Dolce Vita am Ledrosee

Fast 300 Seen zählt das Trentino im Norden Italiens. Während den großen Gardasee fast jeder kennt, ist der kleine Ledrosee fast noch ein Geheimtipp. Von Aktivurlaub bis Kultur kann man zwischen alpinem und mediterranem Klima in den Orten am Ufer auf spann

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Der Herbst ist wohl die schönste Jahreszeit, um die malerische Region Garda-Trentino zu entdecken. Dann färbt sich das Blätterkleid der Wälder rot-golden. In den Olivenhainen und den Weingärten rund um den Gardasee herrscht emsiges Treiben, auf dem See suchen Wassersportler die beste Welle.

Wen es nach Ruhe, Entspannung und Entschleunigung sehnt, der findet am Ledrosee die perfekte Oase für eine Auszeit. Der kleine Bruder des Gardasees liegt auf einem Hochplateau. Drei Kilometer lang und gerade mal 48 Meter tief: In nackten Zahlen ist der Ledrosee ein Winzling. Doch strahlt er eine Ruhe und Gelassenheit aus, ein gewisses Dolce Vita inmitten der Berge. Und er ist eine perfekte Location für Surf-Anfänger, Segler oder Stand-up-Paddler – auch weil das Wasser wärmer ist als des Gardasees.

GARDA-TRENTINO

Informationen über die Region Garda-Trentino gibt es im Internet unter www.gardatrentino.it.

Das Pfahlbautenmuseum in Molina di Ledro (www.palafitteledro.it/de/) entführt in das Leben der Bronzezeit.

Führungen durch das Weingut Sartori sind unter www.sartoriorganicfarm.com buchbar. Das Pharmazeutische Labormuseum Foletto ist unter www.museofoletto.it zu erreichen.

Essen: Im Ledro-Tal gibt es trentiner und böhmische Küche, etwa in der Trattoria Costa in Bezzecca, in der Osteria La Torre in Pieve di Ledro oder in der Locanda Alla Perla in Tiarno di Sotto.

Übernachten: Die Ledro Mountain Chalets (www.ledromountainchalets.it) bieten neben Ruhe und Natur den perfekten Komfort einer Ferienwohnung mit Pool, eigener Sauna und einem reichhaltigen Frühstückskorb morgens.

Anna Maria Sartori liebt die Ruhe und Beschaulichkeit rund um den See. Sie ist im Ledro-Tal geboren und schwärmt mit einem gewinnenden Lächeln, warum sie die Region so bezaubernd findet. „Der See ist einer der klarsten und saubersten.“ Rund neun Kilometer oder drei Stunden dauert es, bis man ihn einmal umrundet hat. Wenn die Sonnenstrahlen das blaue Wasser zum Funkeln bringen, zieht es nicht nur sie zum Spaziergang ans Ufer.

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Von
Christine Maisch-Bischof
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Im Herbst allerdings hat sie weniger Zeit dafür. Dann ist sie mit Sohn Marco in den Weinbergen unterwegs: Die Trauben müssen gelesen werden. Und das ist Handarbeit. Marco Sartori hat sich einen Traum erfüllt. Der junge Winzer produziert in der Gemeinde Pur im Ledro-Tal seinen eigenen Wein in Bio-Qualität. Eigentlich ist die Lage für Reben nicht perfekt. Doch der Klimawandel hat in den letzten Jahren dafür gesorgt, dass der Anbau möglich wird. „Wir haben robuste pilz-resistente Sorten wie Solaris angepflanzt, die auch in Gebirgsregionen gedeihen“, sagt der Mittzwanziger. Seine Überzeugung für den biologischen Weg basiert auf dem harmonischen Rhythmus von Natur und Jahreszeiten. Sich ihnen anzupassen, ist sein Lebensmotto. Seinen Weinbaubetrieb, der unter anderem auch einen Rosé im Champagner-Stil sowie Grappa produziert, hat das junge Unternehmen gleich neben dem ältesten Haus in Pur errichtet.

In der Bronzezeit schon bewohnt

Doch Sartori ist nicht der Erste, der Trauben und den Ledrosee liebt. Bereits die Menschen in der Bronzezeit wussten die Schönheit der Region und das Klima zu schätzen. „Im Pfahlbau-Museum hat man die ältesten Trauben gefunden“, erzählt Anna Maria Sartori. Unterschiedliche Hütten der Bewohner wurden dort nachgebaut. Sie geben einen sehr lebendigen Blick auf das Leben der Menschen vor 4000 Jahren. Original allerdings sind die Überreste weiterer Holzstämme, die damals in den See gerammt wurden. Und einige Fundstücke, wie der Bronzedolch vom „Ledro-Typ“, der deutlich macht, dass die Region rund um Molina di Ledro bereits zu Beginn der Bronzezeit bewohnt war. Das Museum erlaubt aber nicht nur einen spannenden Blick in die Vergangenheit. Es lässt vor allem junge Besucher in der pädagogischen Werkstatt nachspüren, wie damals Kleidung oder Werkzeuge entstanden sind oder wie gejagt wurde.

Ledro ist Teil einer Kette prähistorischer Pfahlbausiedlungen im Norden Italiens und über den gesamten Alpenraum. Insgesamt 111 solcher Fundstellen bilden seit 2011 ein serielles Unesco-Welterbe. Entdeckt wurden die Überreste der Vorzeit übrigens, als der Wasserstand des Sees niedrig fiel. Über ein ausgeklügeltes System an Tunneln und Kanälen speist der See nämlich seit 1929 Wasserkraftanlagen von Riva del Garda. Bei Arbeiten an der Anlage kamen schließlich die Pfosten zum Vorschein.

Noch älter als die Nutzung der Wasserkraft ist die Apotheke in Pieve di Ledro. Historische Schränke, Fläschchen, Ampullen, Dosen und Waagen: Das Museum lässt Besucher staunen und zeigt, wie Medizin hergestellt wurde. Von der Zahnpasta-Maschine bis zu Tabletten-Herstellung, die teilweise noch genutzt wird, zeugen die Objekte von der Arbeit im Labor. Mitte des 19. Jahrhunderts kam Giovanni Foletto aus Venedig ins Ledro-Tal. Die Leidenschaft seines Sohns Angelo war die Botanik. Er trug die Pflanzen nach Sorte, Ort und Erntedatum zusammen und ergänzte die Bilder mit einer umfangreichen Beschreibung. So entstand mit 2700 Pflanzen das erste große Herbarium. Und er ließ sich inspirieren zu Magenbitter und Likören.

Urenkelin Lucia Foletto führt nicht nur durch den kleinen, aber feinen Kräutergarten, sondern auch durch die neu gestalteten Museumsräume. „Die meisten Pflanzen wachsen immer noch im Ledro-Tal“, zeigt sie auf Rhabarber, Wermut oder Himbeere. Am Rand blühen die letzten Malven des Sommers. Sie werden später gebraucht. Lucia Foletto hat im Labor einen Kurs vorbereitet: Keine Salben, aber zumindest Cremes und Seifen dürfen Interessierte unter ihrer Anleitung selbst herstellen. In den Sommermonaten bietet sie täglich Kurse an, während sie viel über die Wirkung der Pflanzen erzählt.

Das grüne Herz des Ledro-Tals schlägt im Concei-Tal. Es ist eines von mehreren Seitentälern, in denen es sich prima wandern lässt. Auf einem breiten Weg, der auch für Radfahrer bestens geeignet ist, geht es durch lichte Wälder am Fuß der Berge. In Lenzumo folgt man dem Naturlehrpfad und marschiert gemütlich, aber stetig dem Talschluss entgegen. Nur wenige Meter vor der Al Faggio Hütte, wo man unbedingt eine Rast einlegen sollte, darf man im neuen Barfußpark seine Sinne schärfen.

Kunst trifft Natur

Wasser hat der Region ihr Gesicht gegeben. Was die Urgewalt erschaffen kann, wird am Wasserfall Cascata del Gorg d’Abiss deutlich. Vom kleinen Ort Tiarno di Sotto aus ist es ein angenehmer Spaziergang auf dem Waldweg entlang des Bachs.

Wer beim Gehen lieber abtauchen möchte in die Welt der Kunst, ist im Wald „Ledro Land Art“ bei Pur richtig. Dort machen sich seit 2012 Künstlerinnen und Künstler ihre eigenen Gedanken über die Welt. Ihre Werke entstehen im Einklang mit der Natur. Der Gang durch den Wald allein schon ist Ruhe und Entschleunigung.

Übrigens: Wer im Ledro-Tal essen geht, wird neben Trentiner Küche auch böhmische Spezialitäten auf der Karte finden. „Die Menschen des Tals wurden im Krieg nach Böhmen evakuiert“, erzählt Anna Maria Sartori. Bei der Rückkehr haben sie dann auch die dortige Küche mitgebracht. Und so lässt man sich im Ledro-Tal gerne mit Zwetschgen gefüllte Knödel schmecken.

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