Zirkusshow

Cirque du Soleil in Mannheim: Magische Momente

Der Cirque du Soleil gastiert noch bis Sonntag mit seiner aufwändig produzierten Show "Corteo" in der Mannheimer SAP Arena. Dabei geht es um die tragikomische Trauerfeier für einen Clown.

Von 
Ute Maag
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Der Cirque du Soleil gastiert mit seiner Show „Corteo“ in der SAP-Arena. Hier wird der verstorbenen Clown Mauro von Engelsdamen im Himmel empfangen. © Rudolf J. Uhrig

Mannheim. Wie beerdigt man einen Clown? Sind Tränen und Trauerrituale angemessen oder doch eher Pauken und Trompeten? Der alte italienische Clown Mauro stellt sich sein Begräbnis als einen „Corteo“ vor, eine große, laute Parade seiner Weggefährten. Eine Feier der Freundschaft und des Lebens, seines Lebens, das er auf dem Weg in den Himmel Revue passieren lässt. Das ist der inhaltliche Rahmen der Show des Cirque du Soleil, die noch bis Sonntag in der SAP-Arena gastiert.

Grandiose Artisten, opulente Kostüme, ein riesiges Bühnenkonstrukt mit handgemalten Vorhängen und allen technischen Finessen sowie die poetisch erzählte Geschichte machen Corteo zu einem Gesamtkunstwerk, das die 2750 Zuschauer in der nicht ganz ausverkauften Mannheim-Premiere begeisterte - auch wenn in der bisweilen seltsam blechernen Akustik leider nicht jedes gesprochene Wort des internationalen Ensembles zu verstehen war.

Beeindruckende Show beim Cirque du Soleil. © Rudolf Uhrig

Der Zirkusdirektor ruft, eine Glocke schlägt und schon sind alle mittendrin in der ersten Szene. Betten werden ins Zentrum der kreisrunden Drehbühne geschoben, auf einem der aufgebahrte Mauro. Während die Engel ihn schwebend in den Himmel geleiten, wird sein Totenbett zum Trampolin, es wird wild gehopst und waghalsig rotiert, während drumherum alles gleichzeitig passiert - ein wiederkehrendes Wimmelbild der Zirkustypen, das sich blitzschnell auflöst, wenn es gilt, den Fokus ganz auf fulminante artistische Höchstleistungen zu lenken.

Auch Waldhof Mannheim in die Show integriert

Dann schwingen vier Luftakrobatinnen elegant an drei Kronleuchtern, drehen vier Männer und eine Frau synchrone Kreise mit ihren Cyr Wheels oder lässt sich eine Kontorsionistin an der Vertikalstange hoch in die Luft ziehen, während sie kraftvoll die Schwerkraft überlistet. Es gehört zum Konzept dieser Überwältigungsmaschinerie, dass atemraubend Spektakuläres immer wieder durch lustige Späße und stille Momente gebrochen wird. Zwei Clowns spielen Golf mit einem sprechenden Ball, der nicht geschlagen werden will, ehe Lichteffekte die unzähligen Reifen um den Körper einer Hula-Hoop-Künstlerin zum Leuchten bringen.

Magische Momente im Cirque du Soleil. © Rudolf Uhrig

In einer Kindheitserinnerung fordert Mauro seine Puppe zum Fußball-Duell zwischen Inter Mailand und Waldhof Mannheim heraus, bevor zwei Gruppen von Akrobaten sich mit einer Wippe gegenseitig durch die Luft schleudern. Nach der Pause bilden vier starke Männer ein menschliches Trapez in großer Höhe, dem fünf grazile Artistinnen blind vertrauen - atemberaubend und nervenaufreibend. Danach können alle beim melodischen Pfeifkonzert des Direktors durchatmen.

Zwei Stunden lang werden artistische Glanzlichter gezündet, zum Beispiel, als der Unterwelt der Bühne ein faszinierendes Strapaten-Duo entsteigt: An langen Bändern wird es unter die Arenadecke gezogen, und schwingend beweist die zierliche Akrobatin nicht nur die Geschmeidigkeit ihres Körpers, sondern auch ungeahnte Kraft, wenn sie plötzlich diejenige ist, die ihren Partner hält. Als sie bei der Schlusspirouette über Kopf goldenen Glitter regnen lässt, ist auf den Rängen ein langgezogenes „Ahhhh“ zu hören.

Cirque du Soleil


  • Der Cirque du Soleil entstand 1984 aus einer Gruppe von 20 Straßenkünstlern, Artisten und Musikern in Québec.
  • Heute beschäftigt das Unternehmen 4000 Mitarbeiter, darunter mehr als 1400 Artisten, aus mehr als 50 verschiedenen Ländern.
  • „Corteo“ feierte 2005 in Montreal Premiere. 2018 wurden neue Acts ergänzt und die Handlung angepasst.
  • Weitere Vorstellungen in der SAP Arena: Samstag um 12, 16 und 20 Uhr sowie Sonntag, 13 und 17 Uhr. uma

 

Sicher, völlig neu und einzigartig ist das nicht, aber Weltklasse allemal. Doch die rund 50 Akteure auf der Bühne bleiben anonym, ungeachtet ihrer herausragenden Qualität. Die Marke Cirque du Soleil ist eben größer als der Einzelne - ein weltweit agierendes Unternehmen, das die Idee des Zirkus revolutioniert und einer darbenden Branche einen Weg in die Zukunft gewiesen hat: mit gut erzählten Geschichten, Elementen von Straßentheater, eigens komponierter und live performter Musik, hochgerüsteter Technik und dem Verzicht auf den Einsatz von Tieren.

Zuschauer bringen kleinwüchsige Valentina zum Schweben

Die Show „Corteo“ des Schweizer Regisseurs Daniele Finzi Pascas im Stil einer Commedia dell’arte ist längst ein Klassiker. 2005 feierte sie Premiere und wurde 2018 für große Arenen adaptiert. Mit einer Neuheit: Die Zuschauerränge befinden sich zu beiden Seiten der Bühne, was spannende Perspektiven eröffnet - etwa wenn Valentina, eine kleinwüchsige Artistin an riesigen Heliumballons durch die Halle schwebt, in der Luft gehalten von den Zuschauern, die ihr zärtliche Schubser geben. Ähnlich magische Momente entstehen, wenn Clown Mauro sich droben am Himmel, irgendwo zwischen Diesseits und Jenseits, aufs Fahrrad schwingt. Seine Freude auf Erden feiern ihn mit einem Finale furioso:einer Flugshow von zehn Artisten am Sechser-Reck. Ein letztes Winken noch, dann ist erverschwunden. Ciao Mauro, ciao.

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