Über 100 Brunnen plätschern in der Hauptstadt von Bayerisch Schwaben. Besonders prachtvoll sind die verzierten Renaissance-Brunnen aus Bronze entlang der Augsburger Maximilianstraße: der Augustusbrunnen, der den Augsburger Rathausplatz dominiert, der Georgsbrunnen in der Stadt, der Herkulesbrunnen und der Brunnen vor dem Dom. Ständige Begleiter beim Bummel durch die Altstadt sind die Lechkanäle. Mit dem über 800 Jahre alten Wassermanagement-System ist Augsburg seit 2019 Unesco-Welterbe.
Über Jahrhunderte ist die Metropole am Fluss Lech berühmt für ihre Schönheit und ihren Reichtum. Obwohl nicht weit von München entfernt, steht Augsburg trotz alledem etwas im Schatten der bayrischen Landeshauptstadt. Wer die Stadt besucht, bewundert zuerst die Prachtbauten der Gotik, von Renaissance und Rokoko bis zum Neoklassizismus. Die Maximilianstraße wird als eine der kunsthistorisch bedeutsamsten Straßen Süddeutschlands beschrieben. Wie eine Reise in vergangene Zeiten mit allem zeitgemäßen Komfort fühlt sich der Aufenthalt im heutigen Hotel Maximilian an. Das auf dem Dachboden gefundene Gästebuch, fünfhundert Seiten dick, verrät viele prominente Namen. Napoleon Bonaparte und seine Josephine, Zar Nikolaus I. und auch Giacomo Casanova buchten sich hier einst ein Schlafgemach in dem Gasthof aus dem Jahr 1344, der dank der Lage an der Handelsstraße, damals Via Claudia Augusta, über Jahrhunderte zu Augsburg führender Fürstenherberge wurde.
Die Besucher kamen und kommen, um den Renaissance-Prunkbau des zwischen 1615 und 1620 gebauten Rathauses zu besichtigen. Sie steigen hinauf zum Goldenen Saal, wo die 14 Meter hohe und über 500 Quadratmeter große Kassettendecke mit 2,6 Kilogramm eingearbeitetem Blattgold das Glanzbild der reichen Historie zeigt. Vor dem Rathaus erhascht der Augustusbrunnen, der Ende des 16. Jahrhunderts gebaut wurde, mit seinen phantastischen Figuren und seinen Wasserspielen die Gunst der Besucher. Das Wasser war es, das den Bürgern den Reichtum brachte.
Bereits die Römer begannen, Kanäle anzulegen und sich das reichlich vorhandene Wasser aus den Bergen vielfältig zunutze zu machen. Zur mittelalterlichen Wasserversorgung diente der Turm am Roten Tor. Seit 1416 wurde das Wasser über getrennte Kanäle zugeführt, das einerseits als Fließwasser zur Kraftgewinnung diente, anderseits als Trinkwasser, das über hydraulische Pumpen in ein Speicherbecken unter dem Turmdach gelangte.
Heute haben die Wasserräder und Wasserwerke musealen Charakter. Die Geschichte der Ingenieurtechnik ist in den Gebäuden festgehalten, da die Konstruktionspläne der Mühlen, Wassertürme und zahlreiche Modelle der Wasserpumpen oder Brunnen erhalten geblieben sind. Man weiß also genau, wie die Anlagen funktionierten.
Am schönsten plätschert das Wasser durch das romantische Stadtviertel Augsburgs, das Lechviertel. Weber, Gold- und Silberschmiede, Feilenhauer, Gerber, Müller und Drucker kamen im Mittelalter in diesen Teil der Stadt, wo sie in günstigen Fachwerkhäusern und am Fluss wohnten. Wasserräder trieben Sägewerke, Papier- und Getreidemühlen an. Es zählte nicht unbedingt zu den attraktivsten Gegenden der Stadt, denn aufgrund der feuchten Böden und der Bearbeitung der Felle herrschte in den Gassen ein abscheulicher Gestank. Nach der Sanierung der Häuser ab den siebziger Jahren ist es eines der hübschesten Gegenden in der Stadt. Die mittelalterlichen Handwerkshäuser sind begehrte Wohnadressen. Kleine Handwerksbetriebe gibt es immer noch. Eine Silberschmiede fertigt seit über 500 Jahren Schmuck an.
Hier wurde auch Augsburgs berühmtester Sohn geboren. Bertolt Brecht. Wer mag kann den ganzen Tag in seinen Werken schmökern. Bummelt man über das Kopfsteinpflaster entlang der Kanäle, die sich unter unzähligen Brücken durchschlängeln, fühlt man sich wie in Klein Venedig.
Rund um die Stadt prägen die wilden Flüsse Lech und Wertach sowie kleine Bäche das Landschaftsbild. Wie vielfältig Augsburg das aus den Alpen frisch herunter fließende Wasser seit dem Mittelalter nutzte und heute noch nutzt, zeigt der Hochablass am Lech. Das mächtige Wehr kreuzt den Strom in seiner vollen Breite, in der Mitte thront das historische Getriebehäuschen aus dem Jahr 1912. Mit lautem Tosen stürzt das Wasser auf der Nordseite des Hochablasses über fünf Meter in die Tiefe.
Die Wehranlage wurde nach einem verheerenden Hochwasser erbaut. Sebastian Jurka ist Schleusenwärter und überprüft täglich die alte Technik im Getrieberaum im Turm. Ein Lächeln umspielt sein Gesicht, wenn er oben im Getriebehaus steht und unten die gewaltigen Wassermassen dahin strömen. Sebastian Jurkas Hand zeigt auf der Alarmglocke. Bei Hochwasser kann er die Menschen warnen, die unten auf den Kiesbänken sitzen. Dann zeigt er eine andere Welt, die sich unter dem Lech befindet. Ein Knopfdruck und hydraulisch öffnet sich ein gewaltiges Tor. Seit 2014 arbeitet in den Innenräumen ein hochmodernes Wasserkraftwerk, vollständig integriert ins alte Stauwerk. Von hier bekommen die Augsburger ihr gutes Trinkwasser. Mehr als 4000 Haushalte versorgt die Anlage mit Strom, 32 000 Liter Wasser pro Sekunde rauschen durch die Turbinen, mit dem die meisten Kanäle der Stadt gespeist werden. „Das System ist sehr ausgeklügelt. Man kann nie nur ein Gewässer betrachten, sondern muss immer das Ganze sehen.“
Heute ist der Hochablass ein viel besuchtes Freizeitziel – für ausgedehnte Fahrradtouren, zum Spazieren gehen und Entspannen und immer mit dem Panoramablick zum Lech.
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