Klassik

Neujahrskonzert: Staatsphilharmonie bindet in Ludwigshafen echten Blumenstrauß

Nicht nur mit Walzer, Polka und Marsch rauschte die Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz beim Neujahrskonzert im Pfalzbau Ludwigshafen über die Datumsgrenze, man ließ auch Platz für Sensibles und überreichte programmatische Blüten

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Jan Benedict Tiggeler
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Trifft mit Dirigentenstab und Programm ins Schwarze: Chefdirigent Michael Francis im ausverkauften Konzertsaal des Ludwigshafener Pfalzbaus. © DStPhilRP

Ludwigshafen. Von Jan Benedict Tiggeler

Fetthenne, Bleiwurz, Akazienblüte. Nicht gerade die Blumen, die man in einem Festtagsstrauß zu Neujahr erwarten würde. Aber diese und andere ließ am zweiten Tag des Jahres Intendant Beat Fehlmann dem Publikum im ausverkauften Konzertsaal des Pfalzbaus musikalisch überreichen, garniert in charmanter Moderation mit jeweils passendem Wunsch fürs kommende Jahr. Dargereicht vom Lieblingsorchester mindestens aller Anwesenden und ihrem Lieblingsdirigenten – wie Fehlmann kokett voraussetzt. Was jene amüsiert und lautstark bestätigen. Die Deutsche Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz unter ihrem Chefdirigenten Michael Francis lud zum Neujahrskonzert – zwischen Wien und Paris ein gelungenes Heimspiel!

Mit vollem Ton und hochvirtuos

Zum zweiten Mal bietet das Orchester zum Jahreswechsel nicht nur Walzer und Polka an, sondern drapiert die entsprechenden Süßigkeiten um ein „seriöses“ Werk herum. Die Wahl fiel diesmal auf das melodiensatte erste Cellokonzert von Camille Saint-Saëns, das auf knappem Raum alles bietet. Der Solist Julian Steckel, auch er ein heimisches Gewächs im Blumenstrauß, „en echte Pälzer Bu“, stürzt sich sofort nach dem ersten Akkordschlag mit Verve und vollem Ton in seinen Solopart, hochvirtuos im Zwiegespräch mit dem Orchester im ersten Satz, als Kontrast dazu, subtil gespielt und begleitet, das Menuett des zweiten Satzes, im dritten dann mit Schwung ins Finale. Als Dank für den berechtigten Jubel darf der Schwan aus dem „Karneval der Tiere“ das Publikum verzaubern, zur Harfenbegleitung von Frauke Adomeit wunderschön auf dem Cello singend.

Am Beginn des Abends stand die erste Carmen-Suite. Michael Francis, expressiv und mit präziser Zeichengebung, spannte den Bogen vom dräuenden Beginn bis zum „Auf in den Kampf“ des stolzen Toreros. Dazwischen führen Flöte und Harfe einen träumerischen Dialog im Zwischenspiel zum 3. Akt, die Oboe tanzt stellvertretend für Carmen die Seguidilla und die Fagotte marschieren mit den Dragonern. Ein Bilderbogen, den das Orchester aufs Farbigste ausbreitet. Das Publikum strahlt und wippt mit den Füßen.

Das bleibt auch nach der Pause so. Und hier darf dann, virtuell zumindest, mitgetanzt und -gesungen werden. Den Reigen eröffnet ein Kölner in Paris, Jakob „Jacques“ Offenbach mit der Ouvertüre zur „Schönen Helena“. Ein kleines Feuerwerk vom Typ „Das kenn‘ ich doch!“. Der „Karneval in Paris“ vom Vater Johann Strauß galoppiert vorbei, anschließend sind im Blumenstrauß: die Rosen. Aus dem Süden. Im gleichnamigen Konzertwalzer vom Sohn. Und hier machen ein Brite und ein Pfälzer Orchester den Rhein zur Donau: Sentiment und Schwung. Bremse, wo nötig. Und Vollgas, wo möglich – die Kollegen aus Wien können‘s nicht besser! Nochmal Offenbach mit einem kurzen Walzer aus dem „Hoffmann“, Joseph Lanners Walzer „Mille Fleur“ und zum Schluss klappert die „Moulinet“ vom Bruder Joseph Strauß, eine rustikale Polka.

Schluss? Nein, natürlich nicht. Drei Zugaben – der Affe kriegt nochmal richtig Zucker: Orpheus‘ Cancan, es donnert und blitzt zur Polka. Und, na klar, er darf nicht fehlen: der Radetzky-Marsch. Das rhythmisch klatschende Publikum hält es nicht auf den Stühlen, animiert von Entertainer Michael Francis. Man geht beschwingt nach Hause. Und freut sich schon aufs nächste Jahr.

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