Jazz

Flotter Swing, wo Helmut Kohl einst in der Sauna war

Der Ludwigshafener Saxofonist Olaf Schönborn begeistert bei einem Heimspiel im Ludwigshafener Freischwimmer mit französischem Programm. Und alle hatten viel Spaß dabei

Von 
Georg Spindler
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Ein Trio, das Spaß hat: Vincenzo Carduccio am Akkordeon, Olaf Schönborn am Saxophon und Bertrand Le Guillou an der Gitarre. © Manfred Rinderspacher

Ludwigshafen. „Eigentlich hatte ich versprochen, dass wir etwas Ruhiges spielen. Aber es kam mal wieder anders.“ Olaf Schönborn lächelt bei seiner Ansage ans Publikum, seine Mitmusiker, Gitarrist Bertrand Le Guillou und Vincenzo Carduccio am Akkordeon, giggeln vergnügt.

Denn die angekündigte Abkühlung, die sich mit Edvard Griegs getragenem „Danse norvegiénne“ einstellen sollte, hat sich im Eifer der Spielfreude in eine muntere Konversation verwandelt, bei der sich die drei Instrumentalisten reaktionsschnell Floskeln und Motive zu- und zurückwarfen. Das Publikum im ausverkauftem Freischwimmer, Ludwigshafens unkonventionellster Veranstaltungsstätte im ehemaligen Hallenbad-Nord, ist begeistert.

In dem Gebäude, das Helmut Kohl einst zum Saunieren frequentierte, präsentiert der Saxofonist unter dem Motto „Olaf Schönborn & Friends“ einmal im Monat wechselnde Projekte. Er tritt allerdings nicht direkt in den heiligen Hallen auf, die der Altbundeskanzler im Adamskostüm aufsuchte, sondern im früheren Lehrschwimmbecken. Es wurde in einen ungewöhnlichen Konzertsaal umgestaltet – ein architektonisches Schmuckstück, entworfen unter Bauhaus-Einfluss, das 1956 fertiggestellt wurde.

Ein reifer Improvisator, der nichts mehr beweisen muss

Mit seiner Band Trilogie lässt Schönborn im entleerten Becken musikalische Stimmungswogen aufbranden. Das Auftaktstück „Douce Ambiance“ von Django Reinhardt ist programmatisch. Es swingt furios, die Gitarre sorgt, perkussiv und schnarrend angeschlagen, für druckvollen Drive, mit schillernder Bittersüße und flirrenden Tongirlanden verströmt das Akkordeon behagliche Kaffeehaus-Atmosphäre.

Der Bandchef begeistert mit liedhaftem Spiel, das traditionelle Jazz-Tugenden beschwört. Da gibt es keine rasend schnellen Bebop-Läufe oder modale Skalen-Sprints, Schönborn lässt sein Saxofon singen, kostet die Schönheit der kantablen Themen beseelt und leidenschaftlich aus.

Auf der Bühne wird viel gelacht

Er stellt sich als reifer Improvisator vor, der nichts mehr beweisen muss. Man hat den Eindruck, dass er jetzt, mit 56, ganz bei sich ist. Seine Soli sind wunderbar ausbalanciert zwischen melodischen Paraphrasierungen, rhythmischen Repetitionen, spannungsvollen Haltetönen, ideenreichen motivischen Fortschreibungen. Sein Stil erinnert an alte Jazz-Größen und Melodiker, Benny Carter etwa oder Stan Getz, aus dessen Repertoire er den Standard „There’ll Never Be Another You“ hingebungsvoll interpretiert.

Das Programm ist aber weitgehend französisch geprägt. Es gibt eingängige Ohrwürmer wie „C’est si bon“, rasante Kabinettstückchen wie Yves Montands hinreißendes „La Bicyclette“, beides von Le Guillou gesungen, oder auch melancholische Musette-Walzer. Da setzt sich Carduccio, ein Ausbund an Vitalität, mit halsbrecherischen Improvisationslinien, rhythmisch zupackenden Akkordstößen und schummrigen Klangfarbenmischungen mitreißend in Szene.

Auf der Bühne wird viel gelacht. Die drei foppen und necken sich andauernd, fahren sich auch mal spontan in die Parade. Schönborn greift eine Tremolo-Sequenz Carduccios auf, entwickelt daraus sein eigenes Solo, als es in einen schrillen Dauerton mündet, revanchiert sich der Akkordeonist und unterlegt einen schrägen Akkord. Man spürt den Spaß, den dieses Trio hat. Ein echtes Wohlfühlkonzert.

Redaktion

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