Muss die Jurte weg?

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Heike Dürr/ü
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Im sechsten Jahr lebt Marc Freukes auf einem Privatgrundstück im Wald – im Einklang mit der Natur, wie er betont. Nun muss er um sein rustikales Domizil und seinen Lebensstil bangen. © Arnold/ü

„Liebe Freunde, ich brauche dringend eure Hilfe“: Mit diesen Worten ruft der als „Odenwald-Tipianer“ bekanntgewordene Marc Freukes zu einer Online-Petition an das Heppenheimer Bauamt auf. Denn seine Jurte in der Nähe von Hammelbach soll abgerissen werden. Dort lebt Freukes im sechsten Jahr auf einem privaten Waldgrundstück. „Mit dem Abriss würde ich mein Obdach und meine Existenz verlieren“, sagt er.

Nach einer schweren Lebenskrise entschied sich der ehemalige Profi-Golflehrer 2013, für ein Jahr in einem Tipi im Wald zu leben. Weder der Gesellschaft noch der Umwelt wollte er zur Last fallen. Anfang 2014 setzte er sein Vorhaben in die Tat um – und blieb. Seinen Lebensunterhalt bestreitet er mit dem Verkauf seiner Bücher, Wildniskursen und Fernsehauftritten.

Die alternative Lebensweise lockt viele Besucher an – auch Prominente wie Eckart von Hirschhausen. 2017 ersetzte Freukes sein Tipi durch eine 18 Quadratmeter große selbst gebaute Jurte, die ihn vor extremen Minusgraden und Mäusen schützt und ihm aufrechtes Stehen ermöglicht. Diese Hütte soll nun abgerissen werden. Auslöser für die erste Abrissverfügung Ende 2017 war wohl eine anonyme Anzeige.

„Leben und leben lassen“

Freukes strengte ein Widerspruchsverfahren mit aufschiebender Wirkung an, doch offenbar gibt es keine rechtliche Grundlage für sein Projekt. „Das Bauamt tituliert die Jurte nicht als Zelt, sondern als bauliche Anlage“, so Freukes. Für ihn ist das unverständlich: „Wenn die Hütte abgerissen werden muss, hätte das keinerlei Vorteile“, schreibt er.

Mehr als 1500 Menschen haben bereits digital unterschrieben. Rund ein Sechstel kommt aus Grasellenbach, der Rest aus der Region und dem gesamten Bundesgebiet. In Kommentaren offenbaren sie ihre Beweggründe: „Weil eine Gesellschaft Menschen wie Marc braucht.“ Oder: „Leben und leben lassen.“ Aber auch: „Die Freiheit des Menschen sollte unantastbar sein!“

Viele sehen Freukes als Vorbild, es werden Bedenken geäußert, es könne sich hier um Beamtenwillkür handeln. Freukes sei ja nicht erst seit gestern dort. Dass er plötzlich störe, sei unverständlich. Von Willkür kann laut Grasellenbachs Bürgermeister Markus Röth keine Rede sein: „Die Bebauung im Außenbereich wird mit Paragraf 35 des Baugesetzbuches klar geregelt.“

Dieser enthalte zwar Ausnahmen und die Option, „sonstige Vorhaben im Außenbereich“ wie Anlagen für Landwirtschaft und Energieversorgung im Einzelfall zu prüfen. Auf die Jurte von Marc Freukes treffe das aber nicht zu. Röth verweist unter anderem auf die fehlende Erschließung und den Brandschutz.

Das wiederum ist für Freukes nicht nachvollziehbar. Er nutzt nach eigenen Aussagen eine vollkompostierbare Trockentoilette, Abwasser durch eine Waschmaschine gibt es nicht. Den Brandschutz nehme er sehr ernst. Darüber hinaus war sein Anspruch von Anfang an, die Natur nicht zu belasten.

Bürgermeister Röth bedauert die Rechtslage und bezieht klar Stellung: „Was Nachhaltigkeit und Umweltschutz betrifft, ist Marc Freukes ein ideales Aushängeschild für unsere Gemeinde.“ Man befürworte das Projekt gerade im Hinblick auf den Geo-Naturpark Bergstraße-Odenwald. Auch die Wildniskurse bewerte er positiv. Dennoch, so Röth, sei dauerhaftes Wohnen in dieser Form nicht nur in Hessen, sondern im gesamten Bundesgebiet nicht möglich. „Wenn es eine Möglichkeit gegeben hätte, hätten wir sie ausgenützt.“ Freukes hofft zwar auf eine Duldung, rechnet aber mit einer weiteren Abrissverfügung, die dann verbindlich wäre. Heike Dürr/ü

Vom Burnout zum Leben im Wald

Marc Freukes kämpft entschlossen für sein Recht, im Wald zu leben.

Der frühere Bundesliga-Golflehrer litt kurz vor seinem 40. Geburtstag an einem Burnout.

Vor mehr als fünf Jahren änderte er sein Leben radikal und zog in ein Tipi-Zelt im Odenwald.

Er sieht in seiner Lebensweise eine Chance, Lösungen für die zivilisatorischen Probleme des 21. Jahrhunderts zu finden: „Dadurch könnte die Wohnsituation in den Städten entlastet und echte Nachhaltigkeit gefördert werden.“

Für sich selbst fasst er die Situation so zusammen: „Legal oder illegal – das ist mir egal. Ich weiß, dass ich das Richtige tue.“

Weitere Infos gibt es unter www.marc-freukes.de, die Petition ist zu finden unter:

www.openpetition.de/petition/online/ja-zur-jurte-von-marc-freukes

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