Eröffnung Altes Kino Franklin
- Das Alte Kino Franklin fungiert während der auf fünf Jahre veranschlagten Generalsanierung des Nationaltheater-Spielhauses am Mannheimer Goetheplatz als Interims-Spielstätte für die Sparten Schauspiel und Tanz.
- Das Kino auf dem ehemaligen US-Army-Stützpunkt Franklin Village im Mannheimer Norden wurde hierfür in knapp eineinhalb Jahren Bauzeit für rund 15 Millionen Euro umgebaut.
- Nach der Fertigstellung des Spielhauses soll das Alte Kino dem jüngsten Stadtteil Mannheims weiterhin als Kulturstätte zur Verfügung stehen.
- Eröffnet wird die neue Spielstätte am Freitag, 10. Februar, mit der (ausverkauften) Premiere von Bertolt Brechts „Der gute Mensch von Sezuan“ in der Inszenierung von Charlotte Sprenger, mit der gleichzeitig den 125. Geburtstag des Autors gefeiert wird.
- Am Eröffnungswochenende gibt es bis Sonntag, 12. Februar, außerdem bei freiem Eintritt ein buntes Programm mit Theaterführungen, Kostümverkauf, Bühnendarbietungen von Schauspiel und Tanz, der Stadtensemble-Performance „Vier Jahreszeiten. Herbst & Winter“ sowie der „Drama-Bar“ mit Dramaturginnen und Ensemblemitgliedern aus Schauspiel und Tanz (mehr Informationen: www.nationaltheater-mannheim.de). mav
Herr Holtzhauer, um Altkanzler Helmut Schmidts Utopie-Bedenken einmal kurz auszublenden: Was ist Ihre Vision für diesen Ort?
Christian Holtzhauer: Dass wir auf unserer neuen Bühne im „Alten Kino Franklin“ weiterhin Theater auf höchstem Niveau spielen. Meine Vision für diesen Ort ist auch, dass das ein attraktiver Treffpunkt wird, sowohl für die Menschen, die das Nationaltheater seit vielen Jahren kennen und schätzen, als auch für diejenigen, in deren Nähe wir jetzt rücken. Und meine Vision ist, dass wir ein Stück zur kulturellen Entwicklung des jüngsten Mannheimer Stadtteils und damit der gesamten Stadt beitragen und es uns gelingt, diesen Stadtteil mit Leben zu füllen.
„Neueröffnungen bedeuten immer, dass sich das Theater neu erfinden muss. Das ist nicht nur für das Publikum interessant, das uns schon kennt, sondern auch für die Zuschauerinnen und Zuschauer, die uns auf Franklin neu entdecken werden“, werden Sie auf der NTM-Homepage zitiert. Wie gewinnt man Neu-Entdecker und -Entdeckerinnen?
Holtzhauer: Auf vielfältige Weise. Erstmal, indem man natürlich auf sich aufmerksam macht. Durch Werbung etwa, aber auch durch Betriebsamkeit. Hier soll immer etwas los sein, auf der Bühne sowieso, aber auch im schönen neuen Theatercafé. Wir haben außerdem eine Reihe von Projekten geplant - in enger Zusammenarbeit zwischen Schauspielensemble und unserem Stadtensemble, mit denen wir auf Entdeckungstour gehen und den Stadtteil und seine Geschichte erkunden. Die Uraufführung „New World Franklin“, Premiere am 20. Mai, ist da ein gutes Beispiel. Wir setzen natürlich auch darauf, dass wir mit zugkräftigen Titeln das Publikum nach Franklin locken. Brechts „Der gute Mensch von Sezuan“ ist ja einer der Klassiker des deutschen Theaters schlechthin. Oder „Woyzeck“, den wir ins Alte Kino übernehmen. Weitere „große Titel“ werden folgen.
Wie wird sich die Historie der neuen Spielstätte in Programm widerspiegeln?
Holtzhauer: Das Gebäude war früher ein Kino der US-Armee - hier bündeln sich Mannheimer Geschichte, Weltgeschichte und Kulturgeschichte. Wir werden uns daher im April mit dem Film „Casablanca“ beschäftigen. Das ist ja nicht nur eine große Liebesgeschichte, sondern in erster Linie ein Flüchtlingsdrama, das während des Zweiten Weltkriegs spielt. Hier gibt es einen direkten Bezug zur Geschichte dieses Ortes, aber auch zur Gegenwart.
Stichwort Gegenwart: Wie sprechen Sie dezidiert nachfolgende Theatergenerationen an?
Holtzhauer: Franklin ist Mannheims jüngster Stadtteil auch hinsichtlich der Bewohnerschaft: Hier wohnen viele junge Familien mit Kindern. Ich bin daher im Gespräch mit Ulrike Stöck (Red: Intendantin des Jungen Nationaltheaters, JNTM), inwieweit wir hier gemeinsame Sache machen können. Und im Moment versuchen wir, für ausgewählte Vorstellungen eine Kinderbetreuung anzubieten, so dass die Eltern ins Theater gehen können, während die Kinder bespielt werden. Dafür müssen wir geeignete Räume finden.
Werden die veränderten technischen und räumlichen Bedingungen Auswirkungen auf Spielplan und Abläufe haben?
Holtzhauer: Ja. Die Bühne hier ist kleiner, sie ist nur etwas mehr als halb so groß wie die im Spielhaus. Es gibt keinen Bühnenturm, dafür aber eine fest eingebaute Drehscheibe. Hinter der Bühne ist deutlich weniger Platz - das wirkt sich auch auf die Bühnenbilder aus. Aber der Spielfreude des Ensembles steht das nicht im Wege! Von den Sichtverhältnissen ist der Saal gerade für die hinteren Reihen sogar besser - und 500 Plätze für ein Schauspielhaus ist ja auch eine gute Größenordnung. Grundsätzlich hat das gesamte dezentrale Interimskonzept des NTM große Auswirkungen auf die tägliche Arbeit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Früher waren wir alle zusammen am Goetheplatz - Opern- und Schauspielhaus, Werkstätten für Maske, Requisite und viele technische Abteilungen, dazu die Werkstätten im Werkhaus. Viele dieser Abteilungen sind jetzt über die ganze Stadt verteilt. Wie sich die räumliche Entfernung und die teils erheblichen Fahrzeiten auf unseren enorm dichten Produktions- und Vorstellungsbetrieb auswirken, können wir im Grunde erst jetzt, wo wir tatsächlich erstmals an mehreren großen Interims-Spielstätten gleichzeitig spielen, herausfinden. Insofern müssen wir uns tatsächlich auch als Betrieb neu erfinden. Aber ich spüre die Aufbruchsstimmung und den ausgeprägten Willen bei allen Kolleginnen und Kollegen, das gemeinsam gut hinzukriegen.
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Bergsträßer Anzeiger Plus-Artikel Kommentar Neue Nutzung vom Alten Kino in Mannheim: Gelungener Umbau