Wer am PC den Nachnamen von Gustave Eiffel eingibt, dem bietet das automatische Korrekturprogramm zuweilen die Version mit einem „f“ – so wie die Region Eifel eben heißt. Das ist gar nicht so weit hergeholt. Denn seine Vorfahren stammen aus der Gegend um Ahrweiler und Euskirchen, heißen anfangs Bönickhausen, erst später mit Zusatz Eiffel. Doch nach dem Deutsch-Französischen Krieg von 1870/71 lässt der Ingenieur den „Bönickhausen“ streichen, um nicht als „deutsch“ und damit als unpatriotisch zu gelten. Nicht auszudenken, hätte er das nicht getan! Dann hieße das Wahrzeichen von Paris heute womöglich Bönickhausen-Turm.
2024 wird von „La Tour Eiffel“ – im Französischen ist das Wort Turm weiblich – viel die Rede sein. Denn in Paris wird mächtig gefeiert: die Olympischen Spiele im Sommer, aber auch die Wiedereröffnung der Kathedrale Notre-Dame im Dezember, schließlich der 80. Jahrestag der Befreiung von den Deutschen im August. Und zufällig liegt vor all diesen großen Events auch der 100. Todestag des Eiffelturm-Erbauers.
Bereits vor seinem Meisterwerk ist Eiffel ein bekannter Ingenieur. 1858 konzipiert der erst 25-Jährige in Bordeaux die 500 Meter lange Eisenbahnbrücke über die Garonne – nicht aus Stein gemauert, sondern aus Eisenteilen montiert. In den 1870er Jahren ist er in Südamerika tätig, plant die Hauptbahnhöfe von Santiago de Chile und La Paz (Bolivien) sowie Kathedralen in Peru.
Freiheitsstatue in New York
Sein erstes berühmtes Werk wird die Freiheitsstatue in New York. Denn in ihrem Innern trägt Miss Liberty ein von Eiffel 1879 entwickeltes 46 Meter hohes Stahlgerüst. Sein Landsmann Bartholdy gestaltet lediglich die äußere Hülle der Dame mit der Fackel.
1889 steht in Paris die Weltausstellung anlässlich des 100. Jahrestags der Revolution von 1789 an. Eiffels Büro will sich an dem Architektur-Wettbewerb beteiligen. Es ist sein Mitarbeiter Maurice Koechlin, der zu diesem Anlass eine Idee entwickelt, die bereits die zentralen Elemente des späteren Eiffelturms enthält: 300 Meter Höhe, Pylon, vier Füße, Eisenkonstruktion. Eiffel ist zunächst nicht begeistert, lässt den Entwurf ästhetisch aufmöbeln. Damit gewinnt er die Ausschreibung.
Den Eiffelturm entdecken
Lage: im Herzen von Paris, im 7. Arrondissement am nordwestlichen Ende des Marsfeldes, unweit der Seine, aber nahezu von überall in der Stadt nicht zu übersehen.
Erste Ebene in 58 Metern Höhe mit Platz für 3000 Personen, Restaurant „58 Tour Eiffel“, Souvenirladen und Poststelle, die einen eigenen Poststempel führt; zweite Ebene in 116 Metern Höhe mit Plattform für 1600 Personen, kleiner historischer Ausstellung und Sterne-Restaurant „Le Jules Verne“ mit 75 Plätzen; dritte Ebene in 276 Metern Höhe mit einer 250 Quadratmeter großen Plattform für 400 Personen, von der aus man bei gutem Wetter bis zu 80 Kilometer weit sehen kann.
Aufgang: Auf Treppen mit insgesamt 1665 Stufen oder in Aufzügen. Insgesamt gibt es neun – zunächst jene, die vom Boden bis in die zweite Etage verkehren. Dort findet der Umstieg zu den Fahrstühlen mit Doppelkabinen statt, die in die dritte Etage führen.
Geöffnet: das gesamte Jahr über, außer bei schwerem Sturm. Die Aufzüge fahren von 9.30 bis 23 Uhr (im Sommer bis nach Mitternacht), das Treppenhaus ist bis 18.30 Uhr (im Sommer bis nach Mitternacht) geöffnet. Bis 8. Februar 2024 wegen Wartungsarbeiten in der dritten Etage nur bis zur zweiten Etage geöffnet.
Preise: ausgesprochen differenziert. Beispiele: Erwachsene bis zweite Etage, Treppenaufgang 11,80 Euro, bis zweite Etage mit Fahrstuhl 18,80, zur Spitze mit Fahrstuhl 29,40, mit einem Gas Champagner 51,40 Euo. Detaillierte Infos auf der Website.
Ticketkauf/Info: offizielle Website des Eiffelturms, deutsche Version unter www.toureiffel.paris/de. -tin
Seine Befürworter rühmen ihn als Zeichen der Moderne, der Zukunft, generell einer neuen Zeit, auch und gerade politisch, als die junge Republik sich noch starker monarchistischer Strömungen erwehren muss. Die Kritik ist vor allem ästhetisch motiviert. Künstler wie Alexandre Dumas und Guy de Maupassant veröffentlichen einen Brief, in dem sie als „leidenschaftliche Liebhaber der bisher unangetasteten Schönheit von Paris“ protestieren. Vergebens.
Am 28. Januar 1887 beginnen die Arbeiten. Die 18 000 Eisenteile werden nicht geschweißt, sondern mit 2,5 Millionen Nieten verbunden. Nach nur zwei Jahren ist das Bauwerk fertig und mit 312 Metern das höchste der Welt; erst vier Jahrzehnte später wird es vom Chrysler Building in New York abgelöst. Am 31. März 1889 besteigt Eiffel mit Honoratioren erstmals seinen Turm.
Während der Weltausstellung verzeichnet er 1,9 Millionen Besucher, darunter der Zar von Russland und ein junger Inder namens Mahatma Gandhi. Nach anderthalb Jahren hat sich das Projekt amortisiert. Eiffel, der die Rechte besitzt, ist damit mehrfacher Millionär.
Doch in den Jahren danach erlebt er schwere Rückschläge. 1891 stürzt seine Eisenbahnbrücke bei Münchenstein (Schweiz) ein – samt voll besetztem Personenzug: 73 Tote und 171 Verletzte. Im Zuge des Skandals um den Bau des Panamakanals, für den Eiffel 30 Schleusen liefern soll und bereits eine Vorauszahlung erhält, wird er 1893 in einem spektakulären Prozess der Bereicherung schuldig gesprochen und zu zwei Jahren Gefängnis verurteilt; zwar wird er später rehabilitiert, doch sein Ruf ist hin. Er zieht sich aus dem Geschäft zurück und stirbt am 27. Dezember 1923 mit 91 Jahren in Paris.
Zweiter Weltkrieg unterbricht Erfolgsgeschichte
Sein Turm übersteht die Abriss-Diskussion nach Ende der Weltausstellung – nicht wegen seiner touristischen, sondern seiner technischen Bedeutung, als Wetterwarte und Funkstation. Im Ersten Weltkrieg wird hier ein Funkspruch abgefangen, der zur Enttarnung der Spionin Mata Hari führt. In den 1920er Jahren ist der Turm Ausgangspunkt erster Radio- und Fernsehsendungen.
Der Zweite Weltkrieg unterbricht diese Erfolgsgeschichte. Bevor die Deutschen 1940 in Paris einmarschieren, kappen die Franzosen die Kabel für die Fahrstühle. Als Hitler am 24. Juni die Hauptstadt besucht, muss er daher auf die Besichtigung verzichten. Nur aus der Entfernung entstehen die Fotos „Der Führer und der Eiffelturm“, die für die Franzosen so demütigend sind – ebenso wie die riesige Hakenkreuzflagge, die von Pionieren der Wehrmacht an der Spitze gehisst wird. Nur für kurze Zeit gelingt es Resistance-Kämpfern, sie heimlich durch die Trikolore zu ersetzen.
Als im Sommer 1944 die Alliierten anrücken, befiehlt Hitler, Paris zu zerstören. Unter den Objekten, die gesprengt werden sollen, ist auch der Eiffelturm. Stadtkommandant Cholditz verweigert den Befehl. Alle Bauwerke sind unversehrt, als Paris am 25. August 1944 befreit wird; im Jahr 2024 wird der 80. Jahrestag dieses Ereignisses ausgiebig gefeiert.
Nach dem Krieg wird der Turm wieder Attraktion für Besucher, sogar für Vierbeiner: Ein entlaufener Elefant schafft es in seiner Verwirrung am 4. Juni 1948 bis zur ersten Etage. Die Zahl der zweibeinigen Besucher schwillt in den 1950er Jahren auf eine Million pro Jahr an. 1983 wird der hundertmillionste gezählt. Mireille Mathieu überreicht ihm den Schlüssel für einen Citroen BX; allerdings hat der Glückliche, weil zehn Jahre jung, keinen Führerschein.
Über 300 Millionen Besucher
2017 folgt der 300-millionste Besucher. Und jährlich kommen bis zu sieben Millionen hinzu. So ist der Turm eine der wenigen Sehenswürdigkeiten Frankreichs, die ohne Subventionen auskommt. Die Stadt Paris freut sich. Eine kommunale Tochtergesellschaft wird Turm-Besitzerin, als 1980 die Konzession für Eiffel bzw. dessen Erben ausläuft.
Allerdings ist der Unterhalt aufwendig. Alle sieben Jahre muss der Bau neu gestrichen werden, in Eiffelturm-Braun, wie die Farbe offiziell heißt. Und dabei geht es nicht nur um ein paar Streben: Die zu bearbeitende Fläche misst 200 000 Quadratmeter. 60 Tonnen Farbe und 18 Monate Zeit brauchen die Arbeiter, die dabei durch insgesamt 50 Kilometer Sicherheitsleinen und zwei Hektar Auffangnetze gesichert werden.
Dank seiner Berühmtheit wird der Turm regelmäßig zur Filmkulisse. In der James-Bond-Folge „Im Angesicht des Todes“ 1985 steigt in schwindelerregender Höhe die Verfolgungsjagd zwischen Roger Moore und Grace Jones. In Katastrophenfilmen wie „Independence Day“ oder „Armageddon“ gilt der Turm als Symbol menschlicher Zivilisation.
Er wird Ziel für Sportler und ihre Ambitionen – 1995 schafft Triathlet Yves Lossuoarn den Lauf an die Turmspitze in acht Minuten und 51 Sekunden –, aber auch für Lebensmüde: Der erste Suizid erfolgt bereits 1898, als eine Frau sich hier erhängt. Etwa 400 Menschen nehmen sich seither am Eiffelturm das Leben.
Seine ikonische Bedeutung macht den Turm auch zum potenziellen Ziel von Terroristen. Als Folge der Anschläge auf den Bataclan 2015 werden zur Seine und zum Marsfeld hin für 35 Millionen Euro drei Meter hohe und 6,5 Zentimeter dicke kugelsichere Glaswände errichtet.
Auf der zweiten Ebene liegt das feine Sterne-Restaurant „Le Jules Verne“. 2017 speisen hier die Präsidenten-Paare Macron und Trump. Das Menü endet jedoch mit einem Missklang. Grund: Trumps „Kompliment“ zur Begrüßung, für ihr Alter sehe sie ja noch ganz gut aus. Doch mit „sie“ meint er nicht „La Tour Eiffel“, sondern Madame Macron.
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