Musikmesse

Guitar Summit: Gipfeltreffen der Gitarristen in Mannheim

Die Musikmesse „Guitar Summit“ machte den Mannheimer Rosengarten erneut zum internationalen Mekka der Gitarrenfreunde. Instrumentenbauer fanden hier ebenso Interesse wie virtuose Musiker

Von 
Gernot Lahr-Mische
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Ein ganz besonderes Exemplar: Gitarrenbauer Jens Ritter aus Deidesheim zeigt seine für Otto Waalkes angefertigte „Otticaster“. © Markus Prosswitz

Mannheim. „Das Shirt zum Magazin“, wie es rechts unten im durch den Mannheimer Rosengarten wegweisenden Faltblatt beworben wird, zeigt ganz im Stil der 50 er Jahre, in der an die „Pulp“-Magazine angelehnten Bildgestaltung, die E-Gitarre als ein auf die Erde krachendes Raumschiff. Es fliehen die Menschen in Panik, und in gelber Überschrift liest man „Monster Riffs in Mannheim“. Und dann steht rechts am Bildrand: „No one was prepared for the ultimate Guitar Show“. Das ist kein offizielles Magazin, genauso wenig das Shirt, und im Rosengarten geht seit 2017 dieser „Guitar Summit“ seinen hochprofessionellen, glänzend vorbereiteten und organisierten, auf vier Ebenen begehbaren Weg – aber ein bisschen Rock and Roll und auch Hybris tut so einer Messe ja ganz gut. Zumal in dieser allumfassenden Ausstellung mit 550 Teilnehmern das Instrument in allen Facetten für den Interessierten und Konsumenten einsehbar wird.

Musikerin Nita Strauss beschwört globale Gemeinschaft

Kurzum: Der „Guitar Summit“ war erneut ein Mekka für jeden Freund des Saiteninstrumentes. „Egal, ob du erst seit drei Wochen spielst oder 20 Jahre, es wird immer jemanden geben, der technisch und stilistisch besser ist als du, aber darum geht es nicht. Es geht darum, dass du Teil einer einzigartigen weltumspannenden Gemeinschaft bist, die Gitarre spielt. Dabei ist es wichtig, dass du deinen eigenen Stil findest.“ Worte einer Musikerin, die zumindest optisch die Heavy-Metal-Frau par excellence verkörpert. Nita Strauss, 37 Jahre alt, lange blonde Haare und natürlich ganz in schwarzem Leder, spielt schnelle Licks und Läufe und schießt die Metal-Glissandi ins Publikum. Das tut sie auf Saiten für den Gitarrenzubehörhersteller D‘Addario. Momentan ist sie wieder bei der Alice Cooper Band, sie ist eine Ikone.

Waren es 2017 beim ersten „Summit“ noch 300 Aussteller, ist man nun fast aufs Doppelte angewachsen; die Veranstalter, die Redaktion des Fachmagazins „Gitarre und Bass“ und die Stadt Mannheim, bieten das allumfassende Programm: Verstärker, Effektgeräte, Bass, akustische Gitarren, jegliches Zubehör, Workshops und Seminare.

Doch es geht dort leise zu. Es ist der Sound des üblichen Messerauschens, wie er fast auch auf einer Buchmesse klingt, innerhalb dieses entspannten Treibens. Denn es gilt das Prinzip der „silent Stage“, der leisen Bühne. Man muss sich einen drahtlosen Kopfhörer aufsetzen, um die einzelnen Shows anhören zu können. Dumm wird es, wenn der Andrang die Kopfhörer-Anzahl übersteigt.

Gitarrenmeister Andy Wood führt Prägungen vor

Empfindliche Gemüter sollten sich auch ein Desinfektionstuch mitnehmen, denn schnell werden die Kopfhörer kollegial weitergereicht, wenn man weiter flanieren will. Wer Glück hatte, konnte zum Beispiel den Allroundgitarristen Andy Wood aus Tennessee erleben, der mit Mandoline und Bluegrass-Musik begonnen hat und in Mannheim mit alten Geigenmelodien, adaptiert für die Gitarre, sich in 30 Minuten durch die Bluesgeschichte spielte, dabei verschiedene handwerkliche Spielarten von Cross- bis Finger-Picking erklärte und darüber hinaus noch künstlerische Prägungen von Albert Lee bis Steve Vai abfeierte. Wood war einer von annähernd 40 Künstlern, die an drei Tagen und Abenden, nicht zu vergessen die kompletten Konzerte, nahbar waren und ihre Kunst präsentierten.

Es wird fachgesimpelt, sich ausgetauscht und man darf anfassen und spielen. Glänzende Augen am Höfner-Stand, stellvertretend für viele große Namen, erwachsen im Jahr 1887 aus dem Handwerk des Schönbacher Geigenbaumeister Karl Höfner, mittlerweile ein berühmtes „Branding“ für Bass und Gitarre und ewig eingebunden in der Rock-Assoziationskette mit Paul Mc Cartney und seinem „Höfner-Bass.“

Gitarrenbauen ist Handwerk, der Manufaktur-Gedanke ist vor allem bei den kleinen Ständen zu erleben, wobei die Flächengröße des Standes nichts mit der Qualität zu tun hat. Eine Gitarrenbaulegende ist Jens Ritter, der Mann aus Deidesheim baut für die Superstars. Wie groß ist die Konkurrenz? Ritter, der unter anderem für Prince, Lady Gaga oder Nile Rodgers Gitarren baut, gibt zu, dass im sogenannten High-End-Bereich sich doch sehr wenige tummeln. Zu bestaunen ist unter anderem auch eine von nur zwei „Ottifanten-Gitarren“, die Ritter für den am Saiteninstrument sträflich unterschätzten Otto Waalkes gebaut hat. In grauer Farbe ist das grafische Markenzeichen des Komikers nun gar bespielbar. Dem vor drei Jahren entstandenen Prototypen wird nun eine zweite Gitarre hinzugefügt, diese wird vom 15. November bis zum 15. Dezember für „Ein Herz für Kinder“ versteigert. In der Hoffnung, dass dies nun die teuerste Gitarre der Welt werden möge, ist Ritter, dessen Unikate nichts für das kleine Portemonnaie sind, generell zufrieden. Auftragslage: ein Jahr Wartezeit.

Instrumente von Jens Ritter sind weltweit gefragt

Ritter selbst hat vor 20 Jahren mit dem Gitarrespielen angefangen, kann von Punk und Ska bis Fusion nach eigenen Angaben „ganz ordentlich spielen“, er hat sich aber nun gänzlich aufs Bauen verlegt. Auf die Frage, ob es einen weiteren großen Namen momentan im Auftrags-portfolio gibt, zeigt er ein Handyfoto, geschossen unlängst in Los Angeles im Arm mit… sagen wir mal so viel, die Band hat sich jahrzehntelang hinter kussecht geschminkten Masken versteckt, einer davon ist ein Gitarrist und Sänger.

Wenngleich natürlich auch viele Frauen auf der Messe zu sehen sind, dominieren die Männer. Gemeinsam steht man wiederum an, um ein Autogramm und Foto des kanadischen Gitarristen Phil X, seit 2023 Lead-Gitarrist bei Bon Jovi, zu ergattern. Das ist auch so eine Facette dieser Messe, sie ist unaufgeregt. Es ist das, was Nita Strauss eingangs mit der Beschwörung dieser Gemeinschaft meint. Ob prominent oder Hobbygitarrist, sechs oder 12 Saiten verbinden. Laut wurde es dann doch noch: Im „Ella und Louis“-Jazzclub im Rosengarten durfte man sich vor einer Armada von Verstärkern an der E-Gitarre ausprobieren. Eine grinsende verschworene Gemeinschaft drückte sich die Gitarre in die Hand und drehte auf. Also doch: Monster-Riffs in Mannheim.

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