Mannheim. Der Durchbruch als Schauspieler gelang Richy Müller 1979 mit „Die große Flatter“, heute ist er gut im Geschäft und einem breiten Publikum als Kommissar Thorsten Lannert in der ARD-Krimireihe „Tatort“ bekannt. Neue Wege betrat der gebürtige Mannheimer mit seiner ersten Musical-Rolle in „Tarzan“ in Stuttgart.
Herr Müller, Sie sind Filmschauspieler, haben Theatererfahrung. Jetzt hatten Sie Ihre erste Rolle im Musical „Tarzan“ als Clayton.
Richy Müller: Meine Frau und ich waren im November 2024 bei der Premiere von „Die Eiskönigin“, da kam der Casting Director Ralf Schaedler zu mir und fragte: „Was würdest du dazu sagen, bei Disneys Tarzan mitzuspielen?“ Ich habe entgegnet: „Ich habe bisher aber nie gesungen.“ Er meinte, dass es ja auch eine Rolle gibt, die in der Show nicht singen, sondern nur schauspielern muss – und zwar der Wildjäger Clayton. Ich hatte ein wenig Bedenkzeit und im März 2025 haben wir uns nochmal zu einem Austausch im Theater getroffen – dann war mein Engagement eigentlich relativ schnell beschlossene Sache.
Wie wirkt sich die Zeit auf der Musicalbühne auf Sie aus?
Müller: Die Zeit im Theater hat mich sehr beflügelt. Es war unglaublich, mit so vielen jungen Menschen zusammen zu sein und zu arbeiten. Wenn ich darüber rede und nachdenke, bekomme ich immer noch feuchte Augen, denn alle im Theater haben mich so herzlich aufgenommen. Da ist niemand, der irgendwie denkt: „Was will denn der jetzt hier?“ Das hat mir so viel Energie gegeben und ich würde sagen, die Show ist für mich „jungbrunnig“. (lacht). Meine Frau sagt auch, ich würde 10 Jahre jünger aussehen. (lacht) Ich bin sehr froh, dass ich das gemacht habe, und dass meine Frau insistierte.
Dann haben Sie es Ihrer Gattin auch zu verdanken, dass Sie die Rolle angenommen haben?
Müller: Ja. Ich hatte so meine Zweifel, ob ich das schaffe – ich spiele ja sehr viel Theater, aber bei einem Musical mitzuwirken war schon eine Herausforderung. Um ein Gefühl für die Rolle zu bekommen, haben wir uns die Vorstellung angeschaut. Was mir damals schon imponiert hat, waren die Kämpfe, die Clayton mit Tarzan macht. Diese Kampfszenen waren für mich ein Knackpunkt, denn obwohl ich die Schauspielerei wirklich schon lange mache und eigentlich relativ entspannt an die Arbeit rangehe, stand ich der Sache sehr respektvoll gegenüber.
Aber das hatte sich relativ schnell aufgelöst: Im Theater wurden mir die Kämpfe gezeigt und ich konnte mit den Darstellern trainieren. Das war zu Beginn schon sehr viel, aber je öfter man das gemacht hat, desto leichter wurde es. Das Schöne an dem Engagement war für mich auch, dass ich einfach dazugehörte. Ich war zwar nur kurz hier, aber die Zeit hat gereicht, dass ich von allen Beteiligten in die Theaterfamilie aufgenommen wurde.
Ich hatte zehn intensive Probentage. Ohne despektierlich sein zu wollen: Das war für mich wie Schauspielschule.
Wie lange haben Sie geprobt?
Müller: Ich hatte zehn intensive Probentage. Ohne despektierlich sein zu wollen: Das war für mich wie Schauspielschule. Diesen Spieltrieb, dieses Loslegen, was ganz Neues zu machen, das hatte ich schon lange nicht mehr. Mir wurde es von der gesamten Produktion auf jeden Fall leicht gemacht, aber es gab natürlich trotzdem ein paar Herausforderungen.
Gehört das Kämpfen dazu?
Müller: Ja, das war natürlich eine Herausforderung. Man muss sichergehen, dass man dem Partner nicht weh tut. Dafür ist es wichtig, die Choreografie einzuhalten, so schützt man sich selbst und sein Gegenüber. Ich treibe viel Sport und das kam mir sehr entgegen. Natürlich ist auch das Schauspiel an sich eine Herausforderung. Ich hatte zwar den Text verinnerlicht, aber mit der Zeit konnte ich diesen auch modellieren und die Rolle immer ein wenig anders spielen.
Die Darbietung mit den anderen Darstellerinnen und Darstellern bekommt in jeder Show eine ganz eigene Dynamik. Mit der wunderbaren Judith Caspari, die die Jane spielt, habe ich das immer gut hinbekommen. Zuletzt durfte ich mit Leonie Hammel spielen, die, wie ich, aus Mannheim kommt. Auch mit ihr war das Spiel fantastisch. Mein Wunsch war es, mit allen vier Jane-Darstellerinnen auf der Bühne zu stehen. Jede und auch alle drei Tarzan-Darsteller interpretieren die Rolle und die Show anders und bringen die eigene Persönlichkeit mit rein. Mit jeder Show habe ich mich mehr in das Stück verliebt.
Richy Müller
- Hans-Jürgen „Richy“ Müller wurde am 26. September 1955 in Mannheim geboren .
- Der gelernte Werkzeugmacher besuchte zwei Jahre die Schauspielschule in Bochum. Dem Schauspieler gelang 1979 mit „Die große Flatter“ der Durchbruch . Der Name seiner Rolle Richy wurde zu seinem Künstlernamen. Müller war unter anderem in „Irren ist männlich“, „Das Arche Noah Prinzip“ und dem Hollywood-Film „Triple X“ zu sehen.
- Er spielt im Stuttgarter „Tatort“ Kommissar Thorsten Lannert und verkörperte im Juli in Stuttgart im Musical Tarzan die Figur Clayton. cap
Wie war es für Sie, die Rolle des Clayton zu formen?
Müller: Am Anfang ist es mir schwergefallen, so fies zu sein, weil alle so herzlich sind. (lacht) Und wenn man die Szenen probt, muss man auch die Übergänge und den Zeitablauf begreifen, damit man weiß, wann man wo sein muss. Ich habe versucht über die Musik zu verstehen, wann etwas passiert, um nicht immer nur auf die Bilder und Szenen zu schauen, die auf der Bühne stattfinden.
Was hat Sie besonders beeindruckt?
Müller: Das Duett zwischen Jane und Tarzan ist einer der bewegendsten Momente – am Ende halten die beiden den Schlusston sehr lang und vor allem Jane zeigt da eine absolute Stimmgewalt, die mich sehr beeindruckt! Ich kann mich noch gut erinnern, als Leonie als Jane auf der Bühne stand und diesen Ton gesungen hat – ich komme da eigentlich als Clayton direkt auf die Bühne, aber war in diesem Moment im positiven Sinne so perplex, dass ich kurz vergessen hatte, gleich auf die Bühne zu gehen.
Das war Gänsehaut pur, denn es ist äußerst bewegend, Menschen zu erleben, wenn sie so einmalig singen. Ich selbst habe eine eher schlechte Ausbildung im Bereich Stimmbildung, obwohl ich auf der Schauspielschule war. Eine optimale Atemtechnik habe ich nie wirklich gelernt. Das durfte ich glücklicherweise im Theater ein wenig nachholen und war dafür bei dem hauseigenen Phonetiker Michael Stülpnagel.
Ich bin in der Neckarstadt geboren, do iwwa dä Brigg.
Sie sind gebürtiger Mannheimer. Was bedeutet Ihnen Ihre Heimatstadt heute?
Müller: Für mich ist Mannheim natürlich mein Ursprung. Vor kurzem hat jemand ein Portrait über mich gemacht. Dafür war ich genau da, wo ich auf die Welt gekommen bin: in der Zeppelinstraße 8 in der Küche. Ich war das dritte Kind. Und beim dritten Kind musste man damals nicht mehr ins Krankenhaus gehen.
Haben Sie Orte, mit denen Sie Erinnerungen verbinden?
Müller: Ich bin in der Neckarstadt geboren, do iwwa dä Brigg. Meine Eltern haben sich in der Gastronomie selbstständig gemacht und ein Sportclubhaus in Feudenheim übernommen. Ich habe zwei Jahre lang mit meinen Brüdern am Sportplatz gewohnt, das war natürlich Abenteuer pur für uns Jungs. Da lebten auch meine Großeltern.
Wenn wir zur Schule sind, gab es zum Frühstück immer Suppe und das war toll. Das war schon eine besondere Zeit und ich glaube, was die Stadt dir als Charakter oder als deine Herkunft dadurch vermittelt, kann man nicht verleugnen. Einer meiner Lieblingsorte ist übrigens der Wasserturm, da habe ich zum Schluss gewohnt, in der Stresemannstraße.
Gehen Sie hin und wieder zurück?
Müller: Ja, ich habe dort noch Freunde. Die treffe ich immer wieder. Bis 2012 hat mein Vater noch gelebt, ich hatte ihn seine letzten dreieinhalb Jahre versorgt. Er lebte alleine und wollte niemanden haben, der ihm den Haushalt macht. Also fuhr ich alleine oder mit meiner Frau Christl alle 14 Tage zu ihm, um alles zu erledigen, was so anlag. Das war eine ganze wichtige Zeit für mich mit meinem Vater. Hut ab vor diesem Mann.
Wie geht es bei Ihnen nach Tarzan weiter?
Müller: Ich habe meine beiden Tatorte in der Rolle des Kommissars Thorsten Lannert. Und immer wieder spiele ich seit elf Jahren an verschiedenen Theatern das Theaterstück „Rain Man“.
Könnten Sie sich vorstellen, wieder auf der Musicalbühne zu stehen?
Müller: Bei Musicals müssen die Charaktere eigentlich immer singen – mal sehen, ob ich diesen Schritt auch noch wagen werde.
Also war Tarzan eher ein besonderes Gastspiel?
Müller: Ja. Es war ein Erlebnis, das ich nie vergessen werde, und ein Highlight in meiner Karriere. Dafür bin ich sehr dankbar. Und ich habe auch schon gesagt, wenn man mich in Hamburg für ein Gastspiel braucht, würde ich es auf jeden Fall machen. (lacht).
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