Performance

So geheimnisvoll bringt das Theater Oliv die Legende vom Feuerfuchs auf die Bühne

Drei Saxophone und eine Stimme: Mit „Revontulet“ gelingt dem Theater Oliv in Mannheim ein ästhetisches Bühnenexperiment für Jung und Alt

Von 
Susanne Kaulich
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Die Akteure sind nur schemenhaft zu erkennen. © Theater Oliv

Mannheim. Rosa, gelborange, hellviolett, bläulich, grün – ständig wechselnde, ineinander fließende Farben. Mal zarter, mal kräftiger. Die bunt schimmernde Silhouette suggeriert eine schroffe, bergige Landschaft. Magisch. Dazu geheimnisvolle Geräusche wie blasen, klopfen, pfeifen, schnüffeln, schmatzen. Tief stehender Saxophonton, dazu die Oktave: Aus dem Off wird die morgendliche Aurora borealis, das Polarlicht des Nordens, begrüßt.

Eine mystisch arktische Welt erwacht im Sandsteingewölbe des Theater Oliv. Zum faszinierenden Farbenspektrum werden akustische und musikalische Eindrücke geliefert. Konkrete Bilder zur erzählten Handlung des „Musikalischen Lichtspiels für drei Saxophone und eine Stimme“ entstehen in den Köpfen des Publikums.

„Revontulet“ – so nennen die finnischen Sami nach altem Mythos das Polarlicht. Die Geschichte dazu geht so: Feuerfüchse kühlen sich im Schnee ab, während ihre Ruten dabei in den aufwirbelnden Schneekristallen Funken schlagen. So entstehen die geheimnisvollen Lichter. Zauberhaft. Theaterleiterin Angelika Baumgartner und das Oliv-Team hat dies zu einem rund dreiviertelstündigen Projekt inspiriert, das changiert zwischen Lichtinstallation, Konzert, Hörspiel, Performance – ein ästhetisches Experiment also. Mit umweltpolitischer und tierschützerischer Aussage obendrein.

Stefan Schneider schuf eine milchigweiße, scharf geschnittene Skulptur, die er zu den Worten der Sprecherin in die verschiedenen Farben taucht. Nur schemenhaft sind die dahinter stehenden Musiker Jochen Bauer (Baritonsaxophon), Renate Kohl (Tenorsaxophon), Eljas Völkert (Altsaxophon) sowie Sprecherin Angelika Baumgartner zu erahnen.

Das Wichtigste findet vor dem geistigen Auge statt

Die von Bauer arrangierte Musik aus experimentellen Geräuschen, sphärischen Klängen, nordischen Volksweisen und Musik des norwegischen Komponisten Edward Grieg (Ausschnitte aus der bekannten „Peer-Gynt-Suite Nr. 1“) kommentiert die Geschichte eines Polarfuchses. Spannend, empathisch, vielleicht ein wenig kindlich naiv. Aber auch suggestiv. Man riecht geradezu Moos und altes Laub, schmeckt seine Leckerbissen, wittert die Gefahr von Mensch und Natur, trauert um den im zu dünnen Eis einbrechenden Bruder, friert, hungert, fürchtet sich und rennt mit ihm um sein Leben. Am Ende siegt der Lebenswille, findet er die Füchsin, mit der er die farbigen Funken sprühen lassen kann. Eine optimistische, lebensbejahende, anrührende Erzählung, auch für Kinder ab 8 Jahren hervorragend geeignet. Findet das Wichtigste doch nicht in fertigen Bildern, sondern vor dem geistigen Auge statt. Die Action muss die eigene Fantasie liefern. Wohltuend und bereichernd in der heutigen Zeit. Experiment geglückt.

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