Kino

Filmtage in Heidelberg: Beziehungsdramen im Sommer

Die Filmtage des Mittelmeeres im Völkerkundemuseum Heidelberg bieten ab 23. Juli cineastische Highlights aus Griechenland, Spanien und mehr.

Von 
Wolfgang Nierlin
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Eine Szene aus dem Film „Kyuka – Before Summer’s End“ von Kostis Charamountanis. © Heretic/The Dark

Heidelberg. Bereits zum fünften Mal finden die Filmtage des Mittelmeeres neben der traditionellen Terminierung zu Jahresbeginn auch open air im idyllischen Garten des Völkerkundemuseums statt. Ausgelöst durch die Corona-Pandemie, ist das alternative Veranstaltungsformat mittlerweile zu einer festen Größe im sommerlichen Kulturangebot der Stadt geworden, das nicht zuletzt von seinem besonderen Flair und heimeligem Charme lebt. Fünf aktuelle Filme aus den Anrainerstaaten des Mittelmeeres haben die Veranstalter vom Montpellier-Haus und dem Heidelberger Medienforum ausgewählt. Vom 23. bis zum 27. Juli sind diese in der jeweiligen Originalsprache mit deutschen oder englischen Untertiteln zu sehen. Sie stammen aus Griechenland, Spanien, Frankreich und Marokko und führen unter anderem nach Casablanca, Marseille, Rom, Madrid oder auch auf die Inseln Korsika und Poros.

Zur letztgenannten, ebenso kleinen wie malerischen griechischen Insel segelt im Eröffnungsfilm „Kyuka – Before Summer’s End“ ein alleinerziehender Vater mit seinen jugendlichen Zwillingskindern. Diese wissen noch nicht, dass sie dort ihre leibliche Mutter treffen werden, was zu Spannungen und Konflikten führt. Regisseur Kostis Charamountanis lässt sein emotionsgeladenes Drama, dessen japanischer Titel „Ferien“ bedeutet, in der Leichtigkeit des Sommers spielen und hat es zugleich in ein enges quadratisches Bildformat eingeschlossen. Außerdem erzählt er sein sprunghaftes Familiendrama in Fragmenten und mittels abrupter Schnitte, um unangenehme Wahrheiten und Geheimnisse zutage zu fördern.

Beziehungsgeschichten stehen auch im Mittelpunkt von Jonás Truebas doppelbödiger Komödie „Volveréis – Ein fast klassischer Liebesfilm“ und in Jasmine Trincas Mutter-Tochter-Geschichte „Marcel!“. Während der spanische Regisseur auf absichtlich redundante Weise von einem Künstler-Paar erzählt, das ausnahmsweise seine Trennung mit Freunden feiern möchte, verarbeitet die renommierte italienische Schauspielerin in ihrem Regiedebüt auf poetische Weise eigene Erinnerungen.

Eingebettet in größere Zusammenhänge

Wie sich der politische Zeitgeist in Beziehungen einmischt, diese grundiert und verändert, zeigen zwei Filme, die beide als Chronik angelegt sind und einen größeren Zeitabschnitt in den Blick nehmen. In Thierry de Perettis Film „À son image“ („In his own image“), der auf dem gleichnamigen Roman des Goncourt-Preisträgers Jérôme Ferrari basiert, sind es die Kämpfe nationalistischer Gruppen gegen einen Mafia-Clan, die auf Korsika in den 1980er Jahren Liebes- und Freundschaftsbeziehungen innerhalb einer Familie erschüttern. Der in Ajaccio geborene Regisseur und Schauspieler hat seinen vielschichtigen Film in langen Sequenzaufnahmen gedreht; und er verwendet Fotografien und Archivmaterial, um Fragen bildlicher Repräsentation zu reflektieren.

Saïd Hamich Benlarbi folgt in seinem Film „Across the Sea“ („La mer au loin“), der beim letztjährigen IFFMH bereits mit dem Publikumspreis ausgezeichnet wurde, einem illegalen marokkanischen Einwanderer durch das Marseille der 1990er Jahre. Als Triptychon angelegt, das die Beziehungen der drei Hauptfiguren in den Mittelpunkt stellt, kontrastiert der berührende Film die Last des Exils mit der tiefen Menschlichkeit seiner Protagonisten.

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