Es ist mittlerweile auch schon wieder über 31 Jahre her, dass am 20. April 1992 im Londoner Wembleystadion fast alle, die Rang und Namen hatten, einer viel zu früh verstorbenen Rock-Ikone gedachten. David Bowie und Annie Lennox brillierten beim Tribute-Konzert für Freddie Mercury mit einer ekstatischen Version von „Under Pressure“, Axl Rose nahm beim Duett zu „We Will Rock You“ Elton John in den Arm. Musikgeschichte.
Dass die Musik von Mercurys Kult-Band Queen auch drei Jahrzehnte später noch eine ungebrochene Faszination ausübt, zeigt sich am Montagabend vor 3500 Zuschauern in der Mannheimer SAP Arena. One Vision Of Queen covern die Songs ihrer Helden – und haben im Kanadier Marc Martel idealerweise einen Sänger dabei, der tatsächlich wie die „Reinkarnation“ (Zitat Pressetext) Freddie Mercurys klingt.
Das zweistündige Konzert braucht ein bisschen Anlauf- und Aufwärmzeit, aber entwickelt dann doch noch einen Sog, bei dem man kurzzeitig vergessen kann, dass da gar nicht die Originale auf der Bühne stehen. Das liegt zum einen an der außergewöhnlichen Qualität der Queen-Klassiker, die nicht zu altern scheinen. Aber auch daran, dass die Band, nach zig Auftritten rund um den Globus eine perfekt aufeinander abgestimmte Maschine, das Material derart prägnant auf den Punkt spielt, dass es fast beängstigend nah am Original daherkommt.
Die wichtigste Rolle nimmt dabei natürlich Sänger Martel ein, der die richtige Mischung aus Mercury-Posen und Eigenständigkeit gefunden hat – und dessen Stimme einmal auf genetische Übereinstimmungen mit dem legendären Queen-Frontmann überprüft werden sollte. Wer die Augen schließt, hört kaum einen Unterschied zu Mercury.
„Bei uns geht es nur um die Musik“, erklärt Martel den Umstand, dass One Vision Of Queen auf die typischen Mercury-Accessoires verzichten. Hier wird kein Schnurrbart angeklebt und keine gelbe Lederjacke angezogen, sondern gerockt.
Zu Beginn taucht das Programm tief in die Hits der 70er Jahre ein („Killer Queen“, „Fat Bottomed Girls“, „Bicycle Race“), macht aber – wie es sich für einen „Greatest-Hits“-Abend gehört – auch den einen oder anderen heftig beklatschten Abstecher in die 80er Jahre („Under Pressure“, „A Kind Of Magic“).
Wunderbar-nostalgischer Abend
Vor dem herrlich arrangierten „Bohemian Rhapsody“ weist Martel auf einen weithin unterschätzten Verdienst Mercurys hin. Als früher Vorkämpfer für die Rechte derer, die heute unter dem Begriff LGBTQ subsummiert werden. Also schwule, lesbische, bisexuelle, transgender und queere Menschen. „Als ich zum ersten Mal ,Bohemian Rhapsody’ gehört habe, wusste ich nicht, ob da eine Frau oder ein Mann singt. Das hat mich mit meiner hohen Stimme als 14-Jähriger ermutigt, selbst zu singen. Danke Freddie“, sagt Martel. Und beim dazugehörigen Song fällt einem ein, dass Mercury im Jahr 1984, Vergewaltigung in der Ehe war in Deutschland noch nicht strafbar, sich und seine Bandkollegen im Video zu „I Want To Break Free“ in Frauenklamotten steckte.
In Mannheim steuert ein wunderbar-nostalgisches Konzert im letzten Drittel auf die großen Klassiker zu. Das drängende „Don’t Stop Me Now“ reißt die Zuschauer von den Sitzen, „Somebody To Love“ bleibt ein Über-Song. Und dann – natürlich – „We Will Rock You“ und „We Are The Champions“ als Rausschmeißer. „Ihr seid unglaublich“, lobt Martel das Publikum – und hält noch ein passendes Schlusswort bereit. „Die Menschen lieben Queen und werden es noch tun, wenn wir alle tot sind. Diese Musik wird über Generationen weitergegeben.“
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