Zwischen Finkenbach und Arena-Tour

Naidoos Gitarrist: „Es ist Zeit, dass er wieder singt, anstatt Videos zu posten“

Vor seinem Auftritt beim Finkenbach Festival am Samstag spricht der Heidelberger Musiker Alex Auer auch über die Comeback-Tour mit Xavier Naidoo, in dessen Band er spielt.

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Thomas Wilken
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In Finkenbach wird Alex Auer (r.) wieder seine enormen Qualitäten als Frontmann demonstrieren. Der Heidelberger Gitarrist und Sänger freut sich aber auch sehr darauf, ab Dezember auf Arena-Tour dem Mannheimer Xavier Naidoo das Rampenlicht zu überlassen. © picture alliance / dpa

Heidelberg/Oberzent-Finkenbach. Der Auftritt beim Finkenbach Festival ist für Alex Auer, den Gitarristen von Xavier Naidoo, immer etwas Besonderes. Denn in der heutigen schnelllebigen Zeit ist er froh über alles, was ihn entschleunigt, was in eine andere Richtung geht, wo der Kommerz noch nicht die Oberhand hat. Er schätzt es, Musik zu erleben, „die nicht jeder hört“, und von Acts überrascht zu werden, „die man noch nicht bis ins Effeff kennt“.

Alex Auer liebt es, vor Leuten aufzutreten, „die hinkommen und es auch wollen“. Er würde sich wünschen, dass noch viel mehr jüngere Leute diese musikalische Freiheit entdecken. „Die Kids können sich dadurch entwickeln.“ Denn mit Tribute-Bands, bei denen nur das aus dem Lautsprecher kommt, was man sowieso schon kennt, kann er nichts anfangen. Er ist der Typ, der früher ins Jugendhaus ging und sich einfach von dem überraschen ließ, was gespielt wurde.

Krautrock-Festival als Kontrast zur Arena-Tour mit Naidoo

Der Gig im Odenwald bietet ein ziemliches Kontrastprogramm zu dem, was den Heidelberger und die Konzertbesucher ab Dezember erwartet, wenn er mit Naidoo auf Deutschland-Tour in den größten Hallen ist. Doch er ist stolz, jetzt auf dem überschaubaren Finkenbach Festival die dortige Energie spüren zu dürfen. Denn hier kann er sich für alles andere öffnen.

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Marco Pecht
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Auch wenn mit Neil Palmer Auers etatmäßiger Keyboarder seiner Band Detroit Blackbirds ebenfalls in der Naidoo-Truppe spielt, läuft die Vorbereitung auf diese Tour erst später an. „Eine Auswahl von Songs gibt es aber schon“, verrät der Gitarrist. Im Oktober startet die heiße Phase. Eine Woche probt die Band, zu der neben Palmer auch die alte Besetzung mit Ralph Gustke (Drums), Rhani Krija (Percussion) und Neuzugang Cem Firat (Bass) gehört. Danach folgen die Produktionsproben.

Vom Finkenbach Festival zur Arena-Tour

  • Alex Auer wurde am 3. April 1969 in Mannheim gebore n und wuchs in Hockenheim auf. Am dortigen Gauß Gymnasium machte er 1989 Abitur.
  • Schon mit 22 Jahren hatte er einen Plattenvertrag mit der Band Shyboy , die 1992 das harte Rockalbum „Best Of Wild Thing“ veröffentlichte und deutschlandweit Konzerte gab.
  • Seitdem etablierte sich der Wahl-Heidelberger über die Live-Szene zwischen Stuttgart und Frankfurt hinaus – nicht nur mit der Alex Auer Band oder seiner Stammformation Lava , sondern auch als Teil von Party-Combos wie der King Kamehameha Club Band oder den Soul Diamonds. 2013 stieß Auer zur Kölner Rockgruppe Benjrose um Frontmann Benjamin Rose.
  • Alex Auers erstes Soloalbum „Much Better“ erschien 2019 , unterstützt von seiner Band The Detroit Black Birds.
  • Seit 2002 ist Auer Mitglied in Xavier Naidoos Live-Band . Mit dem lange umstrittenen Popsänger geht er ab dem Tourstart am 16. Dezember in Köln auf die erste Tournee nach sechs Jahren Pause. Die beiden Konzerte am 23. und 24. Januar in der Mannheimer SAP Arena zu sehen. Vorverkauf unter evemtim.de
  • Das 41. Finkenbach-Festival findet am 8. und 9. August im kleinen Oberzent-Stadtteil statt. Alex Auer y Banda spielen zum Abschluss, in der Nacht zum Sonntag um 1 Uhr. Es gibt noch Karten an der Abendkasse. Mehr unter www.finkenbachfestival.de. jpk

Zuerst einmal freut er sich, Xavier Naidoo endlich wieder singen hören zu dürfen. „Ich kenn‘ sonst niemanden in Deutschland, der einen so mit der Stimme abholt.“ Vor kurzem spielte er mit ihm einen Zwei-Mann-Gig nur mit akustischer Gitarre und war von der Energie hin und weg, die sich sofort entwickelte. „Das hat sich so gut angehört.“

Gitarrist Alex Auer: Auftritte mit Naidoo sind „1. Bundesliga“

Dass es nach sechs Jahren Pause wieder zur Zusammenarbeit kam, hatte eine gewisse Dynamik. Erst lief bei Auers zu Hause in der Küche ein Naidoo-Song, nur mit Piano untermalt, hoch und runter. Da sagte seine Frau: „Der muss mal wieder singen.“ Und weil der Gitarrist mit Naidoos Management sowieso in losem Kontakt stand, kam dann eines zum anderen.

Als nach Abstimmung mit allen Beteiligten klar war, dass es wieder Konzerte geben wird, „habe ich mich tierisch gefreut, weil es mir gefehlt hat“. Denn die Auftritte mit dem Sohn Mannheims sind für Alex Auer „1. Bundesliga und was ganz Tolles“.

Ihm ist die öffentliche Diskussion um die Person Naidoo bewusst. Der 56-Jährige sagt aber: „Ich kenn‘ ihn halt lange und weiß, dass die Hetze gegen ihn unberechtigt ist.“ Der Sänger hat seiner Meinung nach in der Vergangenheit schlecht kommuniziert. Auer bedauert, dass heutzutage gleich öffentlich auf jemanden eingedroschen wird, der vielleicht mal unangenehm auffällt. Früher konnte man unterschiedlicher Meinung und trotzdem noch befreundet sein. „Die Leute sollen sich respektieren“, wünscht sich der Heidelberger.

Vor seinem Entschuldigungsvideo nach Beginn des Ukraine-Kriegs hatte sich Naidoo zunehmend radikalisiert, antisemitisch und staatsfeindlich geäußert - in eigenen Videos und bei Interviews mit rechten Influencern. Die Folge: Laut Bundesverfassungsgericht darf man ihn einen Antisemiten nennen, die Staatsanwaltschaft Mannheim erhob Anklage wegen Volksverhetzung. Ein Prozesstermin am Landgericht steht aus.

Alex Auer: Kein Unterschied zwischen Auftritt in Kneipe oder SAP Arena

Für Alex Auer macht es erst einmal wenig Unterschied, vor wie vielen Leuten er auftritt: solo in der Kneipe vor 30 oder in der SAP Arena vor 10.000. Bei bestimmten Venues wie der Waldbühne in Berlin ist es jedoch „sensationell, was an Energie rüberkommt“. Er freut sich auf die dortigen Auftritte mit dem Sänger. „Es ist Zeit, dass er wieder singt, anstatt Videos zu posten“, meint Auer.

Alex Auer beim Finkenbach Festival, wo er mittlerweile gern gehörter Stammgast ist. © Thomas Wilken

Immer noch sehr stolz, dabei zu sein: „Wahnsinn, wenn Xavier singt“

Millionen von Menschen halten Naidoo als Künstler die Treue, „seine Stimme gibt Kraft“, betont Auer. Der Gitarrist weist darauf hin, dass Naidoo im Verborgenen sehr viel für Mannheim und die ganze Region getan habe. Das sollte man auch mal in die Waagschale werfen. Für ihn ist es „Wahnsinn, wenn Xavier singt“. Und deshalb sei er immer noch sehr stolz, dabei zu sein.

Wenn Alex Auer mit seiner „Banda“ in Finkenbach loslegt (in der Nacht von Samstag auf Sonntag um 1 Uhr), gibt‘s natürlich ein ganz anderes Programm. In dem aber auch Raum für Improvisationen ist. Die Setliste steht. Auf der finden sich auch Songs von Adax Dörsam, der gerade seinen 70. Geburtstag feierte. Mit Keyboarder Xaver Fischer und Bassist Carsten Kulina hat der Gitarrist dieses Mal zwei „Wahnsinnsmusiker“ dabei.

Das Woodstock im Odenwald hat Auer ins Herz geschlossen: Er schätzt die nicht kommerzielle Atmosphäre, das freundschaftliche Miteinander, das begeisterungswillige Publikum und das entspannte Zusammenwirken. Und das für 95 Euro für zwei Tage. „Schon cool.“

„Seit Corona weiß man es zu schätzen, wenn man Arbeit hat.“

Wobei der Heidelberger aktuell sowieso nicht über zu wenig Arbeit klagen kann. „Seit ein paar Monaten ist in alle Richtungen die Hölle los.“ Seine alte Band „Lava“ hat er vor einiger Zeit wieder erfolgreich reaktiviert. Klagen will Auer über diesen „positiven Stress“ nicht. Denn: „Seit Corona weiß man es zu schätzen, wenn man Arbeit hat.“

Freier Autor Freier Journalist für Tageszeitungen im südlichen Kreis Bergstraße und Odenwaldkreis

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