Interview

Sven Väth über Mannheim: „Es war eine unglaubliche Nacht!“

Techno-Ikone spricht über einen opulenten Bildband zu seiner Weltkarriere – und über die Party zu seinem 60. Geburtstag bei der Mannheimer Time Warp im Herbst 2024.

Von 
Steffen Rüth
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Für immer Kult: Techno-Pioniert Sven Väth feierte seinen 60. Geburtstag am 26. Oktober 2024 auf der Mannheimer Time Warp. © Marko Edge/Time Warp

Frankfurt. Gerade ist Sven Väth zum dritten Mal Vater geworden. Aber einen ausgedehnten Vaterschaftsurlaub gönnt sich Väth – zumindest in diesem Frühjahr – nicht. Das Urgestein der deutschen Club- und Technoszene ist unermüdlich im Rahmen seiner „T.R.A.N.C.E World Tour 2025“ auf vier Kontinenten unterwegs und setzt so eine über vierzig Jahre andauernde Karriere fort, die ihresgleichen sucht. Aufgrund der aktuellen Vaterpflichten findet das Interview mit Sven Väth schriftlich statt und liest sich entsprechend knackig.

Glückwunsch an den frischgebackenen Vater. Wie fühlst du dich?

Sven Väth: Unglaublich! Es ist ein wunderschönes Gefühl, nochmal Vater zu werden.

Deine Kinder kamen in völlig unterschiedlichen Lebensphasen zur Welt. Beim ersten warst du Mitte zwanzig, beim zweiten Mitte vierzig, jetzt bist du sechzig. Macht es das besonders spannend?

Väth: Ja, jede Phase hat ihre eigene Magie und Herausforderung.

Was wird der 60-jährige Sven als Vater anders machen als der 25-jährige?

Väth: Ich bin ruhiger, reflektierter und genieße jeden Moment bewusster.

Du hast 2024 – wie unter anderem Reinhold Messner, Robbie Williams und Kevin Costner - einen Bambi gewonnen. Eine coole Sache?

Zur Person



  • Sven Väth wurde am 26. Oktober in Offebbach geboren . Seine Karriere als DJ-Ikone der Genrea Acid und Techno nahm ab 1982 im Frankfurter Club „Dorian Gray“ Fahrt auf. Das setzte sich im „Omen“ und im Cocoon“ fort.
  • 2000 gründete der Träger der Frankfurter Goetheplakette das Label Cocoon Recordings. Bis heute gilt Väth weltweit als einer der bedeudendsten DJs.
  • Bildband: Sven Väth - 4 Decades behind the Decks: A Journey Of Music, Magic and Euphoria “. 341 Seiten, 149 Euro. Erhätlich unter www.cocoon.net/shop
  • Am 5. April ist Sven Väth wieder zu Gast auf der Mannheimer Time Warp . am 1. Juni folgt ein Auftritt i Hafen 49. Alle Livetermine unter: www.cocoon.net/sven-vath-tour-dates.jpk

Väth: Auf jeden Fall. Eine schöne Anerkennung für meine Leidenschaft.

Bei der „Time Warp“ in Mannheim im vergangenen Herbst hast du in deinen Sechzigsten reingefeiert. Wie war es?

Väth: Es war eine unglaubliche Nacht! Die Energie des Publikums, die Musik, die Magie des Moments – es war der perfekte Ort, um diesen Meilenstein zu feiern. Mannheim und Time Warp sind für mich seit Jahrzehnten ein wichtiger Bestandteil meiner Reise.

Und wie lief dann der eigentliche Geburtstag am 26.Oktober?

Väth: Am Tag nach der eigentlichen Party spielte ich noch bis etwa 10 Uhr in der Afterhour. Aber die Zeit drumherum war sehr entspannt. Ich habe mir Zeit genommen, um innezuhalten, zu reflektieren und mit meinen engsten Menschen zu feiern. Eine Balance zwischen Ekstase und Ruhe.

Ist es okay, 60 zu sein?

Väth: Es ist mehr als okay – es fühlt sich richtig gut an! Alter ist eine Zahl, die Energie und die Leidenschaft bleiben.

Wird man als DJ schneller, langsamer oder einfach nur anders älter als die übrigen Leute?

Väth: Man altert anders. Man bleibt viel in Bewegung, lebt mit dem Rhythmus, aber die Erfahrung verändert, wie man die Dinge wahrnimmt.

Die Huldigungen auf der Time Warp für Genre-Altmeister nahmen in Mannheim erstaunliche Formen an. © Marko Edge/Time Warp

Bleibt der Kopf immer gleich jung?

Väth: Wenn man neugierig bleibt und sich immer wieder herausfordert – ja.

Und der Körper?

Väth: Der Körper braucht mehr Aufmerksamkeit, Regeneration wird wichtiger. Aber wenn man ihn pflegt, trägt er einen weiter durch lange Nächte.

Was tust du für die Gesundheit?

Väth: Gute Ernährung, Bewegung, Ayurveda – und immer wieder Momente der Ruhe.

Wie ist das mit den Drogen?

Väth: Jeder Mensch trifft seine eigenen Entscheidungen. Mir geht es um Balance und darum, bewusst zu leben. Ich habe meine Erfahrungen damit gemacht, gute wie schlechte.

Am 28. Februar legst du noch einmal im Cocoon-Club auf. Mit was für Gefühlen?

Väth: Es ist nicht mehr der Cocoonclub. Heute ist es das Zoom - ein Veranstaltungsort, dennoch erwarte ich einen Abend mit viel Freude und Nostalgie. Cocoon war und ist ein wichtiger Teil meiner Geschichte, mit der Event-Agentur und dem Plattenlabel sind wir immer noch sehr aktiv und feiern dieses Jahr 25 Jahre Cocoon Recordings.

4 Decades Behind The Decks: A Journey Of Music, Magic, And Euphoria heißt dein Bildband. Was empfindest du, wenn du ihn durchblätterst?

Väth: Stolz, Dankbarkeit, Staunen. Es ist eine Reise durch vier Jahrzehnte voller Leidenschaft und Musik.

Wenn man mittendrin ist, realisiert man oft nicht, wie weit man gekommen ist.

Staunst du selber, was du für eine Reise hingelegt hast?

Väth: Ja, absolut. Wenn man mittendrin ist, realisiert man oft nicht, wie weit man gekommen ist.

Du sagst, auf der Tanzfläche hat sich dir eine neue Welt eröffnet. Was hast du beim Tanzen gespürt?

Väth: Freiheit, Ekstase, Verbindung – eine völlig neue Dimension von Musik und Gemeinschaft.

Hältst du dich für einen guten Tänzer?

Väth: Tanzen ist Ausdruck, keine Technik. Also ja, ich bin ein leidenschaftlicher Tänzer.

Kannst du beim Tanzen alles andere vergessen?

Väth: Definitiv. Der Moment gehört nur der Musik und der Bewegung.

Siehst du dich als musikalischen Visionär?

Väth: Ich folge meinem Instinkt und meiner Leidenschaft. Wenn das visionär ist, dann ja.

Was hat dir das Dorian Gray in den frühen 80ern bedeutet?

Väth: Es war meine Schule, mein Spielfeld, meine erste große Liebe in der Clubkultur.

Bedeutete feiern Freiheit?

Väth: Ja. Und das tut es heute noch.

Waren die 80er cooler als die heutige Zeit?

Väth: Jede Zeit hat ihren Zauber. Die 80er waren wild, revolutionär – heute ist vieles anders, aber auch spannend.

Auch das Publikum feierte Sven Väth in der Maimarkthalle frenetisch. © Marko Edge/Time Warp

Wie geht es eigentlich dem Techno so zurzeit?

Väth: Techno lebt, verändert sich, wächst. Es gibt immer neue Wellen und Strömungen. Die junge Generation steht wieder auf schnellere & härtere Beats, auf der anderen Seite sind deepe & perkussive Sounds wieder sehr präsent. Beide Strömungen sind teilweise im Mainstream angekommen.

Welche Tipps gibt es vom „Babba“ an junge DJ-Kolleginnen und Kollegen?

Väth: Seid authentisch, spielt Musik, die euch bewegt, bleibt neugierig und geduldig.

Sind die Abgesänge auf Clubs und Clubkultur übertrieben?

Väth: Die Szene verändert sich, aber Clubkultur wird immer überleben – sie passt sich an.

Magst du vielleicht die drei geilsten und unvergesslichsten deiner DJ-Auftritte nennen?

Väth: Love Parade 1999 in Berlin, alle Time Warp in Mannheim, und meine Cocoon-Nächte auf Ibiza mit After Hours.

Momentan bist du ja wieder viel unterwegs. Was tust du, um die Reiserei erträglich zu halten)

Väth: Gute Planung, gesunde Ernährung, Ruhepausen und gute Gesellschaft.

Wovor warnst du?

Väth: Vor zu viel Selbstzweifel, vor dem Verlieren der eigenen Mitte und vor oberflächlichen Trends.

Vielleicht lege ich noch mit 80 auf!

Du siehst ja auch seit vierzig Jahren, wie sich die Welt verändert. Was sind deine Eindrücke?

Väth: Es gibt Orte, die sich dramatisch verändert haben – aber auch welche, die ihre Seele bewahrt haben.

Macht das eigentlich alles noch Spaß?

Väth: Ja, sonst würde ich es nicht tun.

Wie stellst du dir das Leben als Rentner vor?

Väth: Musik wird immer eine Rolle spielen. Vielleicht lege ich noch mit 80 auf!

Lebst du noch in London oder bist du weitergezogen?

Väth: Ich lebe jetzt in Italien – eine neue, spannende Phase.

Hast du Lust, was zur Politik zu sagen?

Väth: Ich setze mich für Freiheit, Toleranz und Gemeinschaft ein – das ist universell.

Ist die Demokratie global gesehen noch zu retten?

Väth: Wir müssen sie aktiv verteidigen und gestalten. Das ist unsere Verantwortung.

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