Davos. Davos Mitte Februar? Ein Kollege gibt mir einen humorvollen Hinweis: „Du weißt aber schon, dass das Weltwirtschaftsforum zu diesem Zeitpunkt schon vorbei ist“, meint er unter Anspielung auf jenes Polit-Event, durch das der schweizerische Skiort alljährlich in den Schlagzeilen präsent ist. Das mag sein. Doch ohnehin interessiert mich dieser Promi-Aufmarsch weniger als die atemberaubende Naturlandschaft. Nicht ohne Grund lautet ein beliebtes Wortspiel über Davos: „Da wo‘s“ schön ist.
Reiseziel Davos in der Schweiz: "Interesse ist merklich größer geworden"
Derzeit wollen das noch mehr Menschen erleben als ohnehin. „Das Interesse ist merklich größer geworden in den letzten Jahren“, bestätigt Isabella Weijnman, die für Öffentlichkeitsarbeit zuständige Eventmanagerin im Hotel „Schatzalp“.
Die sehr reale Schönheit dieser Region wird nämlich gerade durch Fiktionales ganz aktuell: Zur Jahreswende brachte das deutsche Fernsehen den Mehrteiler „Davos 1917“, in dem der Ort den Schauplatz einer spannenden Spionagestory inmitten des Ersten Weltkrieges bildet. Doch vor allem jährt sich 2024 zum 100. Male das Erscheinen von Thomas Manns Roman „Zauberberg“, der bekanntlich in Davos spielt.
Davos - nur wenig historische Gebäude
Dabei seien Besucher vorbereitet: Baulich ist Davos nicht besonders „hübsch“ im Sinne jenes fast puppenstübchenhaften Erscheinungsbildes, wie wir es aus Berg-Orten der Schweiz, Österreichs oder Bayerns kennen – mit ihren durch Lüftlmalerei verzierten Fassaden. In Davos gibt nur wenige historische Gebäude wie etwa das Rathaus von 1564.
Die meisten Häuser stammen aus den 1960er und 70er Jahren – und sind mit Flachdächern versehen. Dieser in der Architektur sogar als Fachbegriff bekannte „Davoser Baustil“ hat ganz praktische Gründe: Damit soll der Schneesturz von den Dächern herab vermieden werden.
Zentrale Trasse des Ortes, die – wie bei Straßendörfern unserer Breiten – den Ort in zwei Hälften teilt, ist die Panoramastraße. Hier liegen alle wichtigen Geschäfte und viele Hotels wie das Hilton und das Carlton, aber auch das Kongresszentrum. Optisch eher an eine nach außen gewendete Sauna erinnernd, in seinem Inneren jedoch offenbar top. Denn alljährlich steigt hier besagtes Weltwirtschaftsforum. Dazu reisen Regierungschefs und Wirtschaftsführer aus aller Welt an. Klar, dass an diesen Tagen im Dorf Ausnahmezustand herrscht: aus Sicherheitsgründen Abriegelung des Ortszentrums, Sperrungen für den Autoverkehr, auch die Busse fahren nicht wie gewohnt. Gleichwohl überwiegen die Vorteile dieses Events bei weitem, besonders für die Hotellerie: „In dieser Zeit könnte man jede Besenkammer vermieten“, scherzt Weijnman.
Davos - Infos und Tipps
- Lage: Davos liegt im Osten der Schweiz, von Mannheim knapp 500 Kilometer Luftlinie entfernt.
Anfahrt: Auto fünf Stunden, Zug z. B. 6.33 Uhr Abfahrt Mannheim, 11.47 Uhr Umsteigen in Landquart, 12.52 Uhr Ankunft Davos. - Logie: „Schatzalp“ DZmF, bergseitig, noch im März und im Juni ab 242 CHF. In Zwischensaison vom 1. 4. bis Mitte Juni geschlossen.
- Besichtigen: Medizinhistorisches Museum zur Geschichte dieses einst wichtigsten Lungenkurortes in Europa; Wintersportmuseum zur Tradition in diesem Bereich, etwa dem „Davoser Schlitten“.
Kultur: Kirchner-Museum, bestehend aus vier von grünem Milchglas umhüllten Kuben. Zeigt nicht nur die farbintensiven, großflächigen Werke dieses Malers, sondern ordnet sie auch ein in die Ortsgeschichte. - Aktuelle Sonderausstellung: „Kirchner als Meister der Drucktechnik“ (bis 24. April). Ernst Ludwig Kirchner, Expressionist und Mitbegründer der „Brücke“, kam 1917 zur Heilung seiner Lungenkrankheit nach Davos, blieb und ergänzte sein Werk durch Bilder von der eindrucksvollen Landschaft um Davos. In Nazi-Deutschland als „entartet“ verfemt und aus der Berliner Akademie ausgeschlossen, nahm er sich 1938 das Leben; er ist auf dem Friedhof Davos begraben.
In einer solchen musste Donald Trump natürlich nicht übernachten, während er als US-Präsident in Davos zu Gast war. Auf ihn wartete das etwas außerhalb gelegene, erst 2013 eröffnete Fünf-Sterne-Haus „AlpenGold“, wegen seiner bronzefarbenen Hülle aus Metall und seiner Form auch „Goldenes Ei“ genannt.
Das architektonische Kontrastprogramm liefert auf der anderen Seite der Panoramastraße das 1875 eröffnete „Icon Belvedere“ mit Jugendstil-Fassade. Die Galerie im Foyer zeigt berühmte Gäste: 1880/81 ist Robert Louis Stevenson („Die Schatzinsel“) einen Winter lang hier, 1894/95 kommt Sir Arthur Canon Doyle („Sherlock Holmes“).
Zum Hotel "Schatzalp" in Davos kommt man nur mit einer Standseilbahn
Doch noch weit berühmter als dieses Hotel ist die auf 1851 Metern gelegene „Schatzalp“, zu der man nicht mit dem Auto, sondern nur mit einer Standseilbahn gelangt. Im Jahre 1900 eröffnet, lässt das Haus noch heute die damalige Atmosphäre erahnen, weil es nahezu unverändert geblieben ist – außen ohnehin, aber teilweise auch im Inneren. Der Marmorboden ist noch original.
Die Terrassen, auf denen die Patienten einst gute Luft tankten, dienen noch heute dem Sonnenbaden der Gäste. Viele Zimmer sind so wie vor 100 Jahren, etwa ohne Fernseher. „Wir wollen ja die ursprüngliche Atmosphäre wiedergeben“, betont Isabella Weijnman. Und es ist das einzige Hotel, das abends eigens einen Klavierspieler engagiert, also im wahrsten Wortsinne eine Pianobar hat, obwohl viele andere so heißen.
Berühmt wurde das Haus durch Thomas Manns Roman „Zauberburg“, dessen ursprüngliches Titelblatt aus dem Jahre 1924 die damalige Lungenklinik mit ihrer charakteristischen Terrasse ziert. Zu der in dem Roman dargestellten morbiden Atmosphäre der europäischen Gesellschaft vor dem Ersten Weltkrieg ließ sich der spätere Literaturnobelpreisträger bei einigen Besuchen im Frühjahr 1912 inspirieren.
Seine Frau Katja wurde in dieser Zeit in einem Sanatorium weiter unten Richtung Tal behandelt. Seit 1957 firmiert dieses als „Waldhotel“ und erinnert gerne an diese, seine berühmteste Bewohnerin mit einem originalgetreuen Nachbau ihres ursprünglichen Zimmers, das einem Umbau zum Opfer fiel. Ein eigens konzipierter, recht steiler und mit vielen Holzfiguren verzierter „Thomas-Mann-Weg“ führt von der „Schatzalp“ hinab zum „Waldhotel“.
Davos und die "Schatzalp" - Kulisse mehrerer Kinofilme
Zusätzlichen Hype erleben Davos im Allgemeinen und die „Schatzalp“ im Speziellen als Kulisse mehrerer Kinofilme, zuletzt der schweizerischen Fernsehproduktion „Davos 1917“. Ende 2023 in der ARD gesendet, erreichte sie in Deutschland rund vier Millionen Zuschauer. Und von denen wollen nun offenbar nicht wenige die echte Location sehen.
Gedreht wurde damals um das Hotel herum, aber auch auf der Terrasse, im historischen Lift und an der Rezeption, an der die Gäste nicht nur von deren freundlicher Chefin begrüßt werden, sondern auch von vier hauseigenen Katzen. Auch für Kinofilme wie das französische Liebesdrama „Die Frau im Mond“ (2016) oder die für einen Oscar nominierte Tragikomödie „Ewige Jugend“ (2015) mit Michael Caine und Jane Fonda wurde hier oben gedreht.
Doch was sind Filme gegen die echte Landschaft! Von der Talstation aus geht es per Standseilbahn auf 2844 Meter hinauf zum Weissfluhgipfel. Doch bereits in Höhe der Mittelstation auf 2218 Metern kann man einen atemberaubenden Blick genießen. Und auf der Terrasse des Lokals „Höhenweg“ einkehren. Eben „da wo‘s schön ist“.
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