Mannheim. Wenn das Publikum weiß, was im nächsten Augenblick passiert, kann dies tödlich langweilig sein. Aber auch köstlich kultig - wie bei „Dinner For One“. Wenn freilich eine in unseren Hirnwindungen Gag für Gag abgespeicherte Geschichte ein bisschen anders auf die Bühne oder Mattscheibe gebracht wird, nehmen Fans dies oftmals übel.
Nicht so bei der „Wie alles begann“-Variante rund um eine hochbetagte Lady, quicklebendig verblichene Gäste, einen stolpernden Butler, reichlich Alkohol und natürlich ein kopflastiges Tigerfell. Die im Mannheimer Schatzkistl 2002 uraufgeführte Story zu dem Alle-Silvester-wieder-Sketch ist auf dem besten Weg selbst Kult zu werden. Das Publikum zeigt sich beim ersten Abend der 22. Staffel erneut begeistert.
Peter Baltruschat hatte die Idee, aus dem Sketch ein Theaterstück zu machen
Wie die Grenze zwischen gefeierter Komik und durchgefallenem Klamauk verläuft, warum Running Gags mal funktionieren und dann wieder nerven, ist und bleibt unergründlich. Wie auch immer, die Idee des Schatzkistl-Impresario Peter Baltruschat den eigentlich nur 18- minütigen Sketch in eine abendfüllende Komödie zu verwandeln, ist Autor Volker Heymann pointenreich gelungen.
Auch weil er all die berühmten und beliebten Szenen des Kammerspiels, besser gesagt der Speisesaalperformance, beibehalten, aber gleichwohl mit zusätzlicher Handlung als Spielwiese neuer Situationskomik verknüpft hat. Zum Erfolg der Eigenproduktion, bei der Jürg Hummel Regie führte, tragen wesentlich Regina Steegmüller (Miss Sophie), Gunter Möckel (Butler James) und Tom Hartmann (genervter Regisseur) bei. Denn sie setzen das, was so schön Lustspiel heißt, mit Verve auf der Kleinkunstbühne um. Slapstick ja, Schenkelklopfer nein.
Die „Wie alles begann“-Story ist schnell erzählt: Ein Regisseur, der „Dinner For One“ entstaubt inszenieren möchte, sucht für seine abgesprungene Starbesetzung kurzfristig Ersatz und verzweifelt sichtlich an einem egomanen alternden Mimenpaar, das vorspricht. Elvira und Klaus sind zwar begnadete Selbstdarsteller - aber ohne schauspielerische Begabung. Dass sie dennoch die Rollen als Miss Sophie und Butler James bekommen, ist Termindruck und nicht etwa Talent geschuldet.
Legendärer 90. Geburtstag mit ein paar verstorbenen Gästen
Im zweiten Akt öffnet sich der Vorhang zu dem legendären 90. Geburtstag jener Lady, die in der Vergangenheit lebt. Das Festmahl ist eigentlich ein „Dinner For Five“, weil an der gedeckten Tafel ebenfalls die längst verstorbenen (vom Diener imitierten) Freunde Mr. Winterbottom, Mr. Pommeroy, Admiral von Schneider (bitte schön Snyder ausgesprochen) und Sir Toby Platz nehmen. Auch wenn im englischen Text - von beiden wunderbar sophisticated prononciert - so ziemlich alles wie bekannt abläuft, bricht sich gleichwohl die eine oder andere Bosheit verbal Bahn, die meist der Mimin von Miss Sophie gilt.
Schließlich ist die noble Lady weder eine „Schnepfe“ , noch verwendet sie Melkfett als Antifaltencreme. Solcherart Einsprengsel gehören beim Mannheimer Schatzkistl seit 2002 zur „Every-Year-Procedure“. Und das zur Freude des Publikums.
Info: Weitere Aufführungstermine: 28. bis 30. Dezember 2024 sowie 3. und 4. Januar 2025 jeweils 20 Uhr.URL dieses Artikels:
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