Enjoy Jazz

Emmanuel Witzthum komponiert im Festivalauftrag Entspannung

„Let this darkness be A bell Tower - a ceremony of absence“ heißt der Kompositionsauftrag des diesjährigen Enjoy-Jazz-Festivals. In der zum Eintanzhaus gewordenen Trinitaskirche lässt man es sich beim Hören liegend gut gehen ...

Von 
Ralf-Carl Langhals
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„Let this darkness be A bell Tower“ heißt der Kompositionsauftrag des Festivals an Emmanuel Witzthum. Im Eintanzhaus lauscht man entspannt. © Manfred Rinderspacher

Mannheim. Von Ralf-Carl Langhals

Längst sind Geläut und Steinmeyer-Orgel der profanisierten Mannheimer Trinitatiskirche verstummt. Der Turm ist seit Jahren trostlos eingerüstet. In Helmut Strifflers epochalem Nachkriegsgebäude ist dennoch Leben. Seit 2017 beheimatet der Sakralbau das Eintanzhaus, ein lebendiger Ort für zeitgenössischen Tanz und interdisziplinäre Projekte. Unter letztgenannte Kategorie fällt auch der diesjährige Kompositionsauftrag des Festivals Enjoy Jazz an Emmanuel Witzthum, einen Tonkünstler, der seiner Musik stets eine transkulturelle soziale Komponente einschreibt und somit im Eintanzhaus genau richtig ist.

In Verbindung mit dem beeindruckenden Kirchenraum verweben sich hier Emmanuel Witzthums Komposition, seine Live-Electronics, die Lichtkunst von Benjamin Jantzen und das Sound-Design von Ben Miller eine Nacht lang zum Wohlfühlteppich zum Hören, Liegen, Träumen und positiv Denken.

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„From Dusk Till Dawn“, von der Abend- zur Morgendämmerung also, lädt man gemäß Untertitel zu einer Abwesenheitszeremonie („A ceremony of absence“), die als Komposition zum Uraufführungsort passend „Let this darkness be a bell tower“ betitelt ist. Dass es dabei weniger spannend zugeht als im George-Clooney-Film, versteht sich fast von selbst. Hier soll ja die vorherrschende nächtliche Dunkelheit zum Glockenturm werden. Deuten wir es einmal so, dass im Kopf des auf Matratzen, Liegeinseln und Sitzsäcken raumübergreifend lagernden, entspannenden, träumenden oder schlafenden Publikums Gedanken zum Schwingen gebracht und emotionale Saiten angeschlagen werden.

Der Eintritt ist frei und gegen 23 Uhr recht viel los. Man kommt von anderen Kulturevents, ist auf dem Heimweg oder auf dem Weg zum Jungbusch und macht einen Abstecher in die geplante Friedfertigkeit, die das klingende Markenzeichen des französisch-israelischen Komponisten Witzthum ist.

Witzthums Wirken am NTM und bei der Bundesgartenschau 2023

In Mannheim und bei Enjoy Jazz ist er kein Unbekannter. Schon 2016 war er für das British Council Tel Aviv in der „Unesco City of Music“ Mannheim, um sich am „Mix The City“-Projekt zu beteiligen. Im Rahmen des Festjahrs „1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland“ hatte Enjoy Jazz dann einen Kompositionsauftrag an ihn vergeben, der 2022 im Opernhaus des Nationaltheaters durch das Ensemble Modern uraufgeführt wurde. „Lamentation – Verweile doch, du bist so schön“ heißt das auf den 1700. Vers aus Goethes „Faust“ anspielende Werk.

Auch bei der Bundesgartenschau 2023 war Witzthum vertreten. Mit Komponist Itamar Doari und anderen schuf er da den Sound zum „Symphonic Garden” nahe dem Experimentierfeld auf Spinelli, der zwar hübsch, aber technisch leider nicht robust genug war, um dann auch interaktiv zu funktionieren.

Auch diesmal geht man niederschwellig an die gute Sache. Endlosschleifen wabern atmosphärisch durch Strifflers Kirchenraum. Es zischelt, rieselt rhythmusfrei auf verschieden minimalperkussiven Tambourette-Klangzungen, man erahnt einen gelängten Cello-Strich, den endlos gehaltenen Orgelton, hier und da auch ein Glöckchen. Im Ganzen bleibt es bewusst undifferenziert. Zeit für Wellness: Salzgrotte, heißer Stein und Ruheraum lassen grüßen und laden zu Achtsamkeitsübung und Meditation.

Redaktion Seit 2006 ist er Kulturredakteur beim Mannheimer Morgen, zuständig für die Bereiche Schauspiel, Tanz und Performance.

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