Mannheim. Der Zustand der Kunstwerke im öffentlichen Raum in Mannheim ist sehr unterschiedlich - abhängig davon, wem sie gehören beziehungsweise wem sie zugewiesen werden: ob sie Eigentum der Stadt Mannheim oder des Landes Baden-Württemberg sind oder im Besitz privater Eigentümer. Wir machen einen kleinen Ausflug in die Stadt und schauen uns die Werke und Kulturdenkmale - und ihren Erhaltungszustand an.
Im vergangenen Jahr wurde in dieser Zeitung über den Zustand der Röhren-Plastiken von Hans Nagel auf der Vogelstang berichtet, die auf einem schönen Platz installiert sind, der von der Neuen Heimat als ehemaligem Bauherrn angelegt wurde. Nur: Weder der Platz noch das Ensemble stehen unter Denkmalschutz. Die Farben sind verblasst, dafür gibt es zahlreiche Sprayerspuren. Auch haben der üppige Rost und das Gras im Pflaster in einem weiteren Jahr, in dem nichts passiert ist, nur zugenommen. Auch haben die 48 Wohnungseigentümer weiterhin wenig Lust, die Renovierung von damals geschätzten 50 000 Euro zu finanzieren.
Warum werden Künstler und Titel des Werks nicht benannt?
Ganz anders sieht es mit den Kunstwerken im Umkreis der Kunsthalle aus. Alle sind sie in gutem Zustand. Das trifft auch auf den Wasserturmplatz und seine Skulpturen sowie die Brunnen am Plankenkopf zu. Sprich: Was sich in der Nähe der Kunsthalle befindet, wird gesehen und gepflegt. Ähnliches ist über die Kulturmeile zu sagen, die von der Kunsthalle mit betreut wird. Doch hier gibt es ein großes Aber: Warum werden Künstler und Titel nicht benannt? Das wäre einfach und wenig kostspielig. Dies könnte man auch mit einem QR-Code machen - und hätte dann vielleicht auch die jüngeren Leute mit im Boot.
Kunst im öffentlichen Raum Mannheim
- Die Kunsthalle, Port25, die Künstlernachlässe und der Verein Stadtbild bilden eine Arbeitsgruppe, die sich um die Kunstwerke im öffentlichen Raum in Mannheim inhaltlich kümmern und dafür sorgen wollen, dass es bald eine Website gibt, in der alle Kunstwerke aufgeführt werden.
- Hans Nagel (1926 in Heidelberg bis 1978) war Schüler von Will Sohl, dann autodidaktisch mit Architekturmodellen, Gebrauchsgrafik und Bühnenbildentwürfen in Mannheim tätig. Er lehrte an der Fachhochschule Mannheim und wurde 1973 an die Hochschule der Künste Berlin berufen.
- Otto Herbert Hajek (1927 in Kaltenbach, Tschechoslowakei, bis 2005) studierte an der Akademie in Stuttgart, wo er ab 1978 auch lehrte. Er stellte mehrfach auf der Documenta aus und war mit seinen farbigen Plastiken international erfolgreich.
- Franz Gelb (1890 in Mannheim bis 1948) war ursprünglich Bildschnitzer, Steinbildhauer und Mitarbeiter von Herbert Taglang. Er schuf zahlreiche neusachliche Skulpturen und Plastiken im öffentlichen Raum in Mannheim. 1937 wurden zahlreiche seiner Arbeiten als „Entartete Kunst“ deklariert und vernichtet.
Am Autobahnende vor Mannheim steht „Die große Mannheimerin“ von Franz Bernhard von 1993. Der Corten-Stahl der riesengroßen Plastik ist schon immer geplant gerostet und wurde schon immer besprayt. Lange schon ist „Guru Guru“ (dabei handelt es sich wohl um die Band) zu lesen und „BSE“ (Rinderwahn; die Seuche liegt auch schon einige Zeit zurück). Heute mildert zumindest die schöne Blumenwiese im Sonnenlicht den Gesamteindruck.
Einige positive, aber auch viele negative Beispiele
Generell ist natürlich das Verschwinden aller Plastiken auf den Planken zu beklagen: Sie fristen derzeit ihr Dasein im Bauhof, so etwa der „Pflanzenbrunnen“ von Joachim Schmettau aus dem Jahr 1980 oder Hans Nagels Röhrenplastik „Ohne Titel“ (1969). Einzig der Glaskubus von Jochen Kitzbihler von 2003 als Denkmal für die jüdischen Opfer des Nationalsozialismus ist geblieben.
In der Innenstadt existieren viele Gärten, die ursprünglich alle Figurenschmuck aufwiesen. Solcher ist heute noch erhalten etwa im Lauergarten in M 6: die „Flötenspielerin“ von Hermann Geibel (1936/37, Bronze). Im Lameygarten stand einst eine wunderbare kleine Plastik von Renée Sintenis namens „Fohlen“ (1940), die dann nach einer aufwendigen Restaurierung schon drei Tage nach Wiederaufstellung umgeworfen und beschädigt wurde. Seither fristet sie ihr Dasein im Depot der Kunsthalle. Dorthin wurde auch die kleine Bronzestatuette „Der Junge mit Taube“ von Kurt Lehmann aus dem Jahr 1955 gebracht, der ursprünglich im Scipio-Garten in N 5 stand.
Grundsätzlich ist zu sagen, dass das Prinzip von Kunst am Bau - 1 Prozent der Bausumme wird für Bildende Kunst eingesetzt - immer noch gilt, sprich vor allem staatliche Stellen auf Bundes- oder Landesebene werden auch in Mannheim ganz unterschiedlich bespielt. Als absolutes Negativbeispiel kann der Abriss des alten Postareals am Bahnhof und damit des Reliefwerks „Blühende Stationen“ von 1971 von Otto Herbert Hajeks dienen. Trotz des Einsatzes vieler engagierter Mitbürger konnte dieser nicht verhindert werden.
Ein positives Beispiel ist der Umgang mit dem Künstler Edgar Schmandt (1929-2019). Er schuf 1963 für das Amt für Vermögen und Bau eine ungewöhnliche Glasfront für das Treppenhaus. Als die Erneuerung der Glasfassade 2020 nötig wurde, konnte der Künstler noch zu Lebzeiten einen neuen Entwurf umsetzen.
Versteckt, bemoost, aber dafür voller Sprayerspuren
Auf dem Lindenhof existieren zwei Arbeiten von Hans Nagel. Eine befindet sich am Ende der Speyerer Straße, genannt „Zwei große Formen“ von 1964; sie besteht aus schwarz lackiertem Stahl. Das Werk wirkt etwas verloren auf der grünen Wiese. Es ist weiß besprayt und am unteren Ende bemoost. Versteckt, bemoost und ohne Hinweis auf den Erschaffer: die „Figurengruppe“ aus Beton von 1961/62 im Hof der Hochschule Mannheim am Neckarauer Übergang vom selben Künstler.
Sehr erfreulich ist dann aber das großartige Kunstwerk von Franz Gelb auf dem Waldhof anzusehen. Sein Kriegerdenkmal von 1926 ist ganz im Stil der Neuen Sachlichkeit errichtet und viel zu unbekannt. Sehr hoch ist der Reiter mit Pferd auf einer Stele angebracht, auf der an die Toten des Stadtteils Waldhof erinnert wird. Die Aufschrift mit dem Zweiten Weltkrieg wurde später angebracht. Nur der Boden ist stark bemoost, die Pflasterung kaum noch zu erkennen und der Beton schwer in die Jahre gekommen. Dabei handelt es sich eigentlich um einen schönen kleinen Skulpturengarten.
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