Ausstellung (mit Fotostrecke)

Wie der Fotograf Horst Hamann New York nach Mannheim holt

Horst Hamann hat auf Turley seine "Galerie New York" eröffnet. In der Ausstellung zu sehen ist das gesamte Schaffen des Mannheimers, der im Big Apple berühmt geworden ist - darunter auch Skateboards

Von 
Waltraud Kirsch-Mayer
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In der Quadratestadt geboren, im Big Apple berühmt geworden: Nun hat Horst Hamann ein Stück New York nach Mannheim geholt. © Enzo Benoit a la Guillaume/Gallery NY

Mannheim. „Here is New York“ prangt auf einem giftgrünen Hinweisschild vor jener Galerie, die in Mannheim auf einem Areal eröffnet wurde, das bis vor einigen Jahren so etwas wie eine amerikanische Enklave war - die Turley Barracks. Wolkenkratzer sieht das Konzept für die urbane Neugestaltung der vom US-Militär zurückgegebenen 13 Hektar nicht vor. Dafür lässt sich „Hoch hinaus“-Architektur in der „Gallery New York“ mit himmelwärts stürmender Optik bestaunen. Schließlich gilt Horst Hamann, der an Rhein und Neckar aufgewachsen ist und Jahrzehnte jenseits des Ozeans in der nie schlafenden Mega-Metropole gelebt hat, als Erfinder der vertikalen Fotografie.

In der Ausstellung hat der 64-Jährige seiner „Linhof Technorama“ eine eigene Wand gewidmet - versehen mit einer riesigen „90“. Horst Hamann erzählt gern die Geschichte, wie er angesichts enger Straßenschluchten auf die Idee kam, die Kamera um 90 Grad zu drehen und New York von unten nach oben und umgekehrt zu erkunden. Der Klick im Kopf war zwar der Anfang, aber kein Senkrecht-Start. Zwei Jahre sollte es dauern, ehe Hamann sich mit dem Technik-Dreh sozusagen in aller Breite auskannte und daraus sein Markenzeichen entwickelte.

Kunst

Blick in die neue Gallery New York in Mannheim

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Kultstatus als Skateboard

Eher unauffällig präsentiert sich ein Negativstreifen seiner ersten Vertikalaufnahme am Bryant Park, der von Wolkenkratzern umgebenen Grün-Oase in Manhattan. Darüber prangen vier Streifenabzüge der gleichen Szenerie, aber in waagrechtem Format. Dass der Perspektivwechsel aus langweiligen Allerweltsaufnahmen ein interessantes Motiv macht, springt sofort ins Auge.

Der Filmtitel „Ich war noch niemals in New York“ dürfte für so manche zutreffen, die New York in der Galerie nicht nur optisch inhalieren. Aber vermutlich beschleicht auch sie das Gefühl, Vertrautes wieder zu erkennen: Schließlich sind die in der Fifth Avenue kursierenden gelben Taxis aus unzähligen Hollywood-Filmen bekannt - was auch für Gebäudefassaden mit typischen eisernen Feuerleitern zutrifft. Hamanns Bilder gehen nicht nur hoch hinaus, sondern auch ins Detail. Man muss schon ein bisschen überlegen, ehe einem bei einer fast grafisch anmutenden Schwarz-Weiß-Aufnahme dämmert, dass die drei geschwungenen Linien und die vier Buchstaben „GUGG“ zu dem in der Grundform einer Rotunde erbauten Guggenheim- Museum Upper East Side gehören. Ziemlich schräg kommt einem der Panorama-Blick auf die 319 Meter hohe Spitze des Chrysler-Gebäudes im Art Déco-Stil vor: Hamann hatte sich für dieses Motiv im wahrsten Sinne des Wortes hinausgelehnt - aus einem Helikopter.

Horst Hamann (M.) mit Eli Morgan Gesner (l.) und Adam Schatz (r.), den Gründern von Zoo York. © Enzo Benoit a la Guillaume/Gallery NY

Die wandgroße Collage aus Porträts von Männern, Frauen, auch Kindern, die der Wahl-New-Yorker in der Schmelztiegel-Metropole mehr oder weniger zufällig abgelichtet hat, besticht durch die Vielfalt der Menschen mit mannigfachen Wurzeln. Sie verbindet, dass alle die Augen geschlossen haben - was ihre Körperhaltung gleich einem Weichzeichner entspannt. „New York vertikal“ sollte nicht nur als Foto-Klassiker international Karriere machen, sondern obendrein als Skateboard Kultstatus erlangen. Denn Eli Morgan Gesner und Adam Schatz, Mitbegründer von „Zoo York“ - jenem Unternehmen, das Mitte der 1990er das einstige Asphaltsurfbrett zu einem Trendflitzer aufpeppte - versahen den stabilen Bildband im XXL-Format mit Rollen. Nicht nur dieses legendäre Pioniermodell ist zu bestaunen. Für Furore sorgte auch jenes Skateboard, dessen Deck eine Fotomontage ziert, auf welcher die am 11. September 2001 zerstörten Zwillingstürme aus der Skyline verschwunden sind, sich aber fiktiv in einer Straßenpfütze spiegeln - deshalb der Titel „Unbreakable“ im Sinne von „unverbrüchlich“.

Horst Hamann


  • Der Fotograf Horst Hamann wurde 1958 in Mannheim geboren. Seine international berühmten „Verticals“ gibt es von New YorkMannheim und Paris.
  • DasMuseum of the City of New York widmete ihm als erstem deutschen Fotografen eine mehrmonatige Einzelausstellung. 2015 erhielt er den Deutschen Fotobuchpreis.
  • Die Mannheimer Edition Panorama verlegt Bücher und Kalender des Fotokünstlers, der ursprünglich Profi-Fußballer werden wollte und den SV Waldhof in 270 Fotografien porträtiert hat.
  • Die „Gallery New YorkFritz-Salm-Straße 3 in Mannheim, hat samstags von 12 bis 17 Uhr und sonntags von 14 bis 18 Uhr geöffnet. Jährlich sind drei Ausstellungen mit Workshops geplant. In der aktuellen NY-Schau sind neben verkäuflichen Fotografien auch private Sammlerstücke zu sehen.
  • Ab diesem Samstag, 29. Oktober, können Sie Horst Hamann auch im „Mensch Mannheim“-Podcast von „MM“-Chefredakteur Karsten Kammholz erleben. 

Sehnsucht nach neuen Horizonten

Bewegende Foto-Kunst, die mittels Rollen eine neue Dimension bekommt. Ohnehin ist es mit Bewegung so eine Sache. Bernhard Shaw soll gesagt haben, dass Tanzen der vertikale Ausdruck einer horizontalen Begierde legalisiert durch Musik ist. Beim Rundgang durch die Mannheimer NY-Gallery hätte der irische Dramatiker vielleicht seinen Ausspruch umgedichtet: Vertikalfotografie ist Sehnsucht nach neuen Horizonten realisiert von Horst Hamann. Wer sagt eigentlich, dass eine Filmleinwand rechteckig sein muss? In dem kleinen Galerie-Kino wird das Quere auf den Kopf gestellt. „Mit Gallery NY und dem vertikalen cineMA“, sagt Horst Hammann, „schließt sich ein Kreis zwischen meiner Heimatstadt Mannheim und meiner Wahlheimat New York.“

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