Konzert

Lily Dahab und ihrer Band spielen Latino-Jazz in Mannheim

Die Sängerin Lily Dahab und Band zeigen beim Gastspiel in Mannheim wohltuende Präsenz im „Ella & Louis“

Von 
Raimund Frings
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Lily Dahab mit Band im Ella & Louis in Mannheim. © Raimund Frings

Mannheim. Leuchtend rotmeliertes Flatterkleid, lange gelockte Haare, schwarze Schnürstiefel mit High Heels. Das sind nur nebensächliche Attribute, nicht damit macht Lily Dahab auf sich aufmerksam. Es ist ihre sanfte Altstimme mit weichem Timbre und erstaunlichem Umfang. Und ihre Präsenz. Sie bewegt sich mit fließend rhythmischen Tanzschritten auf der Bühne, ist dem Publikum zugewandt, entfacht eine Latino-Stimmung voll Lebenslust gepaart mit Melancholie und viel jazzigem Esprit.

Die Argentinierin mit türkischen Wurzeln genießt den Auftritt im „Ella & Louis“. Sie moduliert ihre Stimme spielerisch und findet in geschmeidigen, südamerikanischen Liedern ihre persönliche Heimat. „Bajo un mismo cielo“ heißt der Titeltrack ihrer letzten CD. „Wir sind alle Kinder aus einer gemeinsamen Wurzel, unter demselben Himmel.“ Damit ist auch schon die Botschaft gesetzt.

Seit 17 Jahren mit dabei: Pianist und Ehemann Bene Aperdannier, der den musikalischen Background gekonnt gestaltet. Es sind seine Ideen, sein musikalisches Gespür aus vielen Jahren in der Berliner Jazz- und Popszene, das dem wohltuenden Konzert an diesem feuchtkalten Winterabend seinen professionellen Glanz verleiht. Bemerkenswert, wenn auch eher im Hintergrund, begleiten die anderen Musiker. Der Kolumbianer Camilo Villa Robles am Bass, Carlos Corona aus Mexiko an der akustischen Gitarre und der Chilene Greco Acuña an den Drums. Letzterer schmeichelt virtuos seinem südamerikanischen Percussion-Equipment: Aus Seerauschen wird ein sanfter Rhythmus.

Lily Dahab begeistert mit tiefgründigen Interpretationen und lateinamerikanischem Flair

Die Arrangements wirken dadurch recht gediegen und zügeln das Temperament der Sängerin. Lily Dahab macht dies spielend durch ihren munteren Duktus wieder wett. Den gefühlvoll gecoverten Klassiker „Bésame mucho“ trägt sie so tiefgründig und echt vor, dass es niemanden im vollbesetzten Club kaltlässt. Kein Kitsch, keine falsche Übertreibung. Natürlich hat sie auch den Tango im Blut, ihre Heimat Buenos Aires, ihre musikalische Nähe zum großen Astor Piazzola gebietet auch Qualität und Disziplin. „Yo soy Maria“: Die Hymne an die Hauptstadt begleitet Bene Aperdannier leider nicht mit dem Akkordeon, neben E-Piano und Klavier hat er auch eine Melodica mitgebracht, die ebenso gut das Flair transportiert.

Schließlich wagt sich die Sängerin an die legendäre Mercedes Sosa heran. Ganz still wird es bei ihrer Interpretation der Ballade „Alfonsina y el mar“, die den Freitod einer Lyrikerin dramatisch thematisiert. Ergreifend dabei das zarte Piano-Intro von Bene Aperdannier. Mit dem ebenfalls von Sosa konnotierten und in der Version von Konstantin Wecker neu erweckten „Gracias a la vida“ gewinnt die quirlige Wahl-Berlinerin Dahab wieder einmal auch als Persönlichkeit. Ihr Dank gilt den vom Leben geschenkten Augen, der Stimme, dem Herz. Ergriffen geht das Publikum auch dieses Bekenntnis mit. Mit einem Bossa Nova als Zugabe endet das Konzert. Zum archaischen „Magalenha“ von Sergio Mendez nimmt Lily Dahab das Publikum mit. Der Club singt, fehlte eigentlich nur noch das gemeinsame Tanzen.

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