Kunst

So verwirrend ist Frank Piastas Spiel aus Farbe und Spiegel

Frank Piastas Werk-Serie „ziemlich“ in der Mannheimer Galerie von Peter Zimmermann spielt mit der Assoziation von Landschaft und Romantik, ist aber doch etwas ganz Anderes - wahrscheinlich

Von 
Christel Heybrock
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Farbige Verlockungen: Blick in die Ausstellung in der Leibnizstraße. © Frank Piasta

Irgendwo sitzt diesem eigentlich ernsthaften Mann der Schalk im Nacken. Frank Piasta, in der Mannheimer Galerie Peter Zimmermann zum wiederholten Mal zu Gast, gehört zu den Künstlern, die man kaum als Maler bezeichnen kann, weil Farbe für ihn Körper ist – dick und saftig, prall und unbekümmert, aber nicht in Öl angerührt, sondern in Silikon, ja, dem Material der Chirurgie und Badezimmerdichtungen, so kennt man ihn jedenfalls. Piasta hat damit wunderbar gespielt, hat Häufchen und dicke Tropfen, flache Tupfer mit Zentralberg oder Randerhebungen, urige kleine und große Knubbel scheinbar absichtslos hinterlassen, solche Gebilde wuchsen manchmal vom Boden die Wand hinauf zum Vergnügen von Besuchern, die einer irrealen, wie von Lebewesen erfüllten Welt gegenüber standen.

Das farbige Silikon ist immer noch Piastas Material. Seit Jahren jedoch folgt er auch einem Drang in die Fläche. Zuerst schichtete er Farben (gar nicht mehr pastos) auf Aluminiumflächen, und jetzt bei Zimmermann sind es gar Spiegel – das ist nicht mehr Fläche, sondern Reflexion.

Die „ziemlich“-Werke entstanden unter dem Eindruck des Corona-Lockdowns, den der in Freiburg (Breisgau) lebende Piasta zu Spaziergängen im Schwarzwald nutzte. Es kommt nicht von ungefähr, dass man in den Modulationen von Grauweiß über Rosa und Gelb bis hin zu von Rosa durchbrochenem Blau Landschaften assoziiert. Die sind zwar nicht gemeint, aber Piasta hat auch nichts dagegen, spricht sogar von Romantik und Caspar David Friedrich. Bei dem aber blitzt keine Spiegelfläche durch die Farbe, und wieso heißt der Werkkomplex „ziemlich“?

Bei Piasta winden sich „Giraffen durch lange Nebelstreifen“

Ja, bei Piasta blitzt eben nicht nur der Spiegel, sondern auch der Schalk manchmal durch. „ziemlich“, weil es ein bedeutungsloses Allerweltswort sei, bei dem man sich alles Mögliche vorstellen könne. Und die Spiegel – „was ist denn mit dem Blick in die Tiefe?“ ruft er in Erinnerung. Tatsächlich wird der Spiegel zur Kippfläche von Bedeutungen. Er suggeriert ebenso Raum wie Leere, je nachdem welche Position der Betrachter einnimmt. Und in Zusammenhang mit den horizontal aufgetragenen, atmosphärisch pulsierenden und halbtransparent durchbrochenen Farbschichten werden die Spiegelpartien ebenso zu Lichtflecken in einer möglichen Landschaft wie zur Absperrung, die den Betrachter zurück auf sich selbst verweist. Es steckt eine Doppelfunktion von Öffnung und Verweigerung in dieser Serie, und um Schalk und Verwirrspiel auf die Spitze zu treiben, hat Piasta einigen Arbeiten auch noch skurrile Titel gegeben. Da winden sich nicht nur „Giraffen durch lange Nebelstreifen“, sondern auch ein „Elch putzt sich die Nase“ oder „umspannt den Himmel“.

Genug der Rätsel, Piasta ist zur Greifbarkeit zurückgekehrt in zwei brandneuen kleinen Serien „blank volume“. Da locken hinter Glas und auf Spiegel montiert die leckersten Silikon-Knubbel, -Scheiben, -Fragmente, man möchte nur so hineinfassen und die Farbe fühlen. Die Spiegel vervielfältigen alles auch noch. Aber ach, das Glas davor … Verlockung und Versagung, es ist fast ein philosophisches Prinzip.

Freie Autorin MM Kulturredaktion 1974-2001, Fachgebiet Bildende Kunst

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