Lorsch. Seit zehn Jahren behauptet sich das Theater Sapperlot im stürmischen Reich der heimischen Kultur. Dynamisch und standfest, einfallsreich und arm an Lethargie. Unerbittlich donnert das erste runde Jubiläum auf die kleine Bühne zu, weshalb die Macher ein besonders dickes Geburtstagspaket geschnürt haben. Am 7. September wird es aufgerissen. Heraus springt die famose Amsterdam Klezmerband - ein Konzert im Rahmen des Kultursommers Südhessen, das der Spielzeit die Sporen geben wird.
Der energiegeladene und einflussreiche Balkansound des musikalischen Aufmachers spiegelt das gesamte Jubiläumsprogramm: Kontraststark und überraschend, wild und poetisch, klassisch und innovativ. "Wir feiern unsere Randständigkeit", sagt Hans-Peter Frohnmaier. Der kreative Chefkoch des Hauses setzt weiterhin auf ein breites Spektrum an Künstlern. Die Schubladen bleiben nach wie vor verschlossen. "Unser Publikum ist neugierig. Es folgt uns auch in Nischen", lobt Frohnmaier die Aufgeschlossenheit seiner Gäste.
Junge Wilde und alte Hasen
Auf die wartet ein üppiges Menü aus Geheimtipps und Evergreens, jungen Wilden und alten Hasen, darunter mit Peter Shub (21.9.) und Gardi Hutter (18.3.) zwei Clowns von Weltformat. Auch das unberechenbare Chaostheater Oropax schaut zu einer Vorpremiere in Lorsch vorbei und serviert gleich drei Mal seine experimentelle Demo-Version zum neuen Programm, und zwar am 27. und 28. Februar sowie am 1. März 2013. Größen wie Arnulf Rating (1.11.) und Malediva (Vorpremiere ab 14.11.) gehören fast schon zur Sapperlot-Familie; letztere sind mit ihrem "Schnee auf Tahiti" fast gar nicht außerhalb der Berliner Heimat zu erleben. Aber eben nur fast.
Sichtbar gemachte Musik
Ein heißer Tipp des Hausherrn ist Bernard Massuir aus Belgien, der am 30. November mit virtuosem Vokaljazz begeistern wird. "Er macht Musik sichtbar", so Frohnmaier beim Schnelldurchlauf durch das Jubiläumsprogramm, das als 76-seitiges Farbkatalögchen überall gratis erhältlich ist.
Ein weiterer Kracher ist am 26. November FIL, der schon im vergangenen Jahr mit seinem Haikollegen Sharkey messerscharfe Luxus-Komik geboten hatte. Am 1. Februar singt Rino Galiano ("Voice of Germany"), am 1. Dezember präsentieren erstmals "Wortfront" mit der Georg-Kreisler-Tochter Sandra eine Mischung aus musikalischer Collage und intelligentem Sprachwitz. Alte Bekannte sind HG Butzko, Jess Jochimsen, Jochen Malmsheimer sowie Kay Ray, Sven Ratzke und Peter Spielbauer.
Hocherfreut konnte das Sapperlot die Träger des Deutschen Kleinkunstpreises gewinnen: Annamateur & Aussensaiter gastieren am 21. Februar in Lorsch. In der Reihe "Junge Wilde" sind Severin Groebner, Stephan Ebert, Stefan Waghubinger und Horst Fryguth zu erleben. Die neue Kleinkunst-Generation bringt eine Menge Potenzial mit. Preisgekröntes Musikkabarett mit Comedyeinschlag kommt am 9. März auf den Tisch: "Das Geld liegt auf der Fensterbank, Marie." Das grandiose "Theatre du Pain" bläst am 2. März zum Frontalangriff auf alle Sinne.
Am 14. April erwartet die Bühne mit Nessi Tausendschön ein weiteres Großkaliber in der alten Tabakscheune. Und auch mit dem ungewöhnlichen Musik-Comedy-Duo Carrington Brown (3. Februar) hat sich das Sapperlot einen alten Wunsch erfüllt. Mit "Cpt. Pillers Schnitzelfreunden" explodiert am 27. September ein Überraschungspaket mit vertrautem Inhalt. Erstmals präsent und laut Theaterleitung extra empfehlenswert ist Martin Müller-Reisinger mit seiner Paradoxa-Revue am 24. November.
Bereits am 23. September findet in Kooperation mit dem Lorscher Kulturamt die Abschlussveranstaltung des Kultursommers auf dem Benediktinerplatz statt. Es spielt die Band HISS. Am 4. Oktober gastiert der hervorragende Mannheimer Pianist Daniel Prandl mit einer Jazz-Jamsession.
Kultur ist gut, erreicht aber nicht jeden. Unter dem Motto ...
Kultur ist gut, erreicht aber nicht jeden. Unter dem Motto "Erlebnisse teilen" bietet das Sapperlot die Möglichkeit zur bürgerschaftlich-solidarischen Kulturförderung: Wer eine oder mehrere Karten kauft und diese Ticket-Spende als Bon-Gutschein an das "Bunte Brett" hängt, sorgt dafür, dass weniger flüssige Menschen einen schönen Kleinkunstabend verleben können. Immer donnerstags können die verfügbaren Bons gepflückt werden. Hans-Peter Frohnmaier hofft, dass eine gute Idee Flügel bekommt und auf die Lorscher Händler und Gewerbebetriebe abfärbt.
Das Theater Sapperlot feiert außerdem fünf Jahre "Katz im Sack", ein spannendes Kulturerlebnis mit mindestens einer Unbekannten. Ebenso jung ist der Förderverein Sappalostra, der auch als Mitveranstalter beim "Poetry Slam" eine wichtige Rolle spielt.
In Zusammenarbeit mit der Stadt Lorsch bastelt das Sapperlot an einem Nachwuchspreis für junge Künstler, der im Rahmen des "Kultursalons" (offene Bühne) vergeben wird. Die Premiere ist für 2013 geplant.
Beim 1250. Stadtjubiläum 2014 soll auch das Theater eingebunden werden. Die konzeptuelle Vorbereitung läuft bereits.
Im Stadtgebiet wurden jüngst drei neue Hinweisschilder platziert, die den Weg zur Bühne an der Stiftstraße weisen. tr
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