Berlin. Sie haben eine Öl- oder Gas-Heizung – und machen sich Sorgen um die hohen Energiepreise und die Versorgungslage? Verständlich. Und leider kann Ihnen diese Sorge auf die Schnelle vermutlich niemand nehmen. Aber Sie haben durchaus Möglichkeiten: Sie können zum Beispiel die Heizungsanlage aufrüsten oder austauschen, um die Preissteigerungen zu dämpfen.
Wie kann ich meine Gas- oder Öl-Heizung ersetzen?
Im Ein- und Zweifamilienhaus ist momentan die Wärmepumpe die Wahl, wenn man seine Öl- oder Gas-Heizung ersetzen möchte, sagt Tim Geßler, Redakteur und Heizungsexperte der Fachzeitschrift „SBZ Sanitär.Heizung.Klima“. Die Wärmepumpe ist zum Trendprodukt unter den Heizungen geworden – auch mit Unterstützung in Form einer staatlichen Förderung.
Einen Großteil der Energie gewinnt die Wärmepumpe kostenlos aus der Umwelt, indem sie dem Erdreich, der Umgebungsluft oder dem Grundwasser Wärme entzieht. Rund drei Viertel ihrer Energie werden laut dem Bundesverband Wärmepumpe so gewonnen. Ein zugekaufter Anteil Strom wird aber zum Betrieb der Pumpe und ihres Antriebs benötigt.
„Eine weitere Alternative ist die Holzheizung, in der Regel ist es ein Pelletkessel.“ Auch er kann eine Öl- oder Gasheizung komplett ersetzen. Für beide Technologien muss man mit Kosten von mindestens 20 000 bis 30 000 Euro rechnen. Dazu können Kosten für Umbauten kommen.
Eine dritte Möglichkeit kann eine Umstellung auf Fernwärme sein. Die gibt es aber vornehmlich in dicht besiedelten Räumen und ein Versorger muss bereit sein, sein Netz auszubauen und Anschlüsse zu legen.
Eignet sich jedes Haus für eine Wärmepumpe oder Holzheizung?
Jede Heizung muss zum Gebäude passen: Größe und Beschaffenheit, die Anzahl der Bewohner, Dachausrichtung, Heizkörper oder Fußbodenheizung und viele weitere Faktoren spielen eine Rolle. Eine Wärmepumpe ist zum Beispiel nicht in jedem Bestandsbau einsetzbar. Je nach Zustand des Hauses muss die Dämmung von Dach, Fassade, Fenster oder Kellerdecke verbessert werden. Und für die Sole-Wasser-Variante spielt zum Beispiel der Zugang zum Garten eine Rolle, denn es sind dafür Erdbohrungen nötig.
Bei einer Pelletheizung ist einer der Faktoren der Platz für das Lager. „Deswegen ist ja auch der klassische Tausch Ölheizung gegen Pelletkessel“, sagt Geßler. Man kann das alte Öllager umrüsten.
Lohnt sich der Tausch?
Die Heizungsalternativen ermöglichen eine größere Unabhängigkeit von Öl und Gas. Die Kosten für die neuen Anlagen lassen sich durch eine staatliche Förderung verringern: Bei Tausch eines Ölkessels durch eine Wärmepumpe oder eine Holzzentralheizung werden 45 Prozent der Investitionskosten erstattet. Beim Austausch von Gas-Heizungen 35 Prozent. „Aber man muss auch hier anmerken: Alle Energiebezugspreise steigen aktuell, ob es jetzt Gas, Öl, Fernwärme oder Strom, Pellets oder Hackschnitzel sind“, sagt Norbert Azuma-Dicke, Leiter Politik und Strategie beim Bundesverband der Deutschen Heizungsindustrie (BDH). „Die Energiepreissteigerung wird man also ohnehin haben.“
Was ist eine Hybridheizung?
Eine Hybridheizung nutzt mehrere Energiequellen, in der Regel Öl oder Gas zusammen mit erneuerbaren Energien. Zuerst werden die erneuerbaren Energien für die Erzeugung von Wärme und Warmwasser genutzt. Erst wenn diese Energie nicht ausreicht, werden Öl oder Gas zugeschaltet. „Wer eine funktionierende Heizungsanlage hat und ein bisschen was tun möchte, für den ist Solarthermie definitiv eine Option“, sagt Tim Geßler.
Lohnt sich die Investition in Solarthermie?
Eine Solarthermieanlage, die Wasser über Sonnenenergie erhitzt, kann man laut Geßler ab etwa 5000 Euro bekommen. „Zwar sind damit die Investitionskosten im Vergleich zum Austausch der Öl- oder Gasheizung geringer, man spart aber auch weniger Energie ein“, sagt er. Bei einem älteren Haus könne die Ergänzung eines Gaskessels um eine solare Warmwasserbereitung zu etwa zehn bis 20 Prozent weniger Gasverbrauch führen. Unterstützt die Solarthermieanlage zusätzlich die Wärmegewinnung für die Heizung, seien „auch 30 Prozent und natürlich mehr möglich“. Auch hier gibt es eine Förderung für die Kosten: Wer eine Anlage einbaut, bekommt 30 Prozent aus der Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG) erstattet.
Was ist mit moderneren Öl- und Gasheizungen – kann ich damit nicht auch vergleichsweise viel Energie sparen?
Neue Gas- und Ölheizungen arbeiten in den meisten Fällen mit Brennwerttechnik. Dabei werden die Abgase so weit abgekühlt, dass der darin enthaltene Wasserdampf teilweise zu flüssigem Wasser kondensiert. So kann neben der normalen Ausbeute zusätzlich die Energie, die im Dampf enthalten ist, zur Raumheizung genutzt werden.
„Die Brennwerttechnik hat sehr hohe Wirkungsgrade. Das heißt, der eingesetzte Energieträger wird sehr effizient genutzt mit wenig Verlusten“, sagt Frederic Leers, Sprecher des Bundesverbands der Deutschen Heizungsindustrie (BDH).
Die Abgaben zu den Einsparpotenzialen schwanken. Laut Verbraucherzentrale NRW nutzt ein modernes Brennwertgerät die Brennstoffe um zehn Prozent besser aus. „Wenn Sie eine veraltete Gasheizung modernisieren und gegen eine moderne Brennwert-Anlage tauschen, haben Sie eine Einsparung von 15 bis 20 Prozent“, sagt Leers.
Tim Geßler hält zehn bis 20 Prozent Ersparnis für möglich. „Es kann aber auch weniger oder vielleicht sogar mehr werden. Das kann man schlecht isoliert betrachten, weil der Brennwerteffekt zum Beispiel von der Rücklauftemperatur im Heizsystem abhängt.“ Und Geßler ergänzt: „Man muss sich im Klaren darüber sein, dass das nicht die nachhaltigste Lösung ist.“ Man bliebe schließlich beim Energieträger Gas. „Auf die Gaspreise gibt momentan keiner Wetten ab, wie hoch die noch steigen“, so der Energieexperte.
Diese Variante hat allerdings einen großen Vorteil: Die notwendige Infrastruktur ist bereits vorhanden. Ein Tausch kann daher schnell gehen. Aber ganz ohne ein Nachrüsten kommt man trotzdem nicht immer aus. Zum Beispiel muss wegen der niedrigen Abgastemperaturen, die bei der Brennwerttechnik entstehen, womöglich der Schornstein umgerüstet werden. Eine Brennwertanlage bekommt man laut Geßler für circa 8000 Euro – plus die Kosten für Umbauten.
Ich habe eine ältere Heizung, kann ich diese behalten und um Solarthermie ergänzen?
Norbert Azuma-Dicke vom BDH rät in so einem Fall möglichst in einem ersten Schritt den alten Niedertemperaturkessel gegen Brennwerttechnik zu tauschen.
„Damit realisieren Sie eine Energieeinsparung von ungefähr 15 Prozent.“ Wird direkt oder später Solarthermie ergänzt, sind insgesamt bis zu 30 Prozent Energieersparnis möglich. Auch Tim Geßler würde über die Ergänzung einer Solarthermieanlage nur nachdenken, wenn „die bestehende Heizung noch relativ jung“ ist.
Geht das noch schnell bis zur nächsten Heizperiode?
Für alle Heizungstechnologien muss man Geduld mitbringen. So sind die Auftragsbücher der Handwerker voll. Hinzukommen lange Lieferzeiten: Laut Branchenexperte Geßler liegen die Lieferzeiten der Wärmepumpen-Hersteller bei sechs Monaten bis zu einem Jahr (Stand Juli). „Es gibt zwar durchaus kleine Anbieter, die noch lieferfähig sind – aber die Frage ist natürlich, wie lange noch“, so der Fachjournalist.
„Generell würde ich sagen, wenn jemand seine Öl- oder Gas-Heizung noch vor dem Winter gegen eine Wärmepumpe tauschen kann, dann hat er Glück“, sagt Geßler. „Das heißt aber nicht, dass man es nicht versuchen soll, denn der übernächste Winter kommt ja auch.“ dpa
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