Es gibt rund um den Globus viele Hochburgen der Krippenkunst, doch die sicherlich ausladendsten figürlichen Darstellungen der Weihnachtsgeschichte werden derzeit in der französischen Provence aufgebaut.
Die Provenzalen lieben die Adventszeit mit ihrer Ruhe und viel Brauchtum. Dazu gehört die Tradition der Weihnachtskrippe mit ihren bunten Figuren, den Santons – der provenzalische Begriff bedeutet „kleine Heilige“. Jedes Jahr treten diese Figuren aller Größen ins Rampenlicht.
Die Santons de Provence bestehen aus bunt bemaltem Ton, manche tragen Kleider aus Stoff. Ihre Entstehungsgeschichte reicht zurück bis zur französischen Revolution. Als die Regierung damals religiöse Veranstaltungen verbat und die Kirchen geschlossen blieben, konnten zur Weihnachtszeit die Gläubigen auch keine Krippen in den Gotteshäusern aufstellen. Doch ein Weihnachtsfest ohne sie war für die Provenzalen unvorstellbar. So blieb ihnen nichts anderes übrig, als den Stall von Bethlehem mit der heiligen Familie in Miniaturformat nachzubauen und ins eigene Haus zu holen.
Bestand die Krippe anfangs nur aus Figuren der Weihnachtsgeschichte, wurde die Krippenszene nach und nach immer weiter ausgebaut und mit neuen Figuren ergänzt, die man auf den ersten Blick eigentlich nicht zu den „kleinen Heiligen“ zählen würde. In einem für die Provence typischen Dorf en miniature mit Häusern und zentralem Platz, Kirche, Gassen und Brunnen, umsäumt von der Garrigue, den Olivengärten und Lavendelfeldern, treffen so der Müller und sein Esel auf den Scherenschleifer und die Tamburinspielerin; der Hirte mit seiner Herde begegnet dem Wasserträger, dem Lumpensammler oder dem Kaminfeger.
Nach und nach wurden immer mehr Santons hergestellt, die meist keinen direkten Bezug zur Weihnachtsgeschichte hatten. Da findet man unter den Figuren heute manchmal auch einen Arzt, einen Briefträger, eine Marktfrau oder spielende Kinder – einfach alle Figuren des Alltags. Moment mal. Wenn ich mir das anschaue, dann muss ich sagen, da werden doch schon kleine Heilige des Alltags dargestellt. Und davon gibt es erkennbar viele. Ich habe Krippen gesehen, die mich fast schon an die berühmten Wimmelbilder erinnerten. Eindeutig: Die Santons stellen eine schöne und sinnstiftende Tradition der Provence dar.
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Bergsträßer Anzeiger Plus-Artikel Adventskalender Türchen 6 Heilige des Alltags
Es gibt viele Hochburgen der Krippenkunst. In der französischen Provence werden derzeit besondere Figuren aufgebaut. Ralf Strauch stellt die üppige Tradition der Santons vor.