Mit den Worten „welcome to the concrete“ begrüßt ein Performer das Publikum vorm Eintanzhaus. Die doppeldeutige Formel lädt die Zuschauer ein, sich auf konkrete handfeste Ereignisse einzulassen. Gleichzeitig meint das englische Wort „concrete“ auch das Baumaterial Beton. In der zum Eintanzhaus umfunktionierten Trinitatiskirche, die als Nachkriegsarchitektur unter Denkmalschutz steht, spielt Beton eine große Rolle. Es ist das Material, mit dem der Architekt Helmut Striffler zwischen 1956 und 1959 den Bau der Kirche mit Pfarrhaus und Kindergarten gestaltete. In die Kirchenfassade aus Beton hat Striffler unzählige bunte Glassteine eingelassen, die im Kirchen-Tanz-Raum für die besondere Lichtstimmung sorgen. Jetzt hat das Team um Daria Holme, die künstlerische Leiterin und Geschäftsführerin vom Eintanzhaus, 20 Künstlerinnen und Künstler aus Mannheim und Europa eingeladen, um zum fünften Geburtstag der Tanzinstitution das Bewegungsformat „Out and Around“ und zum kommenden Wochenende den „Outdoor Creation Parcours“ zu erschaffen. Beide Formate sind für alle an Bewegungskunst Interessierten kostenfrei zugänglich.
Zu den Künstlern aus der freien Tanzszene in Mannheim gesellen sich die Künstler der Kompanie Overhead Project aus Köln, deren Arbeiten zeitgenössischen Zirkus und Tanz vereinen. „Out and Around“ spielt draußen um das Kirchengebäude herum und drinnen in ihm, dem Eintanzhaus. Also „Willkommen zu dem, was da ist“, kann die Begrüßung des Performers auch meinen, der im Outfit eines antiken Ritualmeisters – an Keilschrift erinnern die Zeichen auf seiner Plastikfolien-Toga – die Glocke, die über ihm am Baum hängt, schlägt.
Erst später, wenn die Tänzer an der Betonfassade der Kirche ihren Körper wie Instrumente der Architektur anpassen – sie geben der Fassade durch ihre aufgetürmten Körper eine Art Gerüst und einen neuen Anstrich –, wird der Zusammenhang klar: Alles hängt mit allem zusammen. Die Keilschrift auf dem Kostüm des Eröffnungszeremonienmeisters spiegelt die Fassade der Trinitatiskirche. Ihre im grau-beigen Beton sitzenden Glassteine verschiedener Länge und Größe sind außen mit schwarzer Umrahmung gekennzeichnet und ergeben das an Keilschrift erinnernde Muster.
So bespielen die Künstler von „Out and Around“ die Trinitatiskirche als denkwürdigen Ort mit eigener Geschichte. Sie zeigen darüber hinaus in ihrem Meta-Ebenen-Spiel, wie sich Ort und Architektur dank menschlicher Kreativität zum Eintanzhaus wandeln lässt.
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