich habe mich auch mit Dieter Bohlen darüber unterhalten, als es sich bei „DSDS“ zugespitzt hatte. Das ist alles natürlich ein bisschen durcheinander gegangen bei ihm. Ich selbst bin öffentlich auf jeden Fall sehr unpolitisch. Dazu kann ich auch nur jedem raten, der so mit der Öffentlichkeit zu tun hat. Erst recht als Künstler oder Sportler. Wenn man das macht, das kann nur nach hinten losgehen. Dann noch in so einer Situation, mit Corona und so weiter. Das hat dann ganz, ganz viel zerstört. Andererseits sind das natürlich auch Typen, die denken: „Wir sind Helden, wir wollen uns hinter das Volk stellen.“ Und sie merken gar nicht, was sie für einen Schrott da fabrizieren.

Wie läuft die Zusammenarbeit mit dem neuen Superstar der Region, Apache 207?

Krampe: Ich glaube, da haben wir den Vorteil, dass Apache riesengroßer Fußball-Fan ist. Das hat uns sehr viel Vorschusslorbeeren gegeben. Wir haben ihn und seinen Bruder auch getroffen, in München beim Champions-League-Endspiel, und haben uns etwas länger unterhalten. Wir kommen sehr gut miteinander klar. Man muss auch alle Hüte davor ziehen, wie sie das durchgezogen haben. Manchmal muss man einfach machen. Das ist auch unsere Einstellung: Einfach machen und dann läuft das schon.

Zur Person und zum Festival

  • Der zweifache Familienvater Markus Krampe (54) lebt in Gummersbach. Er ist bekannt für große Party-Events wie zuletzt „Die 80er Live“ im Stadionformat in Frankfurt und Gelsenkirchen oder die Ballermann-Party Inselfieber . Er arbeitet mit Prominenten wie Lukas Podolski, Pietro Lombardi, Dieter Bohlen oder Michael Wendler - bis zum Abdriften des Schlagersängers in die Verschwörungswelt.
  • 2023 etablierte er gemeinsam mit Fußball-Weltmeister Podolski das Glücksgefühle-Festival auf dem Hockenheimring , das mit im Schnitt 70.000 Zuschauern pro Haupttag auf Anhieb zu einer selten gewordenen Erfolgsgeschichte wurde.
  • Die dritte Auflage von Glücksgefühle startet mit dem Anreisetag am Donnerstag, 11. September. Am Freitag und Samstag spielen Stars wie Apache 207, die Black Eyed Peas oder Ski Agg u. Zeitplan und Vorverkauf unter gluecksgefuehle-festival.de

Jetzt machen sie noch eine dritte Bühne bei Glücksgefühle …

Krampe: Ja, wir haben jetzt noch die Dopamin Stage, die auch eine Mainstage ist – also auch eine riesengroße Hauptbühne. Das ist dem geschuldet, dass wir im letzten Jahr schon ein bisschen an unsere Kapazitätsgrenzen gekommen sind.

Es waren 70.000 Gäste pro Tag?

Krampe: Ja. Deshalb haben wir gesagt: Komm wir nutzen das Gelände noch weiter und nehmen noch so ein paar musikalische Punkte auf, die vielleicht nicht unbedingt auf die Euphoria Stage passen. Da machen einfach einen bunten Mix mit zum Beispiel Ski Aggu, K.I.Z., Finch, den Atzen, Cascada, Pietro Lombardi oder Brings. Da ist eigentlich alles erlaubt. Das funktioniert gut.

Wie steht der Vorverkauf?

Krampe: Mega, es sind nur noch knapp 1000 Tickets verfügbar.

Kommen Ihre Glücksgefühle mal an den Punkt wie Wacken, dass man am Tag nach dem Festival die Auflage vom nächsten Jahr schon ausverkauft hat, weil die Leute blind buchen?

Krampe: Wacken ist ja international aufgestellt und die Musikrichtung ist etwas für Spezialisten, die nur diese Musik mögen. Wir sind ja sehr breit aufgestellt. Es gibt ja kaum Festivals mit einem Musikmix wie unserem, die sofort wieder ausverkauft sind. Wir sind super zufrieden, dass wir solche Zahlen haben. Denn man sieht ja links und rechts, wie viele Festivals gerade strugglen.

Wieder läuft es bei Ihnen gegen jeden Branchentrend…

Krampe: Wir sträuben uns nicht dagegen (lacht).

Die unvermeidliche Schlussfrage: Was sind denn für Sie persönlich Glücksgefühle?

Krampe: Bei mir ist die Frage leicht zu beantworten. Ich bin ja relativ spät Papa geworden. Ich habe jetzt zwei Jungs, einer ist drei Jahre alt, einer ist 17 Monate. Also das ist schon mit nichts zu vergleichen. Mir haben das alle schon lange gesagt. Dann ist es passiert – und dieser ganze wirtschaftliche Bereich, das, was man beruflich macht, das ist alles null dagegen. Ich nehme mir immer die Zeit für alles, was mit den Kindern zu tun hat. Früher war das für mich undenkbar, da bin ich nur immer mit Scheuklappen rumgelaufen. Den Termin, und den Termin, das muss gemacht werden. Das mache ich jetzt auch noch professionell. Aber es ist schon so, wenn mich die beiden Kiddies angucken, dann ist schon alles entspannter.

Ressortleitung Stv. Kulturchef

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